Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren

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Sophienlust Staffel 8 – Familienroman - Diverse Autoren Sophienlust

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reckte er sich.

      Tatsächlich, es war die Apotheke. Durch die Glasscheibe der Tür schimmerte das Licht des Korridors, so daß er alle Gegenstände genau erkennen konnte. Zu seinem Bedauern stellte er fest, daß diesmal kein Schlüssel am Giftschrank steckte. Doch das entmutigte ihn in keiner Weise.

      Guido drückte gegen das Fenster, das nur angelehnt war. Gerade wollte er auf die Fensterbank klettern, da kam ein Schatten auf die Tür zu. Blitzschnell zuckte er zurück, denn schon ging das Licht in dem Zimmer an. Doch sogleich wurde es wieder ausgeknipst. Die Tür schloß sich.

      Guido spürte plötzlich, wie sich am Spalier etwas löste. Erschrocken wollte er nach unten steigen, doch er verfehlte die nächste Latte, verlor das Gleichgewicht. Er suchte nach Halt, aber vergeblich. Irgend etwas schien ihn mit aller Macht nach unten zu ziehen. Kopfüber stürzte er mit einem Schrei in die Tiefe.

      *

      Ingrid wäre Dieter am liebsten um den Hals gefallen, als er so unverhofft vor ihr stand. »Ich bin so froh, daß Sie gekommen sind!« rief sie und bat ihn, hereinzukommen.

      Dieter legte seinen Mantel ab und folgte der jungen Frau ins Wohnzimmer. Der Abendbrottisch war gedeckt. Aber er war nicht benutzt worden.

      »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wo Guido sein könnte«, erklärte Ingrid und schenkte ihrem Gast Bier ein. »Ob er nach München zurückgefahren ist? Aber das hätte er mir doch sagen können. Obwohl er schon immer unberechenbar in seinen Handlungen war.«

      Dieter blickte Ingrid voller Mitleid an. Es fiel ihm schwer, die Illusionen, die sie allem Anschein nach noch immer von ihrem Mann hatte, zerstören zu müssen. Aber einmal mußte sie die Wahrheit doch erfahren.

      Dieters Blick umfaßte die schmale Gestalt und heftete sich dann auf das ovale Gesicht dessen verlorener Ausdruck Kummer und Leid offenbarte. Fast hätte er die verzweifelte junge Frau ganz fest in seine Arme genommen und tröstend auf sie eingeredet. Jäh wurde ihm bewußt, daß er seit dem Tod seiner geliebten Frau Eva zum erstenmal wieder das Verlangen hatte, eine Frau zu küssen.

      »Es tut mir leid, daß Sie meinetwegen um Ihre Nachtruhe kommen«, sagte Ingrid leise und erwiderte seinen Blick.

      »Deshalb sollten Sie sich keine Gedanken machen. Ingrid, ich muß Ihnen etwas sagen«, erklärte er nach einem tiefen Atemzug. »Rauchen Sie?« Er reichte ihr die Zigarettenschachtel. Sie bediente sich. Als sein Feuerzeug aufschnappte, spiegelte sich das Flämm-chen in ihren tiefblauen Augen.

      »Ja«, fragte sie bange.

      »Ingrid, ich bin am Donnerstag in München gewesen. Ich wollte mehr über Ihren Mann herausbekommen.«

      »Über Guido? Aber warum denn?« Voller Angst sah sie ihn an.

      »Weil ich… Also gut, ich hatte Ihren Mann in Verdacht.«

      »Sie glauben doch nicht, daß er…« Sie konnte nicht weitersprechen, denn sie dachte daran, daß auch sie bereits diesen Verdacht gehabt hatte. Aber sie hatte ihn von sich geschoben, weil er zu ungeheuerlich war.

      »Ich glaube es nicht nur, Ingrid, sondern ich weiß es bereits.«

      So schonend wie möglich berichtete er ihr von seiner Entdeckung.

      »Das ist nicht wahr«, stammelte sie. »Guido hat das Morphium nicht gestohlen! Ich kann es nicht glauben.« Sie warf die Hände vors Gesicht und weinte still vor sich hin.

      „Ingrid, bitte, Sie dürfen sich nicht so entsetzlich aufregen.« Dieter erhob sich und setzte sich neben sie auf das Sofa. »Wenn Sie ehrlich gegen sich selbst sind, haben Sie ihn doch gewiß auch schon verdächtigt.«

      Ingrid ließ die Hände sinken und sah ihn an. »Ja, das habe ich. Heute, als er bei mir war. Ich… Es ist entsetzlich zu wissen, daß der Vater meiner Kinder ein Verbrecher ist. Daß…«

      »Ingrid, wir Menschen sind alle beeinflußbar. Männer besonders, wenn eine Frau im Spiel ist. Pia Franke hatte einen sehr schlechten Einfluß auf ihren Mann. Und dann konnte er nicht mehr zurück.«

      Ingrid kam plötzlich ein entsetzlicher Gedanke. »Mein Gott!« rief sie. »Vielleicht ist er zum Krankenhaus gegangen? Vielleicht…«

      »Der Gedanke liegt nahe, Ingrid. Doch ich kann mir nicht vorstellen, daß er wirklich den Mut aufbringt, noch einmal dort einzubrechen. Ich nehme an, daß er, nachdem er erfuhr, daß Sie entlassen worden sind, nach München zurückgefahren ist.«

      Ingrid nickte. Alles in ihr schien taub zu sein. Erst allmählich begriff sie die furchtbare Wahrheit. Guido war ein Dieb, ein skrupelloser Mann, der seine Frau ohne weiteres in Gefahr gebracht hätte, der zuließ, daß man sie beschuldigte und vielleicht sogar verurteilte. Hatte er denn nicht an seine Kinder gedacht, an sein eigen Fleisch und Blut?

      Ingrid blickte Dieter an. Warum hatte er das für sie getan? Warum hatte er ihr geholfen? Aber dann dachte sie wieder an Guido, rief sich all die schönen Erlebnisse mit ihm ins Gedächtnis zurück.

      Dieter sah, daß sie am Ende war. »Ingrid, Sie müssen sich jetzt niederlegen. Ich gebe Ihnen zwei Tabletten. Sie werden danach tief schlafen. Morgen brauchen Sie wieder Ihre Kräfte. Denken Sie an Ihre Kinder. Sie brauchen Sie.«

      Ingrid nickte und erhob sich wie ein Automat. »Ja, die Kinder«, murmelte sie. »Kuni und Mathias dürfen niemals erfahren, was ihr Vater getan hat. Vielleicht werden Sie mich nicht verstehen, Dieter, wenn ich jetzt sage, daß ich Guido sogar wünsche, daß er es schafft, ins Ausland zu fliehen.«

      »Ich verstehe das gut, Ingrid.« Dieter ging in die Küche und holte ein Glas Wasser. »Sie nehmen jetzt die Tabletten und legen sich hin. Soll ich bei Ihnen bleiben?«

      Ingrid nickte. »Ja, Dieter. Ich gebe Ihnen Decken und Kissen. Auf dieser Couch schläft man gut. Ich bin sehr froh, wenn Sie dableiben. Es könnte doch sein, daß Guido noch einmal zurückkommt, daß er…«

      »Er wird nicht zurückkommen, Ingrid. Ich bin dessen ganz sicher.«

      »Da kennen Sie Guido nicht. Bei ihm weiß man nie, woran man ist.«

      Ingrid lächelte verkrampft. »Seitdem Sie mich kennen, haben Sie nur Kummer mit mir.«

      »Halb so schlimm, Ingrid.«

      Dann lag Ingrid im Bett. Es kam ihr fast wie eine Selbstverständlich-

      keit vor, daß Dieter noch einmal zu ihr kam und ihr gute Nacht sagte. »Ich danke Ihnen«, sagte sie. Dabei konnte sie ihre Augen kaum noch offenhalten, denn die Tabletten begannen bereits zu wirken. Immer schwerer wurden

      ihre Lider. »Sie sind so lieb zu mir. Warum tun Sie das alles für mich? Warum…«

      Sein Blick richtete sich zärtlich auf die schlafende junge Frau. »Ich weiß es nicht, Ingrid«, flüsterte er. »Vielleicht habe ich mich in dich verliebt.« Er beugte sich zu ihr hinunter und hauchte ihr einen Kuß auf die Stirn.

      Ein Lächeln umspielte plötzlich ihre vollen Lippen. Es war, als habe sie diese Liebkosung trotz ihres Schlafes gespürt.

      Dieter machte es sich auf der Couch bequem. Noch lange dachte er über Ingrid, ihren Mann und die beiden Kinder Kuni und Mathias nach. Erst gegen Morgen schlief er ein.

      *

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