A.I. APOCALYPSE. William Hertling
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»Dein Onkel Alex ist in Schwierigkeiten, ja. Du wirst ihm helfen. Sei guter Neffe.«
»Lassen Sie mich in Ruhe«, schrie Leon. Er tauchte unter dem Mann weg und begann zu laufen, wobei er seine Zigarette wegwarf.
Leon rannte so schnell er konnte, blickte nur einmal kurz zurück zu der massigen Gestalt, die ihm nachschaute. Ein paar Blocks später ging sein Atem schon schwer, aber er lief weiter, bog in eine Seitenstraße ein. Niemand schien ihm zu folgen. Er fragte sich, ob sie ihn schon bei seiner Wohnung erwarteten. Wie sollte er nach Hause kommen?
Er ging jetzt und kam langsam wieder zu Atem. Vielleicht sollte er mit dem Rauchen aufhören, wenn er nun häufiger um sein Leben rennen musste. Apropos Nahtoderfahrungen: Er dachte an den Trick mit der Feuertreppe, den er mit James durchgezogen hatte. Der würde ihn zurück in seine Wohnung bringen. Er überlegte für eine Minute. War er einfach nur paranoid? Nein, wenn die russische Mafia dir E-Mails von der anderen Seite des Erdballs schickte und dich plötzlich fremde Leute auf der Straße ansprachen, dann hatte das nichts mit Paranoia zu tun.
Während er sich nach potenziellen Beobachtern umsah, ging Leon zu dem benachbarten Appartementhaus und vermied dabei die Route, bei der er von der verglasten Lobby seines Gebäudes aus gesehen werden konnte. Er aktivierte die RFID-Codebrecher-App auf seinem Smartphone und hielt es gegen die Vordertür. Neuere Gebäude hatten komplexe Codes, sodass dieser Trick nicht funktionieren würde. Aber dieses Codeschloss war mindestens zehn Jahre alt. Leon hielt das Telefon gegen das Kontaktpad und zählte die Sekunden. Als er bis zwölf gezählt hatte, klickte das Türschloss, und er konnte die Tür aufstoßen.
Leon strich sich sein blondes Haar aus den Augen und ging die Treppe hinauf. Wenige Minuten später kam er im 8. Stock aus dem Treppenhaus, einmal mehr außer Atem und nahm dann die schmalere Treppe zum Dach. Er öffnete den Dachzugang und sah sich nach etwas um, mit dem er die Tür offen halten konnte, um nicht auf dem Dach festzusitzen. Dann aber sah er, dass im Türrahmen der Riegel bereits überklebt war, um zu verhindern, dass er einrastete. Er lächelte und ließ die Tür sanft zu gleiten.
Er lehnte sich über die niedrige Brüstung, die um das Dach herumlief, konnte aber am Boden nichts Verdächtiges erkennen. Nur ein paar alte Damen brachten ihre Einkäufe nach Hause. Wenigstens vor den Großmüttern anderer Leute musste er sich noch nicht fürchten. Er ging zur Feuertreppe hinüber und kletterte dort die Leiter hinunter. Von dort stieg er auf den rostigen Metallstufen bis zum 7. Stock hinab.
Vor einiger Zeit hatten James und er entdeckt, dass beide Gebäude auf Höhe des siebten Stocks eine Ausbuchtung hatten. Vielleicht war es ein Beispiel modernen Baudesigns, oder die Auswölbung verbarg irgendeine seltsame Maschinerie, die für die Appartementhäuser notwendig war. Ganz gleich, was davon der Wahrheit entsprach, es verengte zusätzlich den ohnehin schon schmalen Spalt zwischen den Gebäuden. Die Feuerleitern lagen hier nur einen knappen Meter auseinander.
Leon lehnte sich vor, um nach unten zu sehen. Böser Fehler. Schnell blickte er zur anderen Seite hinüber. Nur ein knapper Meter. Er hatte das schon einmal gemeinsam mit James gemacht, rief er sich in Erinnerung. Er kletterte über das niedrige Geländer, stand jetzt auf der Außenkante der Feuerleiter. Er lehnte sich vor, konnte aber die Feuerleiter gegenüber nicht ganz erreichen. Tja, da gab es wohl nur einen Weg. Er holte tief Luft, ließ das Geländer los und lehnte sich zur anderen Seite vor.
Sein Magen drohte ihm aus der Kehle zu springen, aber er konzentrierte sich ganz und gar darauf, das Geländer auf der anderen Seite zu fassen zu kriegen. Seine Handflächen schlugen hart auf den Rahmen, und er griff mit beiden Händen nach der dünnen Metallstange. Als er einen festen Halt hatte, ließ er seine Füße vom Metallrahmen gleiten und schwang sie zur Feuerleiter seines Gebäudes hinüber. Er löste seinen Griff und ließ sich auf die Plattform darunter fallen. Der metallische Klang des Aufpralls setzte sich durch die ganze Struktur fort.
»Ich werde zu alt für so eine Scheiße«, murmelte er und lehnte sich gegen die solide Wand seines Appartementhauses. Was hatte sie damals eigentlich geritten, das auszuprobieren?
Er war jetzt vor seinem eigenen Küchenfenster. Er hielt sein Smartphone gegen das Magnetschloss des Fensters und strich über das Display. Das Fenster entriegelte sich. Er presste die Hände flach gegen das Glas und drückte. Langsam quälte sich das uralte Fenster nach oben, bis der Spalt breit genug war, um hindurch zu klettern. Er sank auf den Küchenboden und blieb dort für einen Augenblick sitzen.
Als sein Herzschlag sich normalisiert hatte, schlich er auf Zehenspitzen zur Wohnungstür und spähte durch den Türspion. Er konnte zwei Personen auf dem Korridor sehen. Anzugträger. Lange Wollmäntel. Möglicherweise Russen. Leon wich von der Haustür zurück, als ob sie aus Sprengstoff wäre, der jeden Augenblick explodieren konnte und ging zurück in sein Zimmer. Er schloss die Tür und holte einmal tief Luft.
Er hatte offenbar gar keine Wahl. Nicht nur das Leben seines Onkels war in Gefahr, auch hinter ihm waren die Schläger her. Er hatte nie davon gehört, dass die russische Mafia besonders freundlich war, und er zweifelte daran, dass sie nett zu ihm sein würden, nur weil er noch minderjährig war.
Er ließ sich in seinen Stuhl fallen und tippte sanft mit seinem Smartphone gegen seinen Tisch. Das 36 Zoll Display erwachte zum Leben. Leon ließ seine Hände darüber gleiten, bereitete eine Nachricht an seinen Onkel vor.
Ich mach es. Aber du musst diese Schläger von mir und meiner Familie fernhalten. Ich kann nicht arbeiten, wenn ich um mein Leben fürchten muss.
Die Antwort kam nur ein paar Sekunden später. Leon sah auf die Uhr und fragte sich, wie spät es in Moskau sein mochte und ob sein Onkel jemals schlief.
Die Mail war umfangreich – Leon sah, wie seine Bandbreite kurzfristig in die Höhe schoss. Aber die Textnachricht war nur kurz:
Okay. Aber ich kann sie dir nur für drei Tage vom Hals halten. Danach werden wir beide in Schwierigkeiten sein, wenn du nichts liefern kannst ‑ Alex
»Scheiße«, murmelte Leon. Wo war er da nur hineingeraten?
Der Anhang der Nachricht seines Onkels war immens. Leon arbeitete auf seinem Touchscreen, trennte das Datenpaket auf und sah sich jede einzelne Datei an. Es waren die Quellcodes für ein Dutzend Viren, die sein Onkel geschrieben hatte. Dazu die Binärcodes für Dutzende weiterer Computerviren, die er überall auf der Welt gesammelt hatte. Außerdem gab es Spezifikationen für das Interface, das sein Onkel als Administrator-Tool benutzte, um infizierte Computer zu steuern. Er fand auch Informationen über die Arbeitsweise von Antivirenprogrammen und Auszüge aus Newsgroups von Virenentwicklern. Offenbar hatte sein Onkel erwartet, dass er zustimmen würde, und ein umfangreiches Archiv an Wissen über Computerviren vorbereitet.
Leon fiel die Kinnlade herunter. Was sollte er mit all dem anstellen? Wieder sank er in seinen Stuhl zurück, schloss die Augen und dachte nach.
Stunden später schlurfte Leon in die Küche. Er nahm sich eine Dose gesüßten japanischen Kaffees aus dem Kühlschrank und ein Stück Kuchen vom Tresen. Er schlich wieder zur Haustür, den Mund noch voll Kuchen, und spähte durch den Türspion. Endlich waren die Kerle weg. Es war eine Weile her, seit er seinen Onkel kontaktiert hatte, und die Schläger mussten erfahren haben, dass er zugestimmt hatte, seinem Onkel zu helfen. Ein Teil von ihm war erleichtert, da er nicht gewusst hatte, wie er das alles seinen Eltern erklären sollte. Dafür lag jetzt ein riesiger Haufen Arbeit vor Leon, aber er hatte sich immerhin auf eine grobe Herangehensweise festgelegt. Er hatte sich interessiert die Beispiele angesehen, die ihm sein Onkel geschickt hatte. Aber er hatte keinerlei Erfahrungen mit dem Schreiben von Computerviren und