Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel

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Herr Schippel. Ich tappe völlig im Dunkeln umher. Und das Gefühl ist nicht gerade angenehm. Außerdem möchte ich noch hervorheben, daß ich Sie vielleicht auch so etwas unterstützen könnte, wenn Sie den Schleier ein wenig lüften wollten.“

      „Hm – eigentlich haben Sie nicht so ganz unrecht“, erklärte der Beamte. „Uns bleibt noch reichlich Zeit, ehe wir nach der Spielhölle aufbrechen können. Ich muß vorher außerdem auch noch so einige kleine Veränderungen an meinem Äußeren vornehmen. Wenn ich Sie nun also zunächst in meinen Schlupfwinkel führe, so rechne ich natürlich auf Ihre Verschwiegenheit. Überhaupt: trauen Sie niemanden, schweigen Sie nach Möglichkeit oder – reden Sie um die Sache herum, nach der man Sie fragt.“

      Mit der elektrischen Straßenbahn fuhren sie dann nach Moabit, – nach Schippels „Theatergarderobe“, wie er das bescheidene Erdgeschoßzimmer in der Nähe der chemischen Fabrik Malettas nannte.

      Während er sich hier in einen jüngeren Herrn mit aufgedrehtem dunklen Schnurrbart verwandelte, gab er dem gespannt lauschenden Maler zunächst einen Überblick über seine Vergangenheit. Er erzählte dasselbe, was er auch dem Kommissar Sakschinski mitgeteilt hatte.

      „Sie sehen also, lieber Freund, – auch ich habe bereits Bekanntschaft mit dem Gefängnis gemacht. Wir sind also sozusagen Leidensgefährten“, fügte er ernst hinzu.

      „Und – wer ist jener Mann, der Sie so mitleidslos anzeigte?“ fragte Lossen schnell. „Darf ich es erfahren?“

      „Jener Mann war damals Gerichtsreferendar. Eine Weibergeschichte spielte mit. Er haßte mich als den begünstigten Nebenbuhler. Das Gefängnis wäre mir erspart geblieben. Bellinger sorgte dafür, daß ich auch gerichtlich bestraft wurde.“

      „Ah – Bellinger!! Dieser Bellinger!! – Jetzt glaube ich schon so mancherlei zu verstehen, was mir noch unklar war.“

      „Meinen Sie?!“ Schippels Stimme klang leicht ironisch. „Was denn zum Beispiel?“ fuhr er fort, indem er eine Scheitelperücke vor dem hohen Stehspiegel über den Kopf zog.

      „Nun – das der Assessor eine fragwürdige Persönlichkeit und vielleicht gar der Mörder Scharfers ist.“

      Schippel lachte. „Sie gehen gleich ordentlich ins Zeug! Ebenso gut könnten Sie behaupten, ich hätte dies Verbrechen auf dem Gewissen. Bisher besteht auch nicht der geringste Beweis für diese Ihre Annahme. Und, offen gestanden, ich glaube auch nicht, daß Bellinger irgend einen Grund gehabt hat, sich der Gefahr auszusetzen, einen Kopf kürzer gemacht zu werden. Im Gegenteil: niemand schlachtet die Henne, die goldene Eier legt. – Der Assessor wird wohl den Kommerzienrat ebenso ergiebig angepumpt haben wie zum Beispiel Ihren Freund Blendel. Und da wir nun schon einmal auf Bellingers pekuniäre Verhältnisse gekommen sind, will ich Ihnen auch gleich mitteilen, weshalb mir der Assessor so etwas als stark dunkle Existenz erschienen ist. Ich begegnete ihm zufällig hier in Berlin auf der Straße. Das war so ungefähr zu derselben Zeit, als Sie, Herr Lossen, Ihre Strafe verbüßt hatten. Er sah rosig, jung und heiter wie immer aus und war äußerlich fast gar nicht verändert. Da ich gerade nichts Besseres vorhatte, folgte ich ihm. Er ging zu Rechtsanwalt Kinkel ins Bureau. Bald hatte ich dann festgestellt, wo er wohnte, daß er so etwas wie ein studierter Privatdetektiv war und sehr flott lebte – sehr!! Überall wo etwas los war, fand man Cesar Bellinger. Auch in Spielhöllen. Sogar sehr oft. Und er hatte zumeist Pech, der arme Assessor, verspielte erhebliche Summen, obwohl er von seinem Anwalt nur 300 Mark monatliches Gehalt bezog und sonst keinerlei Zuschüsse hatte. – Ja, lieber Freund, – diese Spielverluste und sein sonstiger nicht gerade billiger Lebenswandel machten mir ihn ein wenig interessant, um mich ganz harmlos auszudrücken. Ich wollte doch zu gern herausbekommen, aus welchen Nebenquellen er all das Geld schöpfte, das er mit leichter Hand ausgab. Leider ist ja nun die freie Zeit eines Kriminalbeamten recht karg bemessen, und Monate vergingen, bevor ich eine Beobachtung machte, die mir auffiel. In den Kreisen, in denen Bellinger nach Mitternacht verkehrte, war ich auch auf einen Herrn aufmerksam geworden, der stets mit „Herr Professor“ angeredet wurde. Es war ein sehr großer, stattlicher Mann, und eigentlich sah er gar nicht wie ein Musiklehrer aus. Und doch verdiente er durch Klavierstunden einen Teil des Geldes, das er und die Seinen zum Lebensunterhalt brauchten, – einen Teil!! Wo das übrige herkam, war unerfindlich. Und dieser Herr Professor Weinreich stand nun zu Bellinger in recht eigentümlichen Beziehungen. Sie taten so, als ob sie sich kaum kannten, sprachen nie miteinander, wenn sie sich am Spieltisch begegneten. Nur ihre Augen, die einander verstohlen grüßten, verrieten sie, außerdem auch zwei Zettel, die sie sich in zwei verschiedenen Nächten unauffällig zusteckten, was ich mit meinen Luchsaugen sehr wohl bemerkte. – Ich sagte mir hiernach, daß die beiden fraglos doch Dinge treiben müßten, die das Licht des Tages zu scheuen hätten. Wozu sonst diese Heimlichkeiten, wozu diese Vorsicht im Verkehr miteinander?! – Etwa zu derselben Zeit geschah es nun, daß in der „großen Trompete“ jener Artikel über Malettas erschien, der angeblich Bellinger dazu veranlaßte, sich mit dem Chemiker näher zu beschäftigen. Auch ich las dieses Machwerk sensationslüsterner Revolverjournalistik, auch mich reizte das Rätsel, das Malettas seltsames Verhalten seinen Widersachern gegenüber jedem denkenden Menschen aufgab. Der Zufall wollte es, daß mir dann ein Bekannter auf einem Rennen in Hoppegarten Maletta als den Fabrikanten der damals mit ungeheurer Reklame vertriebenen Hühneraugensalbe „Fix weg!“ zeigte und daß ich an demselben Tage Zeuge wurde, wie Bellinger sehr geschickt im Gedränge dem Chemiker einen Brief in die Manteltasche schob. Ich witterte sofort so etwas wie ein verbrecherisches Dreikleeblatt: Weinreich, Bellinger und Maletta, – nahm eben an, daß Bellinger mit dem Chemiker aus bestimmten Gründen sich ebenfalls ganz heimlich verständigte. – Es war dann nicht lediglich der Ehrgeiz, der mich bei Maletta Chauffeur werden ließ. Nein, ich wollte auch dem Assessor, meinem Feinde von einst, die Maske der Ehrbarkeit vom Gesicht reißen. Ich ließ mich von meiner Behörde beurlauben, brachte noch bei meinem neuen Herrn einen früheren Schutzmann, einen trotz seiner Vorliebe für den Alkohol sehr hellen Kopf, als Diener unter, alles in der Hoffnung, gerade im Hause Malettas am leichtesten sowohl über die dunklen Geldquellen Bellingers und Weinreichs als auch über deren Beziehungen zu einander und zu dem Chemiker und schließlich auch über des letzteren Gründe für sein Vertuschungssystem hinsichtlich der Attentate einiges zu erfahren. Daß ich mich nebenbei auch noch Ihrer Sache gewidmet habe, sagte ich Ihnen bereits, lieber Herr Lossen. – Nun, zunächst hatte ich bei Maletta so gut wie gar keinen Erfolg. Ich stellte nur fest, daß er sich – und deswegen hatte er ja auch einen Chauffeur gesucht, der früher Kriminalbeamter gewesen war – in beständiger Angst um sein kostbares Leben befand. Er umgab sich mit einem wahren Wall von Sicherheitsmaßregeln, und mein Kollege Wilhelm, der Diener, und ich müssen noch heute eine ganze Menge von Vorschriften genau beachten, die Maletta uns erteilt hat. Gleich bei unserem Dienstantritt hatte er uns erklärt, wir müßten ihm für das hohe Gehalt, daß er uns zahlte, sowohl blindlings gehorchen als auch nie fragen, weshalb er so sehr auf den Schutz seiner Person bedacht sei. Tatsächlich passierte ihm auch nichts, seitdem er uns als Leibgarde angestellt hatte. In dem Gefühl genügender Sicherheit lebte er förmlich auf, bis dann vor einer Woche etwa ein Brief ihn in hellste Aufregung versetzte. Bisher hatte ich nichts davon geahnt, daß mein Dienstherr von Erpressern heimgesucht wurde. Jetzt teilte er mir in seiner Angst den Inhalt des Briefes mit. Man drohte ihm mit Erhängen, wenn er nicht hunderttausend Mark hergebe. Ich bat ihn, mir das Schreiben zu zeigen. Er lehnte in grober Weise ab. Na – und dann trat wirklich ein, was ich geradezu für unmöglich gehalten hatte: Maletta wurde aufgeknüpft – aufgeknüpft in einem bewohnten Hause, und entging nur mit knapper Not dem Tode.“

      Thomas Schippel war jetzt mit der Verwandlung seines Äußeren fertig, beschaute sich noch sehr eingehend vor dem Spiegel und sagte dann:

      „So, wir wollen aufbrechen. Unterwegs erzähle ich weiter.“

      Ein Auto entführte die beiden Verbündeten gleich darauf nach dem Berliner Westen. Während der Fahrt berichtete Schippel, was er heute nachmittag von Maletta über die Ausführung des neuesten Attentats durch den Maskierten erfahren und

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