Die Mumie von Rotterdam, Zweiter Theil. Döring Georg

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Die Mumie von Rotterdam, Zweiter Theil - Döring Georg

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eifrig und bedeutungsvoll, das eine Auge des Alten richtete sich oft nach den Studenten, er lächelte hämisch und gab der Tochter eine kurze Antwort, die diese jedoch ganz zufrieden zu stellen schien.

      Noch immer schwebte der Kutter in den Gewässern des Biesbosches. Bald aber mußten sie ins Offene kommen und die Syrene, die unmöglich einen großen Vorsprung haben konnte, mußte sich ihnen zeigen. Da rollte es mit einemmale, wie Kanonendonner über die Wellen heran, die durch einen Wind, der sich erhoben hatte, bewegt wurden, da folgten dem ersten Schuße in geringer Entfernung mehrere andere, ein dunkler Rauch stieg hinter einer Insel, dem Kutter zur Rechten, auf, der Himmel hatte sich verdunkelt und eine schwarze Wolke hing drohend herab.

      »Alle Segel auf!« befahl des Capitäns Stimme. »Das ist ein Tanz zwischen Geusen und Spaniern oder Franzosen. Wir müssen auch dabei seyn. Frisch, ihr Jungen! Das kann gute Beute geben, wenn wir noch bei Zeiten anlangen!«

      Schreiend flog Juliane, die nur Muth hinter’m Würfelbecher besaß, in die Cajüte hinab. In wenigen Minuten hatte sich eine stolze Wucht von Segeln über dem Kutter entfaltet. Er schoß wie ein Pfeil über die Wogen hin. Schuß folgte jetzt auf Schuß, das Gefecht konnte keine halbe Meile entfernt seyn.

      »Morgué.« sagte Le Vaillant zu La Paix, indem er seinen Degen in der Scheide lüpfte. »Es wird etwas Warmes setzen! Sind es Spanier, so mache ich gemeinschaftliche Sache mit dem lustigen Freier von Rotterdam; sind es aber Landsleute, so falle ich ihm in den Rücken.«

      Man kam dem Orte des Gefechtes immer näher. Jetzt schwieg das Feuer des groben Geschützes, aber deutlich wurden die Schüße der Hakenbüchsen, das Geschrei der Kämpfenden vernommen.

      »Leewärts!« commandirte Jonas nach dem Steuermanne hin. Die Bewegung wurde vollzogen, das Fahrzeug schoß nur noch einige Schiffslängen weit vor sich hin, die Spitze der Insel war erreicht, der überraschten Mannschaft des Kutters zeigte sich die spanische Schebecke in Flammen und Jansen’s wohlbekannte Barke, die in einer Stellung, welche sie als Siegerin verkündete, dem brennenden Fahrzeug gegenüber hielt.

      »Victoria!« jubelten Alle und die zwei lebhaften Jünglinge von Leyden konnten sich nicht enthalten miteinzustimmen.

      Da erblickte Le Vaillant, der ein sehr scharfes Auge besaß und mit großer Aufmerksamkeit das ihm neue Schauspiel betrachtete, durch den heranziehenden Rauch hindurch einen kleinen Nachen, der gerade auf den Kutter zuruderte. Er kam näher. Er schwankte hin und her auf den Wellen, er schien beschädigt und dem Untersinken nahe. Der Gascogner unterschied fünf Menschen in dem kleinen Fahrzeuge, von denen zwei emsig die Ruder bearbeiteten, die andern drei ebenso eifrig den Nachen von dem Wasser zu entleeren suchten, das durch alle Fugen eindrang.

      »Sandis!« rief er dem Capitän zu, indem er ihn auf die Gefahr der Menschen im Nachen aufmerksam machte. »Die gehen unter, wenn ihnen nicht bald geholfen wird.«

      Der Kutter war dem Nachen jetzt so nahe, daß man die herbeirudernden Leute erkennen konnte. Einer von ihnen schwang ein weißes Tuch nach dem lustigen Freier von Rotterdam hin.

      »Ich will mit dem Spagnol in die Luft fahren,« brach Jonas in wilder Heftigkeit aus, »wenn das nicht Herrmanneke von Jansens Barke ist und neben ihm – wahrhaftig – das ist mein alter Freund, Heer Cornelius van Daalen, des dicksten Mannes Sohn in Rotterdam! Wie kommt der Landläufer in das Seehundsgebiet, was hat er zu fischen im Biesbosch

      Die Jölle lag am Kutter, aber sie war auch im Begriff unterzugehen. Taue und Leitern flogen nach den befreundeten Männern herab. Sie kletterten an Bord, während ihr Fahrzeug versank. Die Gesichter von Pulverdampf geschwärzt, die Kleider halb verbrannt, von Wasser triefend, standen sie, munter um sich blickend, vor dem staunenden Capitän des Kutters. Auch Le Vaillant und La Paix hatten sich herbeigedrängt. Mit Blicken der Neugierde sahen sie auf Cornelius, der sich durch seinen Anstand und seine Kleidung vor den übrigen auszeichnete. Sie erblickten ihren Feind in ihm, den Gegner, dem sie eine kostbare Beute abnehmen wollten; aber sie konnten zugleich nicht umhin, seine kriegerische Haltung, den Muth, den er eben bei einem wahrscheinlich sehr gefährlichen Unternehmen bewiesen, zu bewundern.

      Herrmanneke war der erste an Bord Gekommene, welcher die Stille unterbrach.

      »Gebt mir ein Glas Brandwein!« sagte er. »Wir haben es wohl verdient. Aber dem Heern Cornelius gebt zwei, denn er hat mehr gethan, als wir andern alle.«

      Er erhielt was er verlangte. Zu Cornelius war schon Capitän Jonas getreten. Er wollte eben sprechen, da flog die Schebecke in die Luft, und in starrem Verstummen stand Alles auf dem Kutter. Das Wasser wogte ungestüm. Aus der verdunkelten Luft flogen einzelne Trümmer der zerschmetterten Schebecke herab. Den zwei Studenten von Leyden, die dergleichen noch nie gesehen, trat das Blut zum Herzen.

      »Das haben wir gethan!« hob mit stolzem Selbstbewußtseyn der Bootsmann der Syrene an. »Oder,« setzte er verdrießlich hinzu, »Junker Cornelius hat eigentlich dem Don den rothen Hahn aufgesteckt und wir haben nur die Jölle unter seinem Spiegel gehalten, damit der verwegenste Streich, der je in diesen Gewässern erlebt worden, ausgeführt werden konnte!«

      »Ihr, Myn Heer van Daalen?« sagte im Tone zweifelhaften Erstaunens Capitän Jonas. »Ihr habt Euch auf das Element gewagt, das keine Balken hat? Ihr habt dem Spagnol ein Autodafé angezündet auf seinem eigenen Schiffe, so daß er als ein geläuterter Christ gen Himmel gefahren? Auf Seemannsehre, dann muß nächstens der Landheld Marlborough die Flotte kommandiren und Prinz Eugenius ihm als Vice-Admiral beigegeben werden!«

      »Nassau und Oranien!« erwiederte lachend Cornelius, indem er sich von einem Matrosen seinen Uniformrock säubern ließ. »Ihr macht viel Aufhebens um nichts! Die spanischen Butterschläuche waren alle am Vorsteven mit Entern beschäftigt, da kletterte ich ungesehen im Pulverdampfe auf ihr Schiff, schlich in die Nähe der Pulverkammer und machte das glimmende Brandwerk fest – das ist Alles! Dergleichen Dinge kommen uns Landsoldaten zu hunderten vor, aber wir halten sie für nichts Besonderes und reden nicht viel davon.«

      Jonas schwieg verblüfft, aber durch die Reihen seiner Leute lief ein Gemurmel des Beifalls. Le Vaillant drückte dem La Paix die Hand. Beide verstanden sich. Sie theilten das Gefühl der Achtung vor dem jungen Helden, aber sie dachten auch daran, daß es ihnen um so größere Ehre bringen würde, dem kühnen Cornelius die entführte Clelia wieder abzunehmen.

      »Sandis!« flüsterte der Gascogner seinem Freunde zu. »Das ist ein wackerer Bursche, allein eben darum müssen wir unserm Plane getreu bleiben und ohne Furcht auf das Ziel los gehen.«

      »Gewiß!« entgegnete La Paix. »Wir haben unser Wort gegeben.«

      In diesem Augenblicke kehrte der erste Gedanke an die Geliebte in Cornelius Seele zurück. Es gewährte ihm eine süße Empfindung, auch ihr, durch den kühnen Streich, der ihm gelungen, Freiheit, Ehre und wahrscheinlich das Leben selbst gerettet zu haben. Aber in welcher Sorge, in welcher entsetzlichen Beängstigung um ihn konnte sie schweben, während er ruhig und sicher hier verweilte und die Zeit mit unnützen Dingen hinbrachte!

      »Schafft mich schnell zurück auf die Barke!« sagte er hastig zu dem Kutter-Capitän. »Verliert keinen Augenblick! Jeder kann dem theuersten Leben Gefahr bringen!«

      Jonas

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