Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
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»Was ist denn?« fragte Schwester Maria erstaunt. »Haben Sie sich weh getan?«
»Nein, aber da unten liegt einer«, stammelte Birgit entsetzt.
»Liegt einer?« fragte die ältere Schwester und schaute nun ebenfalls aus dem Fenster.
»Mein Gott, da ist ein Unglück geschehen!« rief sie dann und alamierte das Krankenhaus.
Man trug Guido in den Opera-
tionssaal, denn noch schlug sein Herz ganz matt. Als festgestellt wurde, daß es sich um den Mann von Schwester Ingrid, die wegen des Morphiumdiebstahls fristlos entlassen worden war, handelte, gab es genügend Gesprächsstoff unter dem Personal und den Ärzten.
Schon wenige Minuten später starb Guido, ohne noch einmal das Bewußtsein erlangt zu haben. Ratlos standen die Ärzte und die Oberschwester vor dem Toten.
»Verstehen Sie das?« fragte der Oberarzt.
»Nein, wirklich nicht«, meinte einer der jungen Assistenzärzte.
„Ich habe bemerkt, daß das Spalier abgebrochen ist«, ließ sich nun eine der Schwestern vernehmen. »Das bedeutet, daß er bei uns einbrechen wollte.«
»Natürlich, das muß es sein. Dann haben wir Schwester Ingrid doch nicht falsch verdächtigt. Gewiß macht sie gemeinsame Sache mit ihrem Mann«, erklärte der Oberarzt.
»Sie meinen, daß Guido Laurens Morphium stehlen wollte?« Die Oberschwester schüttelte den Kopf. »Aber so dumm kann man doch nicht
sein.«
»Es scheint aber doch, daß es so ist.« Der Oberarzt ließ sich mit der Polizei verbinden.
*
Ingrid fuhr bei dem anhaltenden Läuten aus ihrem tiefen Schlaf hoch. Noch benommen von den Tabletten brauchte sie eine ganze Weile, bis sie sich zurechtfand. Sie lauschte nach draußen und hörte Dieters Stimme, der sich mit mehreren Männern zu unterhalten schien.
Was bedeutet das? fragte sich Ingrid und stieg aus dem Bett. Das Herz schlug ihr bis zum Hals herauf, als sie in ihren Morgenmantel schlüpfte. Am ganzen Körper zitternd betrat sie das Wohnzimmer.
Bei ihrem Eintritt erhoben sich zwei unbekannte Männer. Dieter lehnte mit dem Rücken an der Fensterbank und nickte ihr beruhigend zu. »Ingrid, die Herren gehen schon wieder«, sagte er.
»Nicht wahr, Sie sind von der Polizei?« fragte Ingrid mit ersterbender Stimme.
»Ja, Frau Laurens«, erwiderte der eine ernst. »Herr Dr. Heidenreich hat für Sie gebürgt. Sonst hätten wir Sie mitnehmen müssen.«
»Für mich gebürgt?« wiederholte sie kaum verständlich.
»Bitte, ich möchte mit Frau Laurens allein sprechen«, bat Dieter.
»Das ist uns auch lieber«, brummte der eine Kriminalbeamte.
Ingrid blickte auf die Tür, die sich hinter den beiden Fremden geschlossen hatte. Dann kam Dieter auf sie zu. Genau wie am vergangenen Abend setzte er sich neben sie. Aber diesmal legte er den Arm um ihre Schultern. »Sie müssen jetzt ganz tapfer sein, Ingrid«, sagte er.
»Was ist geschehen?« Wieder zitterte sie am ganzen Körper.
»Ihr Mann ist verunglückt.«
»Verunglückt«, wisperte sie. »Ist er…«
»Ja, Ingrid, er ist tot.«
»Aber wie ist das geschehen?« Ingrid hatte das Gefühl, daß sie in einen tiefen Abgrund gezogen werde. Guido war tot. Unvorstellbar!
»Er ist vom Spalier heruntergestürzt. Wahrscheinlich wollte er Morphium holen. Vermutlich…«
»Er wollte im Krankenhaus einbrechen, nicht wahr?« fragte sie entsetzt.
»Ja, Ingrid. Er hat sich das Rückgrat gebrochen. Außerdem hatte er innere Blutungen. Selbst wenn man ihn gerettet hätte, wäre er zeitlebens gelähmt geblieben.«
»Mein Gott!« Ingrid blickte sich wie eine Erwachende um. »Vielleicht ist es besser so«, schluchzte sie dann auf. »Vielleicht hätte er ein anderes Leben nicht ertragen können.«
»Weinen Sie nur, Ingrid. Das wird Ihnen helfen.«
Später, als sie sich etwas gefaßt hatte, bot Dieter ihr an, alle Formalitäten für sie zu erledigen. »Ich bringe Sie nach Sophienlust. Dort werden Sie etwas Ruhe finden, Ingrid«, bestimmte er.
Ingrid nickte. Sie war viel zu unglücklich und innerlich zu zerrissen, um einen eigenen Entschluß zu fassen. Als Dieter sie fragte, ob sie ihren Mann noch einmal sehen wolle, schüttelte sie den Kopf und sagte: »Ich will ihn so in Erinnerung behalten, wie ich ihn vor seiner Reise nach München gekannt habe. Alles, was dann geschehen ist, möchte ich vergessen.«
»Das ist das beste, Ingrid.«
Wie eine Tote saß sie dann neben ihm im Wagen, als sie zusammen nach Sophienlust fuhren.
Dort war schon alles für Ingrids Ankunft vorbereitet worden. Als Denise von Dr. Heidenreich erfahren hatte, in welch bejammernswertem Zustand sich die junge Frau befinde, hatte sie Wolfgang Rennert und Schwester Regine gebeten, mit den Kindern einen Ausflug zu unternehmen.
Ingrid war froh, daß Kuni und Mathias bei ihrer Ankunft nicht da waren. Sie hätte jetzt einfach nicht die Kraft gefunden, ihnen gelassen gegenüberzutreten. Alle waren rührend um sie bemüht und sprachen ihr Mut zu, so daß sie gegen Abend, als die Kinder wieder in Sophienlust eintrafen, so weit gefaßt war, daß sie Kuni und Mathias unbefangen begrüßen konnte.
»Bleibst du lange da, Mutti?« fragte Kuni.
»Ich weiß es noch nicht, mein Liebling.« Ingrid zog ihre beiden Kinder an sich und blickte über ihre Köpfe hinweg Dieter an.
Peter stand bei seinem Vater. Später fragte er dann: »Vati, nicht wahr, die Mutti von Kuni und Mathias hat Kummer?«
»Ja, Peter. Ihr Mann ist gestorben.«
»Der Vater von Kuni und Mathias?« Fassungslos sah Peter seinen eigenen Vater an.
»Ja, Peter. Aber behalte das noch für dich. Ich weiß nicht, wann Frau Laurens ihren Kindern davon erzählen möchte.«
»Natürlich spreche ich nicht dar-über, Vati.« Peter hatte plötzlich einen Einfall. Wenn Kuni und Mathias keinen Vater mehr hatten und er selbst keine Mutti, dann konnten doch sein Vati und Frau Laurens heiraten. Dann würden sie alle drei wieder Mutti und Vati haben.
Doch zunächst sprach Peter mit seinem Vater nicht über diese Angelegenheit. Und Dieter verabschiedete sich bald. Ingrid bedankte sich noch einmal bei ihm, dann kehrte sie mit ihren Kindern und Peter ins Haus zurück. Noch brachte sie es nicht über sich, Kuni und Mathias von Guidos Tod zu erzählen. Aber morgen würde sie das tun. Morgen…
An diesem Abend weigerte sich Ing-rid, wieder Schlaftabletten zu neh-men. Es verlangte sie danach, ihren Gedanken nachzuhängen.