Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
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Obwohl sie kaum geschlafen hatte, erhob sich Ingrid am nächsten Morgen verhältnismäßig frisch. Doch sie hatte das Gefühl, in dieser Nacht um Jahre älter geworden zu sein.
Ingrid bat Frau Rennert, ihr ein Taxi zu rufen, weil sie nach Maibach fahren wolle. »Ich möchte von meinem Mann Abschied nehmen«, erklärte sie.
»Hermann wird Sie fahren, Frau Laurens.«
»Vielen Dank, Frau Rennert.«
Als Schwester Regine vorschlug, zusammen mit Kuni, Mathias, Peter und Heidi ein Stück mitzufahren, war Ingrid einverstanden.
»Ich werde mit den Kindern das Tierheim besuchen«, erklärte die Kinderschwester.
»Das ist lieb von Ihnen, Schwester Regine.« Ingrid ahnte, daß diese ihr damit die Kinder abnehmen wollte.
Kuni und Mathias plapperten während der Fahrt fröhlich. Ihr helles Lachen schnitt Ingrid schmerzhaft ins Herz, denn sie wußte, bald mußte sie den beiden sehr weh tun.
*
Dann stand Ingrid vor ihrem toten Mann. Lange blickte sie in sein Gesicht, dessen maskenhaftes Lächeln für sie kaum zu ertragen war. Endlich löste sie sich von seinem Anblick und kehrte in ihre Wohnung zurück, um noch einige Sachen einzupacken. Hermann wartete schon auf sie vor der Haustür.
Auf dem Weg nach Sophienlust überlegte Ingrid, daß es vielleicht besser gewesen wäre, sie hätte Guido nicht noch einmal gesehen.
Nun würde sie lange brauchen, um seinen letzten Anblick zu vergessen. Doch als sie dann Kuni und Mathias auf der Freitreppe erblickte, die dort voller Sehnsucht gewartet hatten, kam sie zu dem Schluß, doch das Richtige getan zu haben. Ihre Kinder würden ihr bald helfen, das Schlimmste zu überwinden.
»Mutti, wo warst du denn so lange?« fragte Mathias vorwurfsvoll.
»Ich war noch einmal in Maibach. Ich muß euch etwas sehr Trauriges sagen«, fügte sie hinzu.
»Was denn?« Neugierig schaute Kuni sie an.
»Ja, was denn, Mutti?« Mathias drängte sich an sie.
Ingrid brachte ihren Kindern nun so schonend wie möglich den Tod ihres Vaters bei.
Kuni weinte ein bißchen, auch Mathias machte ein trauriges Gesichtchen. Aber Ingrid konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die beiden vom Tod ihres Vaters nicht sehr beeindruckt waren. Konnte sie jedoch mehr von ihnen erwarten? Guido hatte sich nie viel um seine Kinder gekümmert, so daß ihre Erinnerungen an ihn jedesmal schnell verblaßt waren. Und darüber sollte sie jetzt eigentlich froh sein.
Ingrid war nun auch entschlossen, die beiden nicht zur Beerdigung mitzunehmen, wie sie ursprünglich vorgehabt hatte. Als sie mit Denise darüber sprach, stimmte diese ihr bei.
Drei Tage später wurde Guido auf dem Maibacher Friedhof beigesetzt. Sein Grab lag nicht weit von dem Grab Eva Heidenreichs entfernt. Die Trauergemeinde war nur klein. Die von Schoeneckers, Frau Rennert und Dr. Heidenreich befanden sich darunter. Die übrigen Beteiligten waren Schaulustige und Neugierige.
Ingrid vergoß keine Träne. Ihr Gesicht war maskenhaft starr, als sie eine Schaufel Sand auf den Sarg warf. Dann wandte sie sich hastig ab und ließ sich von Dieter fortführen.
*
Nick war natürlich empört, als er erfuhr, daß Guido Laurens das Morphium entwendet hatte. »Es wäre ihm bestimmt gleichgültig gewesen, wenn man seine Frau eingesperrt hätte«, machte er seinem Herzen nach der Beerdigung Luft.
»Wahrscheinlich. Aber du siehst, mein Junge, das Schicksal hat ihn bestraft«, meinte Alexander ernst. »Toten muß man verzeihen können.«
»Findest du?« Nick war damit nicht ganz einverstanden.
Ingrid hätte nun wieder eine Stelle als Krankenschwester bekommen können, aber sie wollte nicht mehr in diesem Beruf tätig sein. Doch als Dieter sie eines Tages fragte, ob sie nicht als Sprechstundenhilfe in seiner neueröffneten Praxis arbeiten wolle, sagte sie mit Freuden zu. Sie sehnte sich nach einer Aufgabe, die ihr das Gefühl gab, etwas zu leisten. Abgesehen davon war sie nicht wohlhabend genug, um privatisieren zu können. Auch wollte sie die Güte der von Schoeneckers nicht übermäßig in Anspruch nehmen.
Denise hatte auf Ingrids Bitte hin ihren guten Freund Dr. Lutz Brachmann gebeten, sich um die Anwaltspraxis und das Haus in München zu kümmern und zu versuchen, beides günstig loszuwerden.
Das Ergebnis dieser Bemühungen war jedoch wenig erfreulich. Das Haus brachte keinen Pfennig ein, und die Anwaltspraxis wurde aufgelöst, da sich kein Interessent dafür fand.
Ingrid begrüßte das fast, denn das Erbe von Guidos Onkel hatte ihr nur Unglück gebracht. Hätte Guido nicht nach München fahren müssen, wäre er nicht in diese Kreise gekommen. Dann hätte er auch nicht Pia Franke kennengelernt, die ihm den Tod gebracht hatte, dachte sie.
Ingrid empfand auch keinerlei Triumph, als sie in einer Zeitung las, daß man in München einen Rauschgiftring ausgehoben hatte. Die Namen Pia Franke und Karl Kunze waren in diesem Zusammenhang erwähnt worden.
Ingrid nahm sich vor, nicht mehr zurückzublicken. Sie wollte nur noch an die Zukunft ihrer Kinder denken. In Dieter Heidenreich hatte sie inzwischen einen selbstlosen Freund gefunden, der ihr die Kraft gab, durchzuhalten, der sie immer wieder innerlich aufrichtete.
Schnell hatte sich Ingrid als Sprechstundenhilfe eingearbeitet. Dieters Ordination war immer gut besucht. Doch meist hatte er weibliche Patienten. Ingrid entgingen nicht die Blicke der Frauen, die den gutaussehenden Arzt mit unverhohlener Bewunderung streiften. Jedesmal, wenn sie solche Blicke bemerkte, durchzuckte sie ein feiner Stich. Insgeheim begann sie sich mit Dieters Privatleben zu beschäftigen. Ob er eine Freundin hat? fragte sie sich. Dieser Gedanke gefiel ihr in keiner Weise. Doch sie sagte sich zugleich, daß sie sein Leben im Grunde genommen nichts angehe. Aber leider half ihr diese Überlegung nicht viel.
Dieter lud Ingrid mehrmals in sein Haus ein. Seit einiger Zeit hatte er eine zuverlässige Zugehfrau, die alle anfallenden Arbeiten machte. Täglich erschien sie für einige Stunden und brachte die Villa nach und nach auf Hoch-glanz.
An einem Sonntag holten Ingrid und Dieter schließlich die Kinder von Sophienlust ab. Peter war überglücklich, Kuni und Mathias das Haus zeigen zu dürfen, das seinem Vater gehörte.
Die beiden kamen aus den Staunen nicht heraus. Denn Peter hatte ein eigenes Schlafzimmer und ein Spielzimmer, in dem sich die schönsten Sachen befanden. Es gab sogar eine elektrische Eisenbahn, die der von Sophienlust in nichts nachstand.
»Vati und ich spielen öfters damit«, erzählte Peter stolz.
»Wirklich?« fragte Mathias tief beeindruckt.
»Eigentlich wäre es Zeit, daß ich wieder heimkomme«, überlegte Peter laut. »Wißt ihr was?« fragte er und sah die beiden an.
»Nein, Peter! Was ist denn los?« Kuni sah ihn fragend an.
»Wir sollten meinen Vati und eure Mutti dazu bringen, daß sie heiraten. Dann könnten wir immer zusammen hier wohnen.«
»Wirklich?«