Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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merkst Du befriedigt: dort sitzen zwei,

      Und legt sich Dir Park-oder Buschwerk die quer,

      So merkst Du sicher: dort sitzen mehr

      Und wenn Du dann Augen hast, siehst du Weißes

      Und hast Du Ohren, hörst Du ungemein Heißes

      Und überhaupt mußt Du allseits vor Seufzen und Schmatzen

      Beklommen Deine vereinsamten Lippen kratzen.

      Und weil Du langsam wandelst der Hitze wegen,

      Hast Du reichlich Zeit, Dir zu überlegen,

      Wie bei solch einem Wetter doch unerwartet

      öffentlich die gute Sitte entartet,

      Wodurch es auch der Tugendhafte nicht vermeidet,

      Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.

      So merkst Du sicher bald ihrer mehr

      Denn manchmal raschelt vor Dir etwas Weißes

      Und manchmal wispert hinter Dir etwas Heißes

      Und links u rechts hörst Du es seufzen u schmatzen

      Und siehst selig Verschlungne sich sinnend betatzen

      Wie bei solch einem Wetter doch niemand vermeidet

      Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.

      Dernburg

[Etwa 1910]

      Das intellektuelle Niveau eines Parlamentes

      Freundlich unter uns gesagt: na, man kennt es

      Wogegen sich mit Dernburg das Versehen ereignete,

      Daß man sein Amt einem gab, der sich dafür eignete.

      Und ich meine, nach diesen beiden Prämissen

      Konnte man das Ende invorhinein wissen.

      Nun geht er, und alles kehrt wieder zum Alten

      Der berühmte Erzberger bleibt uns erhalten

      Und im Kolonialamt anstelle der Börsenjobber

      Regiert wieder lautlos der geheime Ober

      Der Bürger endlich blickt still in die Weite

      Und spart Steuergelder für die kommende Pleite

      [Schön ist die Zeit]

[Ohne Titel – vermutlich 1910 oder später]

      Schön ist die Zeit, doch ungesund

      Man sündigt im Civilstand und

      Mit Stiefeln und mit Spornen

      Von hinten und von vornen

      Was jüngst passiert, habn wir gehört das wissen wir

      Doch auch das Weib hat sich verkehrt es wird zum

      Tier im Weibe steckt das Tier

      Die Keuschheit geht kapores

      O tempora o mores!

      Es schreit illegitim und bleich

      Nach Mutterschaft, am liebsten gleich

      Von hinten und von vornen

      Mit Stiefeln und mit Spornen, (u flucht den Ungebornen)

      Selbst der Primaner sündigt still

      Nicht mehr für sich, beim Mädchen will

      Er lindern die dolores

      O tempora, o mores!

      So bläht die Unzucht sich im Schmutz

      Passiert etwas – der Mutterschutz

      Nimmt an sich der Verlornen

      Von hinten und von vornen

      2. Widmungen

      Thomas Mann zum 60. Geburtstag am 6. Juni 1935

      Wenn sich die Menge verläuft

      stehen die Sterne am Himmel

      und ins verschlossene Haus

      kommen die Gäste von oben.

      An Otto Pächt In einem Exemplar des «Nachlaß zu Lebzeiten» «zu Weihnachten 1935»

      Urheberrechtlich, wie ich dächt’,

      Fällt dieses Buch an Otto Pächt.

      Mißfällt’s, so tragen wir’s zu zwein,

      Gefällt’s, so tu’ ich’s auch allein,

      Der Fall könnt’ gar nicht besser sein.

      So ist das Schenken eben

      Nicht einmal Wiedergeben.

      An «E. u B F:» [Erna und Bruno Fürst]

[Anfang Januar 1936 – Entwurf]

      Nun ist es auf der lieben Welt

      Das Kind, gezeugt um kaltes nichts als bares schnödes Geld

      (Frucht Kind der Versuchung durch das Geld)

      Doch ist es da, so schreit verlangt es auch / so schreits schon auch

      Um Liebe ganz nach Zärtlichkeit nach Kinderbrauch

      An Bernard Groethuysen

12. I. [1936] [Entwurf]

      Es bringt die Hand – doch ängstigt sich das Herz –

      Dem Philosophen einen kleinen Scherz.

      Wüßt ich nicht, daß vornehm im weisen Griechenbarte

      Wie ein Leuchtkäfer stets die Zigarette verglüht

      Ach ich wagte es nicht, dieses eine darzubieten!

      Wüßte ich nicht, daß im weisen Barte des Griechen

      Wie ein Leuchtkäfer sich die Zigarette verbirgt

      Ach, ich wagte es nicht!

      In einem Exemplar von «Die Verwirrungen des Zöglings Törleß»

      Fräulein Trude Meyer in

      hündischer Ergebenheit!

      Ich bin ein Sucher (in der Stadt

      Ob Eine nicht zwei Zimmer hat),

      Ich bin ein Rufer (am Telefon,

      Amt III, A. Wittig, Spedition),

      Ich bin ein Wecker, ein Werde frisch

      (Von vier bis fünf nach dem Mittagstisch)

      Kurzum: ein Hältnichtdaswasversprichter

      Und eben auch einer von dem Gedichter.

20. März 1908.Robert Musil

      KLEINE PROSA,

      APHORISMEN,

      AUTOBIOGRAPHISCHES

      Nachlaß zu Lebzeiten

[Humanitas Verlag, Zürich 1936]nachlaß zu lebzeiten

      Vorbemerkung

      Warum Nachlaß? Warum zu Lebzeiten?

      Es gibt dichterische Hinterlassenschaften, die große Geschenke sind; aber in der Regel haben die Nachlässe eine verdächtige Ähnlichkeit mit Ausverkäufen wegen Auflösung des Geschäfts und mit Billigergeben. Die Beliebtheit, deren sie sich trotzdem erfreuen, mag dann davon kommen, daß die Lesewelt eine verzeihliche Schwäche für einen Dichter hat, der sie zum letztenmal in Anspruch nimmt. Wie immer das aber auch sei und was immer

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