Interviews Aus Dem Kurzen Jahrhundert. Marco Lupis
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Wie werden Sie das Ereignis feiern, falls Ihr Vater nach Chile zurückkehrt?
Im Kreise der Familie. Das gröÃere Fest wird seiner Rückkehr in die Heimat vorbehalten sein.
Wird er nach seiner Rückkehr sofort in den Senat zurückkehren oder, wie manch einer jetzt schon behauptet, sich für einige Zeit in eine seiner Residenzen nach Bucalemu, El Melocoton oder nach Iquique zurückziehen, bis sich die Gemüter beruhigt haben?
Ich verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, weshalb sein Fall die Gemüter hier in Chile so sehr in Aufruhr versetzt. Mein Vater möchte alles andere sein als der Grund für irgendwelche Probleme. Was er am wenigsten möchte, sind Spaltungen und Risse in der chilenischen Gesellschaft. Das einzige, was ihm am Herzen liegt, ist, dass Chile endlich zu einem wirklichen Friedensprozess findet und zu einer nationalen Aussöhnung, um so den schwierigen Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung fortsetzen zu können. Daher könnte ich mir vorstellen, dass er sich, wenn er es zu diesem Zweck für richtig hält, auch entscheiden könnte, nicht direkt in den Senat zurückzukehren.
Hat er darüber mit Ihnen gesprochen?
Nein, es ist meine Sicht der Dinge. Was er mir gegenüber stets wiederholt hat ist sein groÃer Wunsch, zurückzukehren, ohne Probleme zu verursachen. Mein Vater möchte einen Koeffizienten für Einigung verkörpern, nicht für Spaltung.
Glauben Sie, dass Ihr Vater bereit wäre, sich der chilenischen Justiz zu stellen?
Ich bin absolut davon überzeugt, dass mein Vater bereit ist, jede Frage zu beantworten, die die chilenische Justiz ihm zu stellen gedenkt. Das bedeutet nicht, dass er sich einer Schuld bewusst ist. Er fühlt sich nicht schuldig und er weiÃ, dass er nicht schuldig ist. Aber, ich wiederhole, er respektiert die chilenische Justiz und hat sie immer respektiert.
Stimmen Sie denn Aussagen ihres Bruders Marco Antonio zu, dass es während der Regierungszeit Ihres Vaters Missbrauch gab?
Mein Bruder und ich sprechen nicht immer dieselbe Sprache, aber ich habe stets die Meinung vertreten, dass es Anlässe gab, bei denen es zu Machtmissbrauch kam. Man darf allerdings nicht vergessen, dass in diesen schwierigen Zeiten der bewegten Geschichte Chiles ein regelrechter Krieg herrschte, ein Untergrundkampf zwischen zwei politischen Lagern. Deshalb kam es zu Exzessen auf beiden Seiten.
Glauben Sie, Ihr Vater hätte Grund, um Verzeihung zu bitten?
Mein Vater ist sich keiner Schuld bewusst. Er fühlt sich unschuldig, wofür sollte er demnach um Verzeihung bitten?
Teilen Sie die jüngsten Behauptungen von General Fernando Rojas Vender denen zufolge in Chile eine Atmosphäre herrscht, die derjenigen zu Zeiten der Volksfrontregierung [A.d.Ã.: auch Regierung der âVolkseinheitâ genannt] ähnelt?
General Rojas hat lediglich die Wahrheit gesagt. Es stimmt, dass das Land in sich zerrissen ist und die Möglichkeit besteht, dass es â mit Riesenschritten â auf eine ziemlich unsichere und dramatische Zukunft zusteuert.
Was halten Sie von der Haltung der Streitkräfte in Bezug auf die Inhaftierung Ihres Vaters. Man spricht von einer zunehmenden Nervosität...
Wenn ich mir vorstelle, ich wäre ein Teil der Streitkräfte und man würde einen ehemaligen Oberkommandierenden der Armee meines Landes im Ausland verhaften, ich wäre zutiefst empört. Ich denke, ich würde das Geschehen als einen Anschlag auf die Souveränität meines Landes deuten und auf den Mangel an Respekt gegenüber der Armee. Und ich denke auch, dass das Militär bis-lang sehr viel Geduld bewiesen hat. Wäre ich eine von ihnen gewesen, ich weià nicht, ob ich das von mir hätte behaupten können.
Was erwarten Sie von der Armee?
Ich erwarte nichts weiter, als dass sie nach ihrem Gewissen handelt.
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Mireya Garcia
Ich kann nicht vergeben
Während im Präsidentenpalast la Moneda noch der von Präsident Frey eilig einberufene Nationale Sicherheitsrat tagte, wurde Chile, das noch unter dem Eindruck des widersprüchlichen Urteils der Londoner Richter in Sachen Pinochet stand, von einer neuen Schreckensmeldung erschüttert, die die allgemeine Anspannung noch erhöhte: die Meldung von der Entdeckung eines neuen illegalen Inhaftierungszentrums aus der Zeit der Militärdiktatur, wo man nach den Enthüllungen des Bischofs von Punta Arenas, Monsignore Gonzales die Ãberreste von hunderten verschwundener Personen gefunden hatte.
Das Gefangenenlager befand sich im äuÃersten Norden von Chile, einhundertzehn Kilometer von der Hauptstadt der gleichnamigen Region Arica entfernt, in einer verlassenen Gegend und bereits seit