Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel

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Der Betreffende stellte sich als alter Freund des Minenbesitzers vor und erklärte, er wolle den Angehörigen des Verblichenen dessen letzte Grüße übermitteln.«

      Schaper war über diese Antwort nicht weiter erstaunt. Er hatte sie eigentlich vorausgesehen. Also verfolgte noch ein jemand anderes dasselbe Ziel wie er. Wer konnte dies aber sein? Fraglos doch niemand, der von dem Oberingenieur Pareawitt beauftragt war?! – Der Detektiv überlegte. Er mußte klarsehen.

      »Würden Sie so liebenswürdig sein und mir den Herrn beschreiben,« bat er den Beamten.

      »Aber gern, Herr Schaper,« beeilte sich der Standesbeamte zu erwidern. »Der Betreffende war etwa fünfunddreißig Jahre alt, hatte ein frisches, gebräuntes Gesicht, kleines, dunkelblondes Bärtchen und noch dunkleres, gescheiteltes Haar, schmale, feingeformte Nase – und das fiel mir auf – selten schmale, zarte Hände.«

      »Irgend ein besonderes Kennzeichen merkten Sie nicht?« forschte Schaper weiter, indem er alles in sein Notizbüchlein eintrug.

      Der Gefragte zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, ob’s Ihnen wichtig erscheint, Herr Schaper. Jedenfalls hatte der Herr auf dem – ja, es war der linke – also auf dem linken oberen Eckzahn eine Goldkrone, die beim Sprechen deutlich sichtbar wird.« –

      Der Detektiv winkte, als er sich wieder auf der Straße befand, eine gerade vorüberfahrende Taxameterdroschke heran und rief dem Kutscher die Adresse zu, die er vorhin von dem Standesbeamten erfahren hatte.

      Das Haus Breitegasse Nr. 14 war eines jener alten, schmalen Häuser, deren eigenartiger Baustil in der Architektur direkt mit »Danziger Patrizier-Form« bezeichnet wird.

      Der Besitzer, ein pensionierter Steuerrat, bewohnte die Hochparterre-Gelegenheit. Fritz Schaper hatte Glück. Der alte Herr, ein redseliger Junggeselle, war zu Hause. Auch ihm gegenüber wies sich der Detektiv durch seine Papiere aus, worauf der Steuerrat ihn höflich zum Platznehmen einlud.

      »Dürfte ich einige Fragen an Sie richten, Herr Rat?« begann Schaper die Unterredung.

      »Bitte. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.«

      »Wie lange sind Sie schon Besitzer dieses Hauses?«

      »Seit achtzehn Jahren.«

      Schaper atmete auf. Hier befand er sich also an der richtigen Quelle. Mit wenigen Worten brachte er nun sein Anliegen vor.

      Der alte Herr nickte freundlich.

      »Was ich weiß, sollen Sie erfahren. – Die Wendels sind eine alteingesessene Danziger Familie und gehörten früher mit zu den reichsten der Danziger Patrizier-Geschlechter. Vielleicht ist Ihnen das in die Mauer eingelassene Schild über der Haustür in die Augen gefallen. Es ist ein Wappen, das der Familie Wendel, die als eine der wenigen Danziger Familien zur Führung eines solchen berechtigt ist. Mit Markus Wendel, dem Vater der »feindlichen Brüder« , – Sie werden bald verstehen, weshalb ich diesen Ausdruck gebrauche, – begann der Niedergang des Geschlechts. Die Wendels bewohnten damals noch dieses ganze Haus. Ihre Gastfreundlichkeit war berühmt, nicht minder ihre an Verschwendungssucht grenzende üppige Lebensweise. Doch dann, mit einem Wort: Das Holzgeschäft, das bis dahin glänzend gegangen war, verkrachte plötzlich, und die Wendels standen buchstäblich vor dem Nichts. Hätten nicht gute Freunde sie unterstützt, so wären sie ganz untergegangen, obwohl die beiden erwachsenen Söhne den Eltern nach Möglichkeit halfen. Doch die beiden alten Wendels überlebten den Schicksalsschlag nicht lange. Es kann so um das Jahr 1890 gewesen sein, als sie kurz hintereinander starben. – Ich muß an dieser Stelle nachholen, daß die beiden Brüder, die nicht sehr gut miteinander standen, in demselben Geschäft, einer Zuckerexportfirma, tätig waren. Wie es leider schon öfter geschehen ist, wollte es ein unglücklicher Zufall, daß sie sich bald nach dem Tode der Eltern in dasselbe junge Mädchen verliebten, eine ziemlich begüterte Waise, die jedoch lange schwankte, wem von ihren beiden so nahe verwandten Verehrern sie den Vorzug geben sollte. Da passierte plötzlich eine Geschichte, die wohl nie völlig aufgeklärt werden wird, zumal inzwischen mehr denn zwanzig Jahre verstrichen sind. Bei der Zuckerfirma, die die Brüder als Korrespondenten beschäftigte, wurde eines Tages eine größere Geldsumme aus dem zufällig offenstehenden Geldschrank gestohlen. Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich auf den Älteren, auf Albert Wendel. Er wurde auch verhaftet, mußte aber bald wieder aus Mangel an Beweisen freigelassen werden. Albert Wendel zog aus diesen Ereignissen die einzig richtige Konsequenz, als er merkte, daß alle Welt ihm aus dem Wege ging: er wanderte aus. Lange Jahre hat niemand etwas von ihm gehört. Erst durch den Aufruf in den Zeitungen erfuhren die Danziger, daß ihr Landsmann nach Südafrika gegangen war. – Vor der Abreise des älteren Wendel soll es zwischen den Brüdern zu einer erregten Aussprache, beinahe zu Tätlichkeiten, gekommen sein. Es wird erzählt, Albert habe seinem Bruder Markus geradezu vorgeworfen, selbst den Diebstahl begangen und nur deswegen den Verdacht auf ihn gelenkt zu haben, um ihm das Herz des von beiden umworbenen Mädchens abspenstig zu machen.«

      »Eine Zwischenfrage, Herr Steuerrat,« unterbrach der Detektiv den liebenswürdigen Alten. »Hat diese Aussprache denn einen Zeugen gehabt?«

      »Bestimmt weiß ich das nicht. Die Wendels hatten eine Haushälterin, und die soll die Streitenden, als der Lärm ihr zu groß wurde, getrennt und – vorher wohl so ein wenig gelauscht haben.«

      »Lebt die Frau noch?« meinte Schaper interessiert.

      »Ja. Im städtischen Altenheim. Sie ist inzwischen ein steinaltes Mütterchen geworden, dabei aber geistig und körperlich noch recht rüstig. Helene Anton heißt sie. Ich kenne sie persönlich, da ich ja von dem jüngeren Wendel später dieses Haus kaufte und sie ihm damals noch die Wirtschaft führte.«

      »Danke, Herr Steuerrat. Das Weitere reime ich mir schon selbst zusammen. Markus Wendel heiratete die junge Dame, und beider Kind ist Charlotte Wendel.«

      Der alte Herr lächelte. »Na, so alles wissen Sie doch noch nicht, Herr Schaper. Über Markus Wendel ist nämlich noch so manches zu berichten.«

      Und nach einer kleinen Pause begann er wieder: »Den jungen Eheleuten, hauptsächlich aber wohl der Ehemann, gefielen sich nicht mehr in diesem alten Hause;« begann er wieder. »Sie zogen nach Neugarten in einen der modernen Prachtbauten, während ich das Wendelsche Palais, wie die Danziger es großartig nennen, erwarb. Die Ehe der Wendels war keine glückliche. Bald drang so allerlei an die Öffentlichkeit, was auf den jüngeren Wendel kein gutes Licht warf. Er spielte, trieb sich in allerlei fragwürdigen Lokalen die Nächte über umher und – brachte es fertig, daß er nach zehn Jahren nicht nur das Vermögen seiner Frau vergeudete, sondern auch seine Anstellung verloren hatte und nun als von allen früheren Bekannten nach Möglichkeit gemiedener Versicherungsagent kärglich sein Leben fristen mußte. Bald nach diesem pekuniären Zusammenbruch starb seine Frau, und er blieb mit dem damals etwa zwölfjährigen Töchterchen allein zurück. Vielleicht über sein verfehltes Dasein gebrochen, gewöhnte er sich nur allzuschnell das Trinken an. Trotzdem arbeitete er mit bewundernswerter Energie weiter. Als er dann fünf Jahre später starb, hinterließ er seinem Kinde wenigstens soviel, daß Charlotte Wendel, ein selten hübsches, kluges Mädchen, ihre Studien weiter fortsetzen und das Lehrerinexamen machen konnte. Danach verschwand sie aus Danzig. Wohin, weiß niemand. Jedenfalls dürfte sie aber den Namen Wendel abgelegt haben. Sonst hätte die Polizei, die nach ihrem Verbleib eifig geforscht hat, sie auffinden müssen.«

      Schaper waren gerade die letzten Sätze besonders interessant.

      »Daß sie den Namen ihres Vaters nicht mehr führt, ist wohl nur eine Vermutung, Herr Steuerrat,« meinte er mit einem forschenden Blick auf den alten Herrn.

      Dieser rückte verlegen sein Sammetkäppchen zurecht.

      »Ich

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