Hann Klüth: Roman. Georg Engel

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hann Klüth: Roman - Georg Engel страница 17

Hann Klüth: Roman - Georg Engel

Скачать книгу

in sich ein, was er ihr nun mit fiebernder Hast, mit ausbrechender, üppiger Knabenphantasie vormalte.

      Ein eigentümliches Beben ging durch seine flüsternde Stimme.

      Ja, das mußte jahrelang in ihm geschafft und gewirkt haben. – Was vernahm sie nicht alles? – Das Gold, das sei der Schlüssel zu aller Macht und Herrlichkeit. Diese blitzenden Goldstücke hingen wie Sterne über jedem irdischen Menschenhimmel. Manchmal regne es von dort oben in weiten Strömen. Dann wüchsen aus dem getroffenen Acker Schlösser, Paläste, Gärten mit seltenen Blumen, Kleider, Livreen, schnelle Pferde und die seltensten Braten hervor. Freilich, nur ein paar Auserwählte seien es, die das Geheimnis ergründet hätten. Hollander gehöre dazu. Der hätte es. Und von dem alten Manne müßte er es auch erlernen. Sonst käme er nicht wieder, ganz gewiß nicht, sonst stürze er sich irgendwo in die See, wenn er das nicht erreiche. Denn sonst lohne es nicht, zu leben. – Aber er würde es erreichen, jede Nacht beinah hätte er ja davon geträumt, ja manchmal hätte er ganz deutlich gehört, wie es vor seinem Bette seltsam geklungen und geklappert hätte.

      Ganz deutlich.

      »Klipp – klapp.«

      »Das ist fein,« flüsterte Line, der es wie Feuer durch die Adern brannte.

      Die schönen Kleider und die Schlösser hatten es ihr angetan.

      »Ja, aber es ist schwer,« murmelte er bekümmert.

      Nun tastete langsam der Mond über die Baumkronen herauf.

      »Und wenn du dann reich bist?« forschte sie mit verhaltenem Atem weiter, »dann – ?«

      »Ja, dann – «

      Ganz berauscht, toll von dem Klang der eingebildeten Schätze preßte er die Stehende an sich, bis er die Schläge ihres erregten Herzens hämmern hörte. Seine Knabenaugen leuchteten in den ersten Mondesstrahlen gleich einem Paar prachtvoller Edelsteine.

      »Kann ich auch reich werden?« forschte sie plötzlich mit aufwachender Gier.

      »Du?«

      Er lächelte.

      »Warum lachst du? Warum schüttelst du den Kopf?«

      »Du nicht.«

      Da riß sie ihre Hand ungestüm von ihm zurück. Ihr Mund zuckte. »Warum nicht?« rief sie verzweiflungsvoll.

      »Weil du nicht genug gelernt hast,« erklärte er begütigend und erhob sich, um sie mit fortzuziehen. »Aber, das schadet ja auch nicht, Liebling. Wenn man so hübsch ist wie du. – Komm.«

      Halb im Taumel ließ sie sich von ihm leiten. Alles summte in der aufwachenden Seele durcheinander, die Liebesworte und der Goldklang. Und immer wieder, fast bettelnd, suchte sie den Großen davon zu überzeugen, wie sie am Ende doch nicht so wenig gelernt hätte. Dabei ergab sich, daß sie die unregelmäßige Dorfschule monatelang überhaupt nicht gesehen, ja, wie dies dem alten verbummelten Lehrer Toll nicht einmal als etwas Besonderes aufgefallen wäre.

      Spitzbübisch wollte sie die Lippen bei dem losen Streiche spitzen. Doch ganz ohne Übergang fuhr sie zusammen und begann laut vor sich hinzuschluchzen.

      »Herrgott, Lining, was weinst du?«

      »O nichts!«

      Damit schüttelte sie sich die Tränen ab und warf ihr Köpfchen kräftig in den Nacken.

      »Ich kann nicht reich werden, ich hab' nicht genug gelernt,« ging es durch ihre Gedanken. Und dann blickte sie wieder mit heimlichem Neid auf ihren Gefährten, der nun bald in diesen goldenen Gärten spazierengehen würde.

      Plötzlich griff sie in der Dunkelheit heftig nach seiner Hand, und beinahe zornig stürzte es aus ihr heraus: »Sag' mal, kommst du nun bei Hollander auch mit lauter solchen Menschen zusammen, die was gelernt haben?«

      Das bejahte er. Lachend über ihre kindliche Wut, und geschmeichelt, daß sie ihn augenscheinlich gleich einem höheren Wesen verehre.

      Nun standen sie vor der Brücke. Unten gurgelte und sang der Fluß, vom jenseitigen Ufer blinkten die erleuchteten Fenster der Krugwirtschaft herüber. Und da! – Was war das?

      Grobe Tanzmusik drang über das Wasser, hinter den angelaufenen Fensterscheiben huschten blasse Schatten vorbei!

      Kling – kling – plump – plump – trala!

      Line griff nach dem Geländer der Brücke und wurzelte an. Ihre Augen saugten sich an den kleinen, leuchtenden Fenstern, die so wunderliche Lichtstrahlen in die Finsternis hinaussandten, förmlich fest; ihre Zähne biß sie scharf zusammen.

      »Nicht doch! – Was soll das? – Komm, Kleine.«

      »Bruno?«

      »Ja.«

      »Sieh da, bei Gastwirt Krügern da tanzen jetzt die Studenten mit den Fischerfrauen und den Mädchen.«

      Auch er warf einen verlangenden Blick hinüber und streckte dann die Hand nach ihr aus.

      »Ja, ja – aber was soll das? – Du mußt nach Haus.«

      »Du, da drüben möcht' ich auch hin.«

      »Da drüben?« Er hielt sie fest. »Hör', – da gehören keine Kinder hin.«

      »Ich bin kein Kind mehr. Das sollst du sehen.«

      Mit einer schlangenhaften Wendung wischte sie ihm unter der Hand fort.

      »Jetzt lauf ich rüber.«

      Er geriet in Angst.

      »Lining – bedenk doch – wir haben ja Trauer.«

      »Oh, bei so einer, die nichts gelernt hat, schadet das nichts. Nein, nein, da schadet das gar nichts. Ich will bloß zusehen.«

      »Um Gottes willen, bitte, tu das nicht – mir zuliebe! Ja?«

      Seine Stimme zitterte so flehentlich, daß sie stehen blieb und zögerte. Über die hohen Schwebebalken der Brücke glitt der Mond, so daß sich beide genau betrachten konnten. Da öffnete sich drüben in der Schenke eine Tür. Ein Strom von Musik und Gelächter schoß heraus.

      Kling, kling, plump, plump, trala!

      Das entschied.

      Line zitterte vom Kopf bis zu den Füßen. »Bloß zusehen,« rief sie noch einmal mit geschnürter Stimme, »du kannst auf mich warten!«

      Im nächsten Moment flog sie über die Brücke, und wie von unsichtbarer Hand zurückgehalten starrte ihr Bruno nach. Seine scharfen Augen verfolgten die Fliehende, bis sie gleich einem weißen Pfeil durch den Wirtshausgarten schoß. Dann griff er sich an die Stirn und sah sich um. Rechts von ihm ruhte die unendliche, finstere Masse des Meeres, links glitzerte im Mondenlicht der silberne Fluß, und weiterhin zuckte am Himmel ein breiter leuchtender Schein. Unter diesem lag in der Ferne die Stadt, in der er morgen schon wohnen und wirken sollte.

      »Line!« rief er laut und ängstlich in unerklärlicher, aufsteigender Bangigkeit.

      Aber nichts antwortete ihm.

      Nur zwischen den nahen, glitzernden Fenstern

Скачать книгу