Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield
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Und die Wechselwirkung dieses erhebenden Gefühles war allmählich in einer Art von Herrschaft bemerkbar geworden, der sich willig zu unterziehen ihre Umgebungen einen besondern Reiz zu finden schienen; eine Erscheinung, die vielleicht ebensosehr durch die bezaubernde Anmut des Mädchens, als die selbst von dem stolzesten Indianer der weißen Rasse gewissermaßen notgedrungen zugestandene Überlegenheit zu erklären gewesen sein dürfte. Selbst der Miko hatte sich in den letztern Tagen einer scheuen Ehrerbietigkeit nicht erwehren können. El Sol schien sie als ein Wesen höherer Art zu betrachten und nahte sich ihr mit einer Schüchternheit, einer Zartheit, die vielleicht den gebildetsten Damenritter beschämt haben würde. Auf dem ganzen Wege hatte er sozusagen mit freudiger Furcht ihre leisesten Wünsche erfüllt, mit der zartesten Sorgfalt jeden Schritt ihres Pferdes bewacht, jeden Wink ihrer Augen abgesehen und beinahe nur in ihrem Dienste gelebt. Sowie diese Anerkennung ihres sittlichen Wertes auf ihren Geist, so hatten die Zerstreuung auf der langen Reise, die abwechselnd prachtvollen Naturszenen und die reinen Lüfte der grenzenlosen Wiesen der Attacapas und Opelousas, auf ihren Körper gewirkt und ihr eine Lebhaftigkeit, eine Frische verliehen, die ihrer herrlichen Luftgestalt ungemein wohl standen.
Man konnte kaum etwas Rührenderes sehen, als dieses anmutsvolle Wesen, wie sie dem erstarrten Wilden süß schmeichelte und ihn durch die zartesten, unschuldigsten Liebkosungen zu neuem Leben zu erwecken sich bemühte. Allmählich war es ihren unausgesetzten Bemühungen auch gelungen, den alten Mann wieder zu einigem Bewußtsein zurückzubringen. Nur erschien mit diesem auch eine gewisse Beklommenheit, eine Ängstlichkeit, die in demselben Maße zunahm, als er sich den Niederlassungen der Weißen näherte. Mit jedem Schritte, den der kleine Zug vorwärts tat, wurde nämlich die Miene des alten Häuptlings grollender, seine Ungeduld stärker; sein Stumpfsinn schien ihn nur zu verlassen, um einer keifenden, zanksüchtigen Laune Platz zu machen. Als sähe er die Demütigungen voraus, die er von den Weißen zu erwarten habe, versuchte er sich zuvor gegen sie zu stählen und zu ermutigen. Stundenlang war er im zankenden, grollenden Selbstgespräche begriffen, in dem er den Weißen Reden in den Mund legte, um sie mit Trotz und Hohn zu beantworten.
So waren sie auf demselben Wege, den der Indianer den Briten geführt, nämlich auf dem Pfade der Coshattaes dem Atchafalaya zugeritten, den Miko und seine Oconees ausgenommen, die, getreu der Sitte ihres Stammes, neben den Pferden einherschritten. Oberhalb Opelousas am Atchafalaya angekommen, hatten sie diese mit den Pawnees zurückgesandt und angefangen ein Rindenkanu zu bauen, als sie in dieser Beschäftigung von zweien der vom Magistrate von Opelousas ausgesandten Männer entdeckt und bald darauf von einer kleinen Abteilung Milizen überrascht und zu Gefangenen gemacht wurden.
Obwohl die Indianer weder Widerstand noch Flucht versuchten und ihr Boot gelassen vollendeten, so hatte die starre, herrische Art, mit der man sie aufforderte, unverzüglich zu folgen, und die gehässigen, mißtrauischen Blicke, mit denen sie gemessen wurden, ihren Stolz so empfindlich gekränkt, daß, ohne des Miko eindringliche Bitten, wahrscheinlich ein Kampf daraus entstanden wäre. Als fürchtete er nun jede Berührung mit seinen trotzigen Erbfeinden, hatte er sich schnell an die Seite seiner Pflegetochter zurückgezogen, die, in eine Wolldecke gehüllt, auf einem Baumstamme gesessen war. Noch sprach sie freundlich mit dem alten Manne, als El Sol kam, um sie in das Boot zu führen. Die Wolldecke war ihr zum Teil in der Bewegung entfallen, als sie auf das Fahrzeug zutrat. Der Anblick des weißen reich gekleideten Mädchens, das freundlich und froh sich mit dem alten Indianer unterhielt, hatte in den Hinterwäldlern eine Umwandlung hervorgebracht, die, wäre sie durch einen Zauberschlag bewirkt worden, nicht plötzlicher oder größer hätte sein können. Ihr rauhes, gebieterisches Wesen war auf einmal der zuvorkommendsten Aufmerksamkeit gewichen. Alle waren zurückgetreten, als sich ihnen das Mädchen grüßend nahte, ihr Führer hatte artig seine Hand angeboten, um ihr beim Einsteigen zu helfen, war aber vom Cumancheehäuptlinge zurückgestoßen worden. Selbst diese Beleidigung ertrug der Befehlshaber zur nicht geringen Verwunderung des Miko, dem, obgleich scheinbar starr und in sich versunken, keine Bewegung seiner Feinde entgangen war. Während der ganzen Überfahrt waren sie mit einer Schonung von den Weißen behandelt worden, die gegen das barsche, herrische Benehmen bei dem Überfalle zu sehr abstach, um nicht auch El Sol aufmerksam zu machen.
Im Depot angekommen, waren sie zwar im Wachthause eingebracht worden, der Führer der Abteilung nahte sich jedoch ehrerbietig dem Mädchen und bat sie, einstweilen seine Begleitung in den Gasthof anzunehmen. Sie schlug dieses freundlich aus und blieb mit den Indianern in der Stube, wo sie endlich durch die Ankunft der Offiziere aus ihrem Zweifel gerissen wurden, von denen der Falkenblick des Squire den Miko sogleich erkannte. Auch dieser hatte den von ihm nichts weniger als billig behandelten Zwischenhändler herausgefunden und sich zuckend aufgerichtet, als er seine Anrede begann. Da trat aus dem Hintergrunde Rosa hervor, und, aus der Wolldecke schlüpfend, warf sie sich dem erstaunten Squire um den Hals, der kaum seinen Augen trauend sie starr anschaute, bis sie ihm endlich mit den Worten: »Deine Rosa«, sein Pflegekind ins Gedächtnis zurückrief. Da umschlang auch er sie mit einer Herzlichkeit, die ihn für eine geraume Weile alles vergessen machte.
Die ausgezeichnete Achtung, mit der auch die übrigen Offiziere das liebliche Kind empfingen, die kurze ernste Unterredung, die sie miteinander hielten, und die mildere Anrede des Squire, daß er glaube, Tokeah sei in Friede und Freundschaft gekommen, sowie der Umstand, daß sie sogleich aus dem Wachthause in den Gasthof geführt und dem Wirte als Gäste der Regierung zur bestmöglichen Sorgfalt überantwortet wurden, diese Umstände klärten endlich den im langen Verkehr mit seinen Feinden mit den verschiedenen Behandlungsarten, die sie seiner Rasse angedeihen ließen, wohlbekannten Miko allmählich über die plötzliche Sinnesänderung der gefürchteten Weißen auf. Diese Sinnesänderung hatte natürlich ebensosehr in dem achtungsvollen Benehmen des Amerikaners gegen das weibliche Geschlecht überhaupt, als der Voraussetzung insbesondere seinen Grund, daß Indianer, die in einer solchen Begleitung erscheinen, nicht feindselige Absichten im Schilde führen konnten. Dem alten Manne, der sich schon auf Kränkungen und Demütigungen allerart gefaßt gemacht hatte, tat dieser Sonnenstrahl in seinem finstern Geschicke wohl. Der gebeugte, gebrochene, unter der Last seines Schicksals erliegende Häuptling war schwach geworden; er fühlte zu seinem bittern Schmerze, daß er nicht mehr die Kraft habe, dem Feinde entgegenzutreten, der ihn in seiner Jugend und im Mannesalter zermalmt hatte. Die