A.I. APOCALYPSE. William Hertling
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»Boss, ich tue, was ich kann.« Alexis nippte an seinem Sake aus einem kleinen japanischen Porzellanbecher. »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass der Sohn meines Bruders daran arbeitet. Er ist brillant.«
Es knackte in der Leitung. »Sie halten mich seit über drei Monaten hin.«
»Morgen haben wir etwas für Sie. Der Junge wird mir heute noch den Quellcode schicken. Ich werde ihn dann freisetzen. Bis übermorgen haben Sie Ihr Botnetz zurück.«
»Wenn nicht, breche ich Ihnen beide Hände. Dann können Sie zusehen, wie Sie Ihre ach so tollen Computer bedienen.« Die Verbindung wurde abrupt getrennt.
Alexis lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und nahm noch einen Schluck Sake. Er hatte einst das größte Botnetz der Welt betrieben. 30 Millionen Computer an der Zahl. Er war ganz oben gewesen, hatte sich Respekt verschafft.
Und wo war er jetzt? Wie ein altes Mütterchen blickte er auf die glorreiche Vergangenheit zurück. Das Botnetz war bei 5000 Computern und schwand rapide. Was immer auch den Botnetz-Virus identifizierte und beseitigte, war unbarmherzig. Sein Schicksal würde auch unbarmherzig sein, wenn er nicht bis morgen Nachmittag eine Lösung hatte. Er hoffte, dass der Junge sich beeilen würde. Es gefiel ihm nicht, dass er den Sohn seines Bruders einspannen musste, aber verzweifelte Zeiten …
Alexis saß vor seinem Computer, rauchte Kette und leerte die Flasche mit dem Reiswein. Fast jede Minute sah er in seine Inbox. Er drückte seine Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus und ließ den Stummel auf den Boden fallen, zog eine frische Zigarette aus der Packung und wollte sie gerade anzünden, als er den Signalton seiner Inbox hörte.
Der Junge! Eine Nachricht von Leon! Gott sei Dank. Alexis holte tief Luft. Für einen Moment schien es fast, als würde er in Tränen ausbrechen. Er öffnete die Mail und sah im Anhang eine komprimierte Datei. Das war der Quellcode für das Virus. Nervös öffnete Alexis die Datei. Er hatte keine Zeit zu verlieren, wenn er bis morgen Resultate vorweisen wollte.
Er machte sich daran, Leons Quellcode zu inspizieren. Er, Alexis Gorbunov, mochte in der Welt der Computerviren ein Fossil sein, aber er wusste noch das eine oder andere. Zeile für Zeile ging er durch den Quellcode.
Der dichte Programmcode war in der aktuellsten Skriptsprache verfasst. Irgendein Klon von Ruby oder C#. Wer zum Teufel hatte diese Sprachen erfunden? Alexis arbeitete sich durch viele Bildschirmseiten von Code und bemühte sich, ihn zu verstehen. So einen Virus hatte er noch nie gesehen. War das eine Coderoutine für Gentranskription? Dachte der Junge etwa, es ginge um einen echten, biologischen Virus? Nein, so dumm war der Junge nicht. Aber vielleicht ein wenig zu schlau.
Der Junge hatte dem Virus einen Namen gegeben. Phage. Alexis grunzte. Er wusste nicht, was das bedeutete, aber es hatte einen guten Klang.
Er holte tief Luft und trank seinen letzten Tropfen Sake. Um bis morgen Resultate vorweisen zu können, musste er den Virus sofort freisetzen und darauf bauen, dass er funktionierte. Er hatte keine Zeit für eine gründliche Durchsicht oder einen Testlauf. Er änderte nur ein paar Variablen, um wenigstens etwas getan zu haben. Er erhöhte die Aggressivität des Virus und senkte die Verteilungsverzögerung. Das waren nützliche Veränderungen, wenn er bis zum nächsten Tag Ergebnisse vorweisen wollte.
Alexis benutzte sein Administrator-Tool, um die kompilierte Virendatei auf die kümmerlichen Reste seiner Botnetz-Armee hochzuladen. Die Datei war klein und ließ sich in wenigen Augenblicken hochladen. Er startete die Datei aus der Ferne, brachte die 5000 Bots dazu, den Code auszuführen und sich dadurch selbst zu infizieren.
Er lehnte sich wieder in seinen Stuhl zurück und zündete sich endlich seine Zigarette an. Nur wenn das klappte, würde er die nächste Woche erleben. Alles hing jetzt von dem Virus ab.
Die 5.000 Rechner unter Alexis' Kontrolle erhielten den neuen Virus direkt von der Kontrolleinheit des Botnetzes. Die 5.000 PCs teilten sich lokale Netzwerke mit etwa 25.000 anderen Computern. Ganz so wie Leon es geplant hatte, war das Phage-Virus hoch infektiös und befiel fast augenblicklich 15.000 dieser Rechner. Sobald es auf einem Computer installiert war, begann Phage, Dateien zu analysieren, auf der Suche nach neuen Algorithmen, die es aus der installierten Software assimilieren konnte. Es fügte diese Bausteine zusammen, nutzte Zufallszahlengeneratoren und evolutionäre Algorithmen, um Entscheidungen zu treffen und das Verhalten seiner ›Kinder‹ zu verbessern. Die ›Kinder‹ würden dann mit allen bekannten Methoden verbreitet werden. Dieser Zyklus würde sich unbegrenzt wiederholen, denn der Virus funktionierte analog zu organischem Leben.
Eine Stunde später gab es bereits 72 einzigartige Virusvarianten, die mehr als 100.000 Rechner infiziert hatten. Die Vervielfältigungsrate, also die Schlüsselgröße, die das CDC – Center of Desease Control – zur Bestimmung der Teilungsrate bei Mikroben verwendete, lag bei einmal alle 13 Minuten.
In der zweiten Stunde stieg die Vervielfältigungsrate leicht auf einmal alle 12 Minuten. Gegen Ende der zweiten Stunde waren mehr als 3,5 Millionen Computer befallen, und es gab fast 2.000 verschiedene Varianten des Virus.
Aber die Vervielfältigungsrate stieg weiter auf einmal alle 10 Minuten. Drei Stunden nach der Freisetzung waren bereits 1,5 Prozent aller Computer auf der ganzen Welt infiziert.
Ab diesem Punkt sorgte Phage weltweit für Aussetzer in der Datenbandbreite. Die transatlantischen Glasfaserkabel waren ausgelastet. Die Internetdienstleistungen begannen zu versagen. Innerhalb der vierten Stunde wurden aus 10.000 Virenvarianten 100.000.
Während die Anzahl der infizierten Computer wuchs, fand sich der Computer gelegentlich auf einem Rechner wieder, den er bereits infiziert hatte. Leon hatte diese Situation vorausgesehen. Was der Virus eigentlich tun sollte, war folgendes: Er sollte erkennen, dass der PC bereits infiziert war und die Arbeit einstellen.
Was Leon allerdings nicht vorausgesehen hatte, war ein Evolutionssprung, also die Entstehung eines Virus 2.0 oder V2. Die Verbesserung war nur ein kleines Stück Code aus einer Backup-Software. Wenn V2 auf einem neuen PC ankam, prüfte er nicht einfach, ob der Virus bereits installiert war. Er nutzte einen Prüfsummen-Algorithmus, um sicherzustellen, dass der installierte Virus von derselben Art war. Wenn nicht, würde V2 den Computer reinfizieren und den alten Virus löschen.
Nun infizierte das Virus nicht nur neue Computer, sondern es stand mit sich selbst im Wettbewerb.
V2 verbreitete sich wie ein Buschfeuer in einem trockenen Wald. Für eine Weile sah es so aus, als würde V2 alle V1-Viren ausmerzen. Aber im Laufe derselben Stunde fand sich V1 auf einem Versuchscomputer an der Universität von Arizona, der voll von experimentellen Antiviren-Algorithmen war. V1 assimilierte diese Defensivmaßnahmen und verwandelte sich in eine neue Unterart V1-AV. V1-AV wurde gegen V2 resistent.
Die verschiedenen Varianten kämpften um die Vorherrschaft. Die Vervielfältigungsrate sank auf einmal alle 26 Minuten. Aber in absoluten Zahlen war die Infektionsrate noch immer erschreckend hoch: Gegen zehn Uhr abends waren rund 1 Milliarde Computer oder 8 Prozent aller Rechner weltweit betroffen.
Der Datenverkehr der Viren sickerte in alle Netzwerkknoten ein. Die 100 Millionen Amerikaner, die vor dem Zubettgehen noch einen Film anschauen wollten, beschwerten sich, weil ihr Videostream von der höchsten Bitrate auf die schlechteste Qualität abgefallen war. Smartphones stellten ihren Betrieb ein oder wurden unglaublich langsam, während sie Phage zum Opfer fielen. Die Leute schoben es auf Sonnenflecken, Solarwinde oder Gewitterstürme und legten