Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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auf dem erglänzenden Wasserspiegel.

      »Ach wie schön«, sprach eine schmelzend sanfte Stimme hinter den beiden Mädchen, während zwei blendend weiße Arme sich um ihre Nacken legten und ein wunderliebliches Wesen in ihre Mitte trat. »Guten Morgen, meine Schwestern!« Die beiden Mädchen prallten auseinander, sahen die holde Grüßende einen Augenblick verwundert an und flogen dann beide zugleich auf sie zu, und indem sie sie umschlangen, preßten sie eine Unzahl Küsse auf den lieblichen Mund und die lieblichen Wangen.

      »Und wer bist du denn, du lieber, holder Engel?« fragte Virginie.

      »Mein süßes Kind, wie kommst du hierher?« fiel Gabriele ein.

      »Mein süßes, liebes Götterkind«, fiel die erstere wieder ein, indem sie sie umschlang und Kuß auf Kuß auf ihre Lippen preßte.

      Es war Rosa, die in der reizenden Überraschung, die sie den beiden Mädchen verschafft, noch nicht Zeit gehabt hatte, ein Wort zu sagen. »Sie nennen mich Rosa, liebe, schöne Schwestern«, lispelte sie.

      »Rosa, meine süße, liebe Rosa, du holdeste, schönste Rose!«

      Und wieder umschlangen sie das wunderschöne Mädchen und erdrückten es beinahe in ihren Liebkosungen. Es war ein lieblicher Anblick, das holde Naturgeschöpf zwischen den zwei sein gebildeten, reizenden Mädchen zu sehen, wie sie aus den Armen der einen in die der andern flog und sich im ersten Augenblicke beider Herzen erobert hatte. Sie schienen sich nicht satt an ihr sehen und küssen zu können.

      »Sieh doch, Bruder! was wir hier haben?« frohlockte Gabriele einem elegant gekleideten Jünglinge zu, der an die reizende Gruppe herangekommen und, nicht minder erstaunt, erst jetzt bemerkt wurde.

      »Mein Bruder!« lispelte Rosa, indem sie seine Hand zutraulich erfaßte und ihn verwundert ansah.

      »Komm, süßes Kind, zur Ma!« riefen nun beide, sie erfassend und jubelnd einer würdevollen Dame zueilend, die das liebe Kind freundlich willkommen hieß.

      »Du bist ja ein holder Engel!« rief Virginie, die, als Rosa in den Armen der Mutter hing, erst Zeit hatte, ihren Anzug zu mustern. »Und wahrlich«, fuhr sie in drolliger Verwunderung fort, »im neuesten Geschmacke angezogen. Sieh doch nur, Gabriele, diese allerliebste schwarzseidene Robe, wie unvergleichlich sie sie kleidet, und die niedlichen Prunelle-Halbstiefelchen, und der allerliebste Gürtel und die Spange und Brasseletts. Und bist du wirklich mit den Indianern gekommen?«

      »Gewiß, liebe Schwester.«

      »Und du hast bei ihnen in ihrem – wie heißen sie nur –«

      »In ihrem Wigwam gewohnt«, half ihr Rosa.

      Der Oberst mit Major Copeland und Kapitän Percy waren gleichfalls eingetreten. Zart und naiv, mit einem gewissen Ausdrucke von Hoheit, nahte sie sich den Eintretenden und begrüßte die beiden Stabsoffiziere als teure Väter, den jungen Kapitän als Bruder.

      »Ja, du mußt nicht so viele Väter anerkennen«; rief der Squire lachend, indem er sie herzlich küßte. »Bist wahrlich ein prächtiges Kind geworden, Gott segne dich! Der Indianer hat wahre Vaterstelle an dir vertreten. Sollte es nicht gedacht haben, daß der alte, grimmige Tokeah dich so gut halten würde. Bist ja so zart, als ob du all dein Leben lang in einem Kästchen aufgehoben gewesen wärest.«

      »Spotte nur, Pflegevater,« sprach sie; »die Squaws und Mädchen spotteten meiner zarten Hände und Füße auch, und Canondah wollte mich deshalb nie in den Feldern arbeiten lassen. Aber siehe,« sprach sie, »ich habe doch einen langen, langen Weg zurückgelegt.«

      »Aber doch nicht zu Fuß?« –

      »Nein«, sprach sie; ihr Blick war jedoch schon auf einen andern Gegenstand gefallen, und sie sah freundlich lächelnd dem Spiele des Kapitäns und Virginiens zu.

      Dieser schien, trotz des harten Kampfes, der zwischen ihm und dem Obersten stattgefunden, mit dem Hause in einer nähern Berührung zu stehen. Er hatte kaum der Frau seine Ehrfurcht bezeugt und sich im Kreise herum verbeugt, als er sich Virginien näherte, die bei seinem Eintritte glühendrot geworden war, doch sich ebenso schnell in eine ernste, etwas stolze Miene gezwungen und die Hand zurückgezogen hatte, die er vergeblich zu erfassen gesucht. Rosa hatte abwechselnd den jungen Mann und ihre neue Schwester angesehen. Sie schwebte nun auf letztere zu und sah sie bedeutsam lächelnd an.

      »Sieh doch«, sprach sie, »wie flehend sein Blick auf dir ruht. Er ist ein Häuptling, aber sanft und milde wie eine Taube.«

      »Eine schöne Taube;« lachte Virginie, »wenn du sie kenntest, diese Taube.«

      »Liebe, meine Schwester,« lispelte Rosa ihr zu, »vergißt sich selbst, um nur das Lächeln der Freude auf dem Gesichte des Bruders hervorzulocken.«

      »Mein wunderliches Kind,« sprach Virginie, »um deinetwillen sei ihm vergeben.« Und sie reichte dem Kapitän ihre Hand.

      »Meine Lieben!« sprach der Oberst, der ein stummer Zeuge der artigen Vermittlungsszene gewesen war, »vergeßt nicht, daß wir wieder hinab müssen, und daß das Frühstück unser wartet. Komm, du herrliche Rose der Wildnis! und ihren Arm in den seinigen legend, folgte er dem Squire, der mit der Oberstin den Zug führte.

      »Es ist mir noch immer wie ein Traum«, sprach dieser, der nun Platz genommen hatte. »Hätte mir eher den Tod eingebildet, als gedacht, dich wiederzusehen. Erst als du fort warst, da empfanden wir, wie lieb du uns allen gewesen bist. Ja, ja, Rosa. Wir haben noch nach Jahren von dir gesprochen. Und als ich heute nun so mit dem grimmigen Tokeah rede, sieh, so kommt sie heraus aus ihrer Wolldecke und auf mich zu, und faßt mich so zutraulich bei der Hand und macht mich zum Vater, ohne daß ich ein Wort davon weiß.«

      »Und diese Vaterschaft schien Euch nicht übel zu gefallen?« fiel ihm der Oberst in seiner etwas trockenen Art ein, »denn Ihr vergaßt darüber, den Häuptling über sein Verhältnis mit dem Briten auszuforschen.«

      »Mit dem Briten?« fragte die aufmerksam gewordene Rosa.

      »Ja, liebe Rosa«, versetzte der Squire. »Kennst du ihn?«

      »Gewiß; und ist mein Bruder hier gewesen?«

      »Ja«, lachte der Squire. »Du hast zu viele Brüder und Väter; das ist ein arger Zeisig, so jung er ist. Ein Spion, der noch zur rechten Zeit Reißaus genommen, sonst hinge er. Wird aber dem Galgen nicht entgehen.«

      Das Mädchen hatte verwundert zugehört.

      »Aber das nämliche dachte auch der Miko, und er hat gegen seine Tochter und Rosa das Schlachtmesser aufgehoben, weil er glaubte, daß sie einen Spion in sein Wigwam gebracht. Kann der Brite zugleich bei den roten und den weißen Männern Spion sein?« fragte sie unschuldig.

      Alle waren aufmerksam geworden. »Du kennst ihn also, liebe Rose?« fragte der Squire.

      »Gewiß«, – versicherte sie abermals. »Er ist vor dreißig Sonnen bei uns in einem Boote am untern Waldsaum angekommen. Er war vom Seeräuber geflohen und schwach und matt, und eine große Wasserschlange biß ihn, als er aus dem Boote steigen wollte, und Canondah kam ihm zu Hilfe und tötete die Schlange, und wir brachten ihn in den hohlen Baum und trugen ihn in das Wigwam, und da pflegte ihn Canondah, bis er wieder hergestellt war.«

      »Und weiter?« fragte der Squire.

      »Als er gesund geworden, wurde er ängstlich; er fürchtete

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