Das Dekameron. Giovanni Boccaccio
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Andererseits wunderte sich der Papst ebenfalls über die Kleidung der Prinzessin und über ihre Wahl. Weil er aber sah, dass das Geschehene nicht mehr zu ändern war, entschloss er sich, ihre Bitte zu gewähren. Er besänftigte demnach zuerst die Kavaliere, deren Unwillen er bemerkte, und nachdem er sie mit der Prinzessin und mit Alessandro versöhnt hatte, ordnete er an, was weiter geschehen solle, und an einem gewissen, von ihm bestimmten Tage, an dem er alle Kardinäle und andere vornehme Herren zu einem großen Feste hatte einladen lassen, stellte er ihnen die Prinzessin im königlichen Schmucke vor, in welchem sie so schön und liebenswürdig erschien, dass sie mit Recht von jedermann bewundert ward. Auch Alessandro war prächtig gekleidet und zeigte in seinem Anstande und in seinen Sitten nicht den Jüngling, der sich von Wucher ernährt hatte, sondern vielmehr ein königliches Wesen, sodass ihm die beiden Kavaliere mit Ehrerbietung begegneten, worauf der Papst die Vermählung feierlich begehen ließ und, nachdem die Hochzeit mit vieler Pracht vollzogen war, dem Brautpaar seinen päpstlichen Segen gab und sie entließ.
Es gefiel Alessandro und seiner Gemahlin, wie sie Rom verließen, nach Florenz zu gehen, woselbst die Fama bereits die Nachricht von ihrer Verbindung verbreitet hatte und wo sie von den Einwohnern mit großen Ehrenbezeigungen empfangen wurden. Die Prinzessin ließ die drei Brüder wieder auf freien Fuß stellen, nachdem sie ihre Schulden bezahlt und sie und ihre Gemahlinnen in alle ihre Güter wieder eingesetzt hatte. Alessandro und seine Gemahlin nahmen mit Einwilligung der anderen den Agolante mit sich und verließen Florenz. Bei ihrer Ankunft in Paris wurden sie vom Könige von Frankreich ehrenvoll empfangen. Von dort gingen die beiden Kavaliere voraus nach England und vermochten den König, die Prinzessin wieder zu Gnaden anzunehmen und sie und ihren Gemahl mit großer Feierlichkeit zu empfangen. Er schlug ihn bald darauf mit großem Gepränge zum Ritter und gab ihm die Grafschaft Cornwall zum Geschenk. Dieser aber bewies sein großes Geschick und gab sich erfolgreich Mühe, Vater und Sohn wieder auszusöhnen, welches dem Lande zum großen Heil gereichte und ihm die Herzen aller Untertanen gewann. Agolante erhielt auch alles wieder, was man ihm schuldig war, und kehrte mit bedeutendem Reichtum nach Florenz zurück, nachdem ihn der Graf Alessandro vorher zum Ritter geschlagen hatte. Dieser lebte hernach sehr geehrt und glücklich mit seiner Gemahlin. Der Sage nach eroberte er durch seine Tapferkeit und Klugheit und mit dem Beistande seines Schwiegervaters das Königreich Schottland und ward zum Könige darüber gekrönt.
VIERTE NOVELLE
Landolfo Rufolo verarmt und wird Seeräuber. Die Genueser nehmen ihn gefangen; er erleidet Schiffbruch und rettet sich auf einem Kasten voll Juwelen, wird in Korfu von einer armen Frau beherbergt und kehrt reich nach Hause zurück.
Lauretta, die neben Pampinea saß und sah, dass diese ihre Geschichte rühmlich geendigt hatte, wartete auf keine Aufforderung, sondern begann:
Holde Mädchen! Ich glaube, man kann sich keinen größeren Glückswechsel denken, als wenn jemand aus der äußersten Dürftigkeit in den königlichen Stand erhoben wird, wie Pampinea uns erzählt hat, dass es Alessandro geschehen ist. Und obgleich jeder, der nach ihr etwas über die uns aufgegebene Materie in seiner Erzählung vortragen wird, sich gewiss innerhalb dieser Schranken wird halten müssen, so will ich mich doch nicht schämen, euch eine Geschichte mitzuteilen, die zwar vielleicht größere Unglücksfälle enthält, aber doch kein so glorreiches Ende nimmt. Wenn man darauf Rücksicht nehmen wollte, so würde man vielleicht meiner Erzählung weniger Aufmerksamkeit schenken. Da ich aber nichts Besseres zu geben vermag, so wird man mich entschuldigen. –
Man hält das Meerufer zwischen Reggio und Gaeta für eine der lieblichsten Gegenden Italiens. An diesem Ufer befindet sich in der Nähe von Salerno eine bergige Küstenstrecke, die über das weite Meer hinaussieht und von den Eingeborenen die Küste von Amalfi genannt wird. Sie ist mit einer Menge kleiner Städte und von Quellen bewässerter Gärten bedeckt, die von den reichsten und tätigsten Handelsleuten der Welt bewohnt werden. Unter diesen kleinen Städten ist eine namens Ravello, woselbst es zwar noch heutigen Tages an reichen Leuten nicht fehlt, doch zählte sie einst unter ihren Bürgern einen gewissen Landolfo Rufolo, der über alle Maßen reich war, dem aber seine Reichtümer dennoch nicht genügten, sodass er sie noch zu verdoppeln suchte und darüber in Gefahr geriet, nicht nur sie, sondern auch mit ihnen das Leben zu verlieren.
Nachdem er nach Art der Kaufleute seine Kalkulationen gemacht hatte, kaufte er ein großes Schiff, befrachtete es für seine eigene Rechnung mit Waren und segelte damit nach Zypern. Wie er aber ankam, fand er bereits eine große Anzahl Schiffe vor, die mit eben den Waren beladen waren, sodass er die seinigen, wenn er sie los werden wollte, nicht nur sehr wohlfeil verkaufen, sondern sie fast umsonst verschenken musste, worüber er aus der Haut fahren wollte. Als er nun vor lauter Verzweiflung nicht wusste, was er anfangen sollte, da er aus einem sehr reichen Mann in Kurzem beinahe zum Bettler geworden war, so beschloss er, entweder in den Tod zu gehen, oder sich durch Kaperei von seinem Verlust zu erholen, um nicht arm dahin zurückzukehren, von wo er als ein reicher Mann ausgefahren war. Er verkaufte sein großes Schiff, und mit dem Gelde, das er daraus löste, und mit demjenigen, das er für seine Waren empfangen hatte, kaufte er ein leichtes Fahrzeug zum Kreuzen, das er aufs Beste ausrüstete und mit allem Nötigen versah, das zu einem Piratenzuge nötig war, worauf er anfing, auf alles Jagd zu machen, vorzüglich aber auf die Türken. Das Glück war ihm bei diesem Gewerbe viel günstiger als ehemals bei seinen Handelsunternehmungen, und er nahm in Jahresfrist so viele türkische Fahrzeuge weg, dass er nicht nur alles wiedergewann, was er bei seinen Waren verloren hatte, sondern wohl noch einmal so viel dazu. Weil ihn nun sein erster Verlust gewitzigt hatte und er sah, dass er reich genug war, so glaubte er, um nicht zum zweiten Mal in die Schlinge zu fallen, müsse er