Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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Aus welcher Truhe bist Du ausgekrochen? Sag? Ein Geruch fließt von Dir her … Und was für prächtige Seide Du trägst; das knackt wie tausend kleine elektrische Funken. Wie die Holzscheite im Ofen, wenn der Knabe einschlief. Du elektrisierst mich. Du marterst mich. Aus dem Ofen roch die Nacht. An der Hofmauer klingelte eilig der Schlitten vorbei. Das kleine Mädchen saß in meiner hellen Ohrhöhle, an den Laternen meiner Augen vorbei wirbelten die Flocken, die ihr Haar puderten, in meiner Nase schnoben die Pferde, ach und so oft ich mit der Peitsche knallte, sprang das kleine Mädchen durch einen Reifen, schlugen die apfelblütenroten Röckchen hoch und die silbernen Sterne an den Höschen schwirrten. Aber schon, weißt Du, taute es Nacht, große Tropfen, dann spiegelschwarze Flächen – Die Himmlische: Halt an, mein Kind. Wo gehst Du hin?

      Mann: Oh, Du hast recht. Es war gar nicht Winter. Der Winter war schrecklich, mit den unwirschen Großen in einer Stube. Wintersehnsucht war’s, Herbst. Mutter öffnete die Truhen,die Schwestern drängten eitel hinzu. Oh, jetzt weiß ich alles. Wie süß Du riechst nach Pelzwerk und Kampfer! Ich liebe Dich ja seit je! Seidenreste kamen hervor. Unterröcke. Schweißblätter. Winterstrümpfe. Federn. Schmelzzacken. Schmetterlinge. Grüne Vögel. Monde … Zauberhaft stieg die Frau aus der Truhe.

      Wo bliebst Du dann, als ich erwachsen war und Dich hätte halten können?! Muß ich Dich jetzt zum erstenmal wiedersehn?! Wie scheußlich waren die Frauen. Die Schwestern wie nackter Kuchenteig. Und die mir amtlich zugebilligte Eva sah nach dem zweiten Kind ums Becken herum aus wie der Hintern einer Ziege. Untreue? Wozu? Es ist ja doch immer derselbe weiche Seelenknödel, in den man mit der Gabel sticht.

      Die Himmlische: Halt ein, mein Liebster.

      Mann: Ja leuchte Du nur. Der Lichtschein wird heller, Hintergrund klärt auf, jenseits des Schneetreibens wird eine blühende Landschaft sichtbar wie von ihrem hohen Rand aus gesehn. Was treibst Du! Was zauberst Du da?

      Aus einem Abend wie ein aufgesprungner Schrein

      Schwebt Ding nach Ding leis in die Nacht hinein.

      Die Himmlische:

      Geliebter, diese Welt ist Dein und mein!

      Ist wie ein Tanz durch einen sanften Wiesenhang,

      Der sacht gedrehten Grüns um uns entgleitet.

      Indes er den entzückten Fuß noch abwärts leitet, –

      Mann:

      Fühlst Du und ich entgrenzt schon unsren Gang,

      Um den der Raum wie Segelstoß sich weitet!

      Die Himmlische:

      Und nun der Tanz uns mählig auseinanderbreitet,

      An tausend Stellen trunken uns verwebend

      Im Drehn –

      Mann:

      – Das groß und geisterhaft schon schreitet,

      Fühlst Du und ich, bis in die Mitte bebend:

      Die Erde sinkt, uns umeinander hebend!

      Der Mann hat einen spukhaften einsamen Tanz aufgeführt. Plötzlich sinkt er um und im Fall erlischt das Bild.

      Als er sich wieder aufrichtet, steht im Lichtschein seine alte Mutter vor ihm.

      Mann: Halt an, mein Kind! Das kennen wir schon! Alter Teufel, siehst Du’s, siehst Du’s, wohin Du mich gebracht hast?

      Mutter die Hände ausstreckend: Mein Kind! Mein Kind!

      Mann: Jawohl: Dein Kind. Dein Lutschmäulchen, Dein Zuckerpotscherl, Dein Püppchen! Deine Hoffnung! Dein Wille! Deine Liebe! Dein, Dein, Dein!!!! Potz Nabelschnur, am liebsten möchtet ihr mit ihr und uns Pferdchen spielen lebenslang! Hast Du mir Geld gegeben, als ich immerzu las und Bücher kaufte?!

      Mutter: Aber ich habe es Dir doch gegeben?

      Mann: Ja. Und als ich mein Weib heiratete, diesen Satan, wie Du, den Du sofort ausgewittert hast, da hast Du mir keins gegeben.

      Mutter: Nein, denn sie war ja Dein Unglück!

      Mann: Ja, sie war mein Unglück!

      Mutter: schmerzlich die Arme nach ihm breitend: Mein Kind! Mein Kind!

      Mann: Ein Glück, daß Du Dich doch nicht vom Fleck rührst. Und als ich geächtet und ausgestoßen war, gabst Du mir Geld, um mich wieder in Ruf zu bringen?

      Mutter: Aber ich hatte doch keins mehr. Deine Schulden hatten doch schon alles verschlungen.

      Mann: Und das traust Du Dich zu sagen?! Eine Mutter, die kein Geld hat, eine Mutter, die nicht Steine aus dem Weg räumen kann, Daunen schneien lassen, Sterne herunter holen, ist eine Prellerei! Pack Dich!

      Mutter: Oh, Du hast ein böses Herz!

      Mann: – Ist ein gemeiner Aufsitzer! Er weint.

      Die Erscheinung verschwindet.

      Ein hübsches, lebhaftes, junges Mädchen, in einer Tracht wie vor 50 oder 60 Jahren, erscheint ihm.

      Mann: Gott gedankt, eine angenehme Abwechslung; was treibst Du, Kind?

      Mädchen: Ich klettere auf Bäume.

      Mann: Natürlich. Aber gib auf den Sturm acht.

      Mädchen: Er hat mir den Reif fortgetragen.

      Mann: Deine Erfindung ist nicht besonders reich, aber wie Deine Beine entzücken! Klettere! Dir darf kein Sturm etwas tun, nein, kaum an den Rock fassen. Siehst Du, ich bin ein alter Onkel, lach ein wenig über mich. Laß Deine Zähne blicken, so schmelzend und schimmernd sind sicher auch Deine Brüste. Ich will Witze für Dich reißen. Will Dir Rätsel aufgeben.

      Was ist das Schönste im ganzen Land?

      Ein ro-o-osa Seidenband.

      Und dran? Und dran?

      Ein süßer, folgsamer Hampelmann,

      Ein Hampelmann, ein Strampelmann,

      Ein hampelnder, strampelnder Mann daran,

      Zum Ziehen, zum Ziehen

      Für Fräulein –

      Also darauf mußt Du Dich reimen; Marie? Stefanie? Melanie? Rose-Marie? Meine Mutter hieß auch Rosemarie. Nun? Wie heißt Du?

      Mädchen: Rate!

      Mann: Rate, rate! Ich wette, Du suchst Dir am Baum doch nur einen schönen Mann!

      Mädchen: Einen guten Mann und ein Bübchen, ein goldenes Bübchen, das er mir machen wird.

      Mann: Und was soll aus dem Bübchen werden? Etwas Großes? Ja, etwas Beglückendes und Befreiendes. Wie Du mich erinnerst; wüßt ich nur woran?

      Wie einer toten Großvaterkusine Kleid,

      Leises Zimmer, so heimlich weit

      Hingst Du im duftenden Schrank der Welt.

      Oh, Kinderglühn, vom Dunkel verzweit,

      Oh, Einsamkeit unter seidenen Röcken über uns gestellt,

      Von der Geliebten goldenem Dattelleib

      Schimmernd

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