Aus zwei Welttheilen, Erster Band.. Gerstäcker Friedrich

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Aus zwei Welttheilen, Erster Band. - Gerstäcker Friedrich

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später auch noch das Versprechen erhalten hatte, bei nächster Gelegenheit zu einer Schule benutzt zu werden, jetzt aber nur zur Aufbewahrung des Mais diente), war zu dieser Begebenheit gar festlich und brillant hergerichtet. Viele Pfund Wachslichter – aus dem rohen gelben Wachs gegossen, wie es die Jäger den gefällten Bienenbäumen entnehmen – erleuchteten den ziemlich großen Raum, der Boden war von allen Maishülsen gereinigt und rings herum Bänke gestellt für die Damen, wie auch ein Tisch mit einem Stuhl oben darauf in die Ecke geschoben, auf dem der einzige Musikant – ein Violinspieler – seinen Sitz nehmen sollte. Kurz, es war Alles nur Mögliche angewandt, den Raum so behaglich als möglich zu machen, und wer am späten Abend die Fröhlichkeit der äußerst zahlreich versammelten Gäste gesehen hätte, wäre gewiß mit dem Resultat zufrieden gewesen.

      Nur Betsy war traurig – sie dachte an ihren armen Ben, der jetzt wahrscheinlich draußen allein im Walde herumirrte, und wollte nicht Theil nehmen an Tanz und Lustbarkeit. Nur mit Mühe wurde sie in den Tanzsaal selber gebracht, dort aber wies sie jede Aufforderung auf das entschiedenste zurück, und blieb ruhig, dem fröhlichen Treiben zuschauend, auf ihrem gleich im Anfang eingenommenen Platz.

      Benjamin Holik war aber nicht draußen im Wald, wie sein armes, hier in der lustigen Schaar nur um so viel betrübteres Liebchen in ihrem Schmerz geglaubt. Der alte Sutton hatte ihn sogar, wie sich das übrigens von selbst verstand, da man Niemanden ausschloß, noch besonders dazu eingeladen, Ben jedoch die Einladung abgelehnt.

      In der Nähe mußte er aber doch weilen – geschäftige Freunde brachten ihm bald die Nachricht daß es ein Verlobungsfest sein werde, was man hier feiern wolle, und er gedachte erst doch noch einmal zu sehen, mit eignen leiblichen Augen zu sehen daß ihn Betsy – seine Betsy auch wirklich ganz und gar vergessen habe und dann – ei dann zog er nach Texas. – Onkel Sam warb gerade für den beginnenden Krieg, und solche Leute wie er war – Ben brauchte keinen Spiegel sich das selber zu sagen – fanden rasche und freudige Aufnahme im Dienst.

      Scheu und furchtsam, daß ihn Niemand erkenne und seinen Schmerz errathe, umschlich er wohl eine Stunde lang das Haus und horchte den munteren, kreischenden Tönen der Violine. Näher hinan zu gehen daß er einen Blick hineinwerfen konnte, mochte er nicht. Da kamen endlich ein Paar seiner Bekannten aus dem Haus heraus, blieben vor der Thür stehen und schritten dann zusammen dicht an dem Orte vorüber wo sich Ben versteckt hielt, ihren Wohnungen zu.

      Ben drückte sich, so gut das gehen wollte, hinter den Stamm eines dort stehenden Hickory und der Eine der Männer sagte, als sie eben dicht neben ihm waren:

      »Betsy hat doch, so lange ich im Haus war, keinen Schritt getanzt.«

      »Den ganzen Abend noch nicht, und hat es ein für alle Mal rund abgeschlagen, erwiederte der Andere – ich glaube noch nicht einmal daß sie ihn nimmt.«

      »Ah, bah – sagte der Erste wieder – da müßte man die Mädchen nicht kennen – der hat Geld, und da –«

      Die weiteren Worte wurden in der Entfernung unverständlich, aber was brauchte Ben auch noch weiter zu hören. Das letzte war schändliche Verleumdung.

      »Noch keinen Schritt getanzt,« jubelte der junge Jäger in sich hinein – »also doch nicht falsch, doch nicht treulos, doch ihren Ben noch nicht vergessen – aber – was kann's Dir auch helfen armer Ben – Du hast doch kein Glück – Betsy ist doch für Dich verloren – und wenn sie Dich nicht vergessen könnte – ach dann wär's nur so viel schlimmer für sie – Besser für Dich selber aber nimmer und nimmer.«

      Die Büchse, die er nicht weit von da in einem dichten Busch hineingestellt, hob er vom Boden auf, noch einen Blick nach dem hell erleuchteten Hause warf er zurück, und still und schweigend wanderte er den Fußpfad entlang dem nächsten Hügelrücken zu. – Es litt ihn – die Nacht wenigstens – nicht in der Ansiedlung, und er wollte draußen am Feuer schlafen.

      Ein Platz war endlich an einer klaren Quelle, die hier dem felsigen Boden rein entquoll, bald gefunden, eine Flamme entzündet, und in die Decke gehüllt lag er, den Kopf auf einen untergeschobenen Stein gelegt, und schaute sinnend und ernst zu den freundlich auf ihn niederblitzenden Sternen empor.

      Im Wald war es merkwürdig still, selbst die Frösche quakten nicht so toll und wild durcheinander, wie er das sonst wohl gehört, den leisen Schritt des Opossums, das zu nächtlichem Hühnerraub nach den bewohnten Ansiedlungen schlich, konnte er deutlich und bestimmt hören, und dort hinten – er hob den Kopf und lauschte einen Augenblick – wahrlich es war ein Wolf, der weit drüben auf dem scheidenden Gebirgsrücken sein klägliches Abendlied heulte.

      »Winsle nur, Bestie!« murmelte er endlich und sank in seine frühere Stellung zurück, »winsle, aber bleib mir außer Schußnähe; auf Deines Gleichen und auf – noch Einen, hätt' ich besonders heut Abend Appetit.«

      Eine halbe Stunde lag er wohl so noch, und suchte seine Gedanken wieder auf die früher durchträumten Pläne zu richten – es war aber nicht möglich – das immer näher und näher kommende Geheul des Wolfes lenkte seine Aufmerksamkeit immer wieder dort hin, und jetzt – alle Wetter, das war gar nicht so weit entfernt – antwortete eine andere Stimme aus einer hinter ihm liegenden Schlucht, wo auch, wie sich bald auswies, das ganze Rudel steckte.

      Er sprang rasch von seinem Lager auf und griff nach der Büchse; der Mond stieg eben hinter den düstern Schatten der fernen Bergesketten hell und freundlich empor – die alte Jagdlust erwachte und verdrängte, für den Augenblick wenigstens, jeden anderen Gedanken.

      Er befand sich auf einem äußerst günstigen, ziemlich offenen und vom Mond hell beschienenen Fleck und zwar gerade mitten zwischen dem Rudel und dem vereinzelten, jetzt zu diesem zurückkehrenden Wolf – das Feuer war niedergebrannt, und die noch glimmenden Kohlen schreckten die Bestien auch nicht ab, da fortwährend brennende Stämme im Wald liegen und Hirsch und Wolf daran gewöhnt sind Feuer auf ihrem Pfad zu finden. Ein vom Winde niedergeworfener Stamm der die Höhe hinunter, nach dem Thale zu lag, gewährte ihm dabei einen trefflichen Hinterhalt. –

      »Wart Kannaille, murmelte er, griff seine Büchse auf und glitt hinter den Stamm – komm mir nur aus dem Busch vor, und freu' Dich dann auf Ben Holiks Kugel.«

      Er hob sein Gewehr auf den Stamm, richtete die Mündung nach der Gegend zu, von der er den einzelnen Wolf erwartete, – denn das Rudel bleibt in solchem Fall gewöhnlich so lange auf dem einmal behaupteten Platz, bis der Vereinzelte dazu gestoßen ist – und harrte dann lange und geduldig – der Wolf wollte sich aber immer noch nicht sehen lassen.

      Sollte die Bestie etwas gemerkt haben – aber der Wind war doch günstig. – Holik ließ seine Büchse auf dem Stamm liegen, hielt beide Hände trichterförmig an den Mund – und heulte kläglich. – Der Laut war täuschend ähnlich nachgeahmt, und schallte gar wehmüthig durch den düstern Wald.

      Wenn aber auch keine Stimme von dort, wo der einzelne Wolf sein mußte, antwortete, so war Ben doch ein viel zu alter Jäger um nicht auf seiner Hut zu sein, oder sich durch Uebertreibung einen einmal gewonnenen Vortheil zu verderben. Leise griff er wieder nach der Büchse, blieb ruhig im Anschlag liegen, und erwartete das Resultat.

      Das sollte auch nicht lange ausbleiben. – Der Wolf antwortete allerdings nicht mehr, aber nur weil er zu nahe war, und als Ben mit gespannter Aufmerksamkeit selbst dem leisesten, unbedeutendsten Geräusche lauschte, hörte er plötzlich im trocknen Laub der benachbarten Baumgruppe rasche, aber vorsichtige Schritte. – Trap, trap, trap, trap – und das Thier stand – noch einmal – es windete wieder. Hatte es vielleicht den Rauch in die Nase bekommen. Der Wolf betritt übrigens jedesmal vorsichtig einen freien Platz, weil er wahrscheinlich nicht allein Gefahr fürchtet, sondern auch vielleicht selber nach Beute ausschaut.

      Ben konnte genau von wo er stand die Schritte hören, den Platz selbst aber noch nicht mit seinem

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