Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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Nichts.

      Maria: Nichts?

      Fräulein Mertens gleichzeitig: Nichts!

      Thomas: Es wird sich schon zeigen. Anselm und Regine bleiben natürlich.

      Maria: Also wirst du mit Josef sprechen? Denn Anselm weigert sich, es zu tun.

      Thomas betroffen: Anselm weigert sich …? – fast schreiend – Er weigert sich! Er sieht Regine an, die sich mit Fräulein Mertens zu gehen anschickt.

      Regine spöttisch: Er hat Widerstände!

      Maria im Begriff, sich wieder ins Schlafzimmer zurückzuziehn: Weil du diesen Brief geschrieben hast.

      Thomas: So werde ich Josef mit einem Fest empfangen!

      Maria, Fräulein Mertens, Regine noch einmal festgehalten: Mit einem Fest?..?!..?

      Thomas grimmig: Mit einem Fest, zum Teufel, das ihn erst recht in die Laune bringen soll. Was es an leer gewordenen Kokons gibt, aus denen je der Schmetterling der menschlichen Verzückung emporgetaumelt ist, hänge ich rings um ihn auf! Negertanztrommeln, Gefäße für den göttlichen Urinrausch, Federtalare, in denen das Männchen vor dem Weibchen tanzt!

      Maria in der Tür: Aber der Mann ist ja wütend. Er ist sicher entschlossen, dich fallen zu lassen, wenn du dich weiter unklug aufführst!

      Ab. Thomas sieht hinter Regine drein, macht einige Schritte ihr nach; da sie aber langsam, ohne es zu bemerken, mit Fräulein Mertens dem Ausgang zuschreitet, kehrt er um und folgt unwillig Maria.

      Fräulein Mertens an der Tür stehen bleibend: Sie sind im Recht, Sie dürfen sich durch nichts ins Unrecht setzen lassen. Verhindern Sie dieses Fest!

      Regine: Thomas ist nicht zu hindern, wenn er sich etwas in den Kopf setzt.

      Fräulein Mertens: Dann lassen Sie uns weiter fliehn!

      Regine: Thomas hat seine ganze Existenz für Anselm eingesetzt.

      Fräulein Mertens: Und ist dieser wunderbare Mensch nicht viel mehr wert?! Aber Doktor Thomas wird Ihre Sache verderben. Ich beschwöre Sie, entziehen Sie sich seinem Einfluß; reisen wir mit Anselm weiter!

      Regine: Anselm will nicht abreisen.

      Fräulein Mertens: Ich verstehe; ein Ehrenmann; will nicht fliehn. So wird er selbst mit Exzellenz Josef sprechen; er hat ja in so bezauberndem Maße die Gabe der Rede.

      Regine: Wozu? Es ist ja ausgeschlossen, daß ich Anselm heirate.

      Fräulein Mertens: Aber wie mutlos! Merken Sie denn nicht, daß Doktor Anselm sich bloß deshalb geweigert hat, mit Exzellenz Josef zu sprechen, weil er durch Ihren Vetter Thomas verletzt ist? Doktor Thomas durchkältet alles mit seinen theoretischen Überlegungen.

      Regine geheimnisvoll: Aber Liebe, merken Sie denn nichts? Merken Sie denn gar nichts?

      Fräulein Mertens: Was sollte ich merken?

      Regine: St! Leise! Sie beugt sich vorsichtig aus dem Fenster, um nachzusehn, ob Anselm nicht horcht. Oh, man ist nie sicher vor ihm ..: Merken Sie denn nicht, daß Anselm Maria liebt?

      Fräulein Mertens: Aber das ist ja Verbrechen, was Sie sagen! Ihre Frau Schwester! Die Frau seines einzigen Freundes! Nein, nein, – faßt sie am Arm – Regine! Ach, diese dummen, dummen Einbildungen, so klug Sie sonst sind!

      Regine: Aber warum nicht? Was wäre dabei?

      Fräulein Mertens: Was wäre dabei?! Sprechen Sie nicht so abscheulich!

      Regine: Sie überschätzen das rasend: Vor ihm steht ein neuer Mensch: er ist neugierig; vielleicht … ergriffen. Aber was sage ich ein neuer Mensch? Zufällig hat nicht er, sondern Thomas Maria geheiratet.

      Fräulein Mertens die Entrüstung fallen lassend: Ich dachte, fast zufällig hätten Sie damals Johannes und nicht ihn geheiratet?

      Regine: Oder nicht Thomas, das war bei uns fast alles eins. Nun sieht er in seinem eigenen Anzug, den er weggegeben hat, einen andren Menschen gehn: das ist geheimnisvoll. Das ist doch überhaupt nicht so eine dumme Geschichte, die mit einem Weib anfängt, sondern das fängt bei ihm irgendwo an und tobt sich nur bei einer Frau aus! – Ja! Doch! – Liebe ist gar nie Liebe! Ein körperlich Antreffen von Phantasien ist es! Ein Phantastischwerden von – wie ihre Augen, nach einem Vergleich suchend, wandern – Stühlen … Vorhängen … Bäumen … Mit einem Menschen als Mittelpunkt!

      Fräulein Mertens: Oh, kommen Sie, kommen Sie! Um Doktor Thomas herrscht eine Atmosphäre, die Ihnen schlecht tut. Wir wollen vor dem Frühstück noch ein wenig ins Freie. Sie zieht die unlustig Widerstrebende mit sich. In der Nähe der Ausgangstür – das Gespräch hatte sie wieder ins Zimmer zurückgeführt – noch einmal stehenbleibend. Und Frau Maria?

      Regine: Meine Schwester ist eine dicke dumme Katze, die einen Buckel macht, wenn man sie kraut.

      Ab. In der Tür lassen sie ein Hausmädchen an sich vorbei, das ein Frühstücksbrett abstellt, an der Schlafzimmertür pocht und wieder das Zimmer verläßt, während Thomas und Maria eintreten.

      Thomas am Fenster tief Atem schöpfend: Ich wachte auf, wollte mit dir sprechen, machte Licht: da lagst du mit offenem Mund, weggesunken …

      Maria: Du bist abscheulich; warum hast du mich nicht geweckt?

      Beide beginnen ihre Toilette zu vollenden.

      Thomas: Ja, warum? Weil ich mich beinahe aufgekniet hätte wie ein Einsiedler! So häßlich und stumm lag dein großer Körper da. Er rührte mich so.

      Maria: Ich darf nicht einmal mehr ruhig schlafen.

      Thomas: Wenn man nie allein ist –

      Maria: Und jahrelang verheiratet ist: ja, ja ja! Ich halte das wirklich nicht mehr aus!

      Thomas: Wenn man solang verheiratet ist und immer auf vier Füßen geht und immer Doppelatemzüge macht und jede Gedankenstrecke zweimal geht und die Zeit zwischen den Hauptsachen doppelt voll mit Nebensachen geräumt ist: Da sehnt man sich natürlich manchmal wie ein Pfeil nach einem ganz luftdünnen Raum. Und fährt auf in der Nacht, erschreckt von den eignen Atemzügen, die eben noch so gleichmäßig dahingegangen waren ohne einen selbst. Aber hebt sich nicht los. Kniet sich nicht einmal wirklich auf. Sondern reibt ein Zündholz an. Und da liegt noch so einer in Fleisch gewickelt. Das erst ist Liebe.

      Maria hält sich die Ohren zu: Ich kann das nicht mehr hören.

      Thomas: Empfindest du denn niemals Haß gegen mich?

      Maria läßt sofort die Hände wieder sinken: Ich? Haß?

      Thomas: Ja, geradezu Haß. Ich würde glauben, heute morgen. Du gingst bloßfüßig mit deinem ganzen Gewicht und ich stand da, klein und schmerzend in der Öffnung des Raums und meine Bartstoppeln ragten scharf brüchig in die Passage. Hast du mich da nicht gehaßt wie ein Messer, das dir immerzu im Weg liegt?

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