Die Mumie von Rotterdam, Zweiter Theil. Döring Georg

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Die Mumie von Rotterdam, Zweiter Theil - Döring Georg

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ließ, brachte ihn einigermaßen zur Besinnung. Der dumme Streich, den er gemacht hatte, wurde ihm klar; allein noch ließ ihn die Liebe nicht aus ihren Schlingen.

      »Herrliches Mädchen!« rief er aus und schritt ihr mit geöffneten Armen nach: »Alles was ich besitze gehört Euch, aber nehmt auch mein Herz an und laßt unsere Lippen diesen süßen Bund besiegeln!«

      Da veränderte sich mit einemmale Julianens ganzes Wesen. Ihre Blicke wurden finster, ihre Züge streng und ernst, sie sah den Jüngling von oben bis unten mit einer geringschätzigen Miene an und sagte wegwerfend:

      »Was fällt Euch ein, Junker? Ihr müßt wohl wenig mit ehrsamen Jungfrauen umgegangen seyn, daß Ihr eine Freundlichkeit, wie sie das gesellige Leben mit sich bringt, für eine Aufmunterung zu unanständiger Aufdringlichkeit nehmt. Ich habe Euch Höflichkeit erwiesen und dafür gebt Ihr mir Schimpf zurück. Ich dürfte das meinem Vater entdecken und er würde diese Beleidigung auf eine Weise bestrafen, die Euer unerlaubtes Liebesfeuer wohl abkühlen sollte! Doch ich will großmüthig seyn. Ich verzeihe Euch, Euere große Jugend mag Euch entschuldigen! Wenn Ihr einmal aus den Knabenjahren heraus seyd, dann wird ein tugendhaftes Mädchen wohl eher, ohne Gefahr für ihre Ehre, bei Euch verweilen können.«

      Die himmlische Juliane warf noch einen durchbohrenden Blick auf den betretenen La Paix. Dann rauschte sie schnellen Schrittes aus dem Closett, die Treppe hinauf nach dem Verdeck hin. Der Student sah ihr dumm nach. Endlich erst begriff er – zu spät – die ganze Größe seiner Albernheit. Er sah ein, daß er in das Netz einer listigen Betrügerin gefallen sey, daß er, der sonst so weise und besonnene La Paix – einen Gimpelstreich begangen habe, vor dem sich selbst der so oft getadelte Le Vaillant zu hüten gewußt haben würde. Er hatte Alles verspielt bis auf den letzten Heller, das immer so treu bewahrte Angedenken seiner Mutter war auch dahin und – was hatte er dafür? Ein hölzernes Büchschen, das stark nach Moschus und Wachholder roch. Ingrimmig riß er es hervor, schleuderte es zu Boden und zertrat es.

      »Mußte ich darum Latein und Griechisch lernen, Philologie und Physiologie studiren, Anatomie und Medecin treiben, um mich auf eine so bejammernswürdige Weise anführen zu lassen?« rief er gegen sich selbst erbittert aus. »Wenn Le Vaillant die Sache merkt, wie wird er triumphiren! Doch Ruhe, La Paix, Fassung, Frieden! Es ist nicht das erstemal, daß dir die Moneten ausgingen. Ein braver Bursch verzagt nicht!«

      Der Rausch von Liebe und Rosoli war verflogen. Er ging gefaßt auf das Verdeck. Sein Antlitz zeigte Ruhe und Heiterkeit. Er warf nur einen Seitenblick auf Juliane, die jetzt neben Le Vaillant am Vordertheile des Schiffes stand und diesen ebenso freundlich anlockend beäugelte und besprach, wie sie es früher ihm selbst gemacht hatte. Le Vaillant aber blickte noch immer verdrießlich und gab ihr kurze Antworten.

      »Den will sie auch kirren!« sagte La Paix zu sich selbst. »Ich werde ihr aber den Spaß verderben. Französisch versteht die Schlange, aber jetzt soll mir mein Latein helfen, wenn es mir auch gegen ihre Künste nichts genützt hat.«

      Der lustige Freier von Rotterdam befand sich jetzt zwischen den Inseln des Biesbosches und Capitän Jonas hatte mit dem Auswerfen des Senkbleies, mit mancherlei Wendungen des Schiffes, um den Untiefen zu entgehen, so Viel zu thun, daß er nicht auf das Töchterlein achten konnte, wenn er es überhaupt auch für Noth gehalten hätte.

      Mit freiem Anstande und ungetrübter Stirn trat La Paix zu seinem Freunde, der eben anfing durch Julianens fortgesetzte Freundlichkeit erwärmt zu werden und seine auf dem Geländer ruhende Hand dicht neben die ihrige gerückt hatte. Die listige Gaunerin schien betroffen über seine Gegenwart und sein unbefangenes Wesen. Nach einem Augenblicke aber lächelte sie zu ihm hin, als wenn nichts vorgefallen wäre. Die goldene Kette prangte an ihrem Halse und La Paix mußte einen Seufzer über seine Thorheit, dieses Kleinod an eine Unwürdige verschleudert zu haben, unterdrücken. Mit wenigen Worten hatte er dem staunenden Le Vaillant seine Abentheuer berichtet. Dieser verschluckte ein Cadédis, das ihm auf der Zunge schwebte. Dann besann er sich einen Moment, sah bedeutungsvoll nach seinem Cameraden und wandte sich nun mit einer sehr höflichen Gebehrde zu Julianen, die vergebens bemüht gewesen, etwas von der französisch klingenden Mittheilung zu verstehen.

      »Prangende Schönheit, deren Reize des Aeußern noch weit übertroffen werden von denen des Innern,« begann er in einem ernsten und ehrerbietigen Tone, hinter dem sich aber der Spott schlecht versteckte: »wie ich so eben vernehme, so liebt Ihr ein kurzweiliges Spiel und seyd auch nebenbei dem Rosoli nicht abhold! Sandis! Das sind auch eben meine Passionen und ich habe bis jetzt vergebens versucht, sie auch meinem Freunde da werth und theuer zu machen. Der Rosoli bringt ihn herunter, aber er nicht jenen. Das Spiel kann ihn nur ergötzen, wenn er verliert, weil er so gar mildthätig ist und lieber gibt, denn nimmt. Ihr seht, wie ihm die Freude über seinen Verlust die Wange geröthet hat, wie er noch einmal so heiter in die Welt blickt, als früher, da er noch nicht verloren hatte! Ihr habt ihn glücklich gemacht, aber mich unglücklich! Nach jenem Kettlein mit der Schaumünze, die nur eine schlechte Zierde Euerer vortrefflichen Person ist, stand schon lange mein Gelüst. Cadédis! Ich habe ihm Geld, ich habe Alles geboten für dieses Kleinod. Jetzt besitzt Ihr es. Aber hört noch, Dame sonder Gleichen! Seht diesen Diamant an meinem Finger! Ich setze ihn gegen die Kette mit dem Schaustück, wir spielen d’rum und wem Fortuna wohl will, dem wird Beides!«

      Die Blicke der Dame sonder Gleichen ruheten mit großer Begehrlichkeit auf dem köstlichen Ringe. Die Strahlen des Diamants drangen bis in ihr Herz: er hatte gewiß den vierfachen Werth der Kette und des Schaustücks. Wie herrlich mußte er sich nicht an Julianens zarter Hand ausnehmen? Ein solches Kleinod besaß sie noch gar nicht. Sie konnte dem lockenden Vorschlag nicht widerstehen.

      »Gern, edler Junker!« erwiederte sie. »Harret nur einen Augenblick, bis ich die Würfel heraufhole!«

      »Was Würfel!« entgegnete Le Vaillant, sie zurückhaltend. »Wir thun es kürzer ab. Hier ist mein Ring, Ihr legt das Kettlein daneben. Diesen Reichsthaler werf ich in die Höhe: rex oder Schrift! Auf was haltet Ihr?«

      Die Begierde, den schönen Ring zu besitzen, überwog bei der edeln Juliane jede Bedenklichkeit.

      »Rex!« rief sie, die diese Spielweise recht wohl verstand, mit zitternder Stimme und glühenden Blicken. Der Thaler flog in die Höhe und wieder zur Erde. Schon glaubte sie gewonnen zu haben, schon streckte sie die Hand nach beiden Kleinoden aus. —

      »Schrift!« sagte da stark und kaltblütig Le Vaillant, indem er auf das liegende Silberstück wies. Die Kette war sein, er gab sie mit einem triumphirenden Lächeln seinem Freunde zurück.

      »Ihr müßt weiter mit mir spielen!« eiferte die treffliche Jungfrau. Ihre Wangen färbten sich dunkelroth, ihre Augen blitzten. »Ihr müßt mir Revange geben,« fuhr sie fort, »Ihr müßt mir einen Satz halten im Würfelspiele, das auch weit unterhaltender ist, als Euer erbärmlicher Rex, mit dem ich nichts zu thun haben mag!«

      »Ein andresmal, hochedle Jungfrau!« versetzte mit einer tiefen Verbeugung der Gascogner: »wenn wir uns einmal wieder treffen in der Welt!«

      Bei diesen Worten nahm er La Paix unter den Arm und zog ihn nach einem anderen Theile des Schiffes.

      »Das vergesse ich dir nicht, Le Vaillant!« sagte dieser, indem er dem Freunde herzlich die Hand drückte. »Du hast nun viel zu gut bei mir: einige Grobheiten und einen unbezahlbaren Freundschaftsdienst.«

      Juliane aber sah den zwei jungen Männern mit boshaften Blicken nach.

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