Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Mutter fast noch inniger als sonst. Mit Freudentränen begrüßte sie die Ankommende. Da dachte Gabriel auch an seine Mutter. Wie arm und dunkel war ihr Erdenweg gewesen. Wenn sie das alles noch hätte erleben können! –

      Eines Morgens hatte der alte Ferdinand der jungen Hausfrau einen Strauß auf das Fenstertischchen gestellt. Der Strauß bestand aus einer weißen, einer roten Rose und einer Knospe.

      Da das Kind noch schlummerte und der Gatte schon im Garten bei den jungen Obstbäumen tätig war, so stand Anna sinnend eine lange Weile vor dem Strauß. Gabriel überraschte sie in ihrem Sinnen. »Poetin du!« rief er, sie umarmend.

      Anna war völlig erschrocken aufgefahren und glitt sich nun mit den Fingerspitzen über die Schläfe.

      »Ja freilich,« sagte sie dann schalkhaft, »ich lerne dir ja das Handwerk ab. Jetzt habe ich just ein Gedicht gemacht.«

      »Und wird der strebsame Lehrling seine Arbeit weisen?«

      »Ja,« sagte sie, ihren Zeigefinger über die weiße Rose haltend, »das ist das Eheweib!« Dann die Fingerspitze gegen die rote senkend: »Das ist der Ehemann!« Dann leise und schelmisch die Knospe berührend: »Und das ist das Kind!«

      »Anna!« sagte er, »das ist ein schönes Gedicht; doch warum nicht das Eheweib die rote Rose? Und hast du wohl nachgesehen, ob an diesem blühenden Ehepaare keine Dornen sind?«

      »Ach, der garstige Ferdinand!« rief die junge Frau, »die Dörnchen hat er alle weggeschnitten.«

      »Und das tut dir leid?«

      »Weil der Strauß verdorren wird. Zur Rose gehören die Dornen, sonst verkommt sie.«

      Gabriel schritt schweigend durch den Hausflur.

      Anna beugte sich über das schlummernde Kind. »Ach, mein Kind! Deiner Mutter ist bang. – Allzu glücklich sein – es kann nicht taugen ...«

      Als Frau Mildau nun auf Besuch kam, stand der Strauß noch da. Sie lobte die Rosen und stellte sie vor das Fenster, weil für das Kind der Duft betäubend sei.

      Am Abend des Marientages, während eines Gewitters, sagte Anna ganz ohne Anlaß: »Gabriel, du mußt länger leben als ich. Sonst wär's mein bitteres Verderben. Tu mir den Strauß weg! Den Strauß tu mir weg! Ich mag ihn nicht mehr sehen.«

      An demselben Abend – da die Großmutter bei dem Kinde war – gingen sie in das Engtal hinein, in welchem das Wildwasser des Gewitters noch rauschte.

      »Eine glückselige Stunde!« sagte er und schmiegte sich an sein Weib, »jetzt sehe ich wieder einmal, wie schön dieses Tal ist und dieser Wald und diese Welt!«

      Anna lächelte und sprach: »Trippelt nur erst der kleine Sepp zwischen uns einher, dann schau' die Welt mit sechs Augen an ...«

      Sie rang nach ihrer natürlichen Heiterkeit.

      »Ich möchte dir gern einmal etwas sagen, Gabriel!« sprach sie plötzlich.

      Er blickte sie an. »Wir wollen uns dazu auf diesen Stein setzen«, entgegnete er.

      »Gehen wir noch ein wenig weiter; gehen wir bis zum Baumstrunk dort.«

      Als sie auf dem Baumstrunk saßen, lauschten sie dem Tosen des Wildwassers und blickten in die braunen Wellen, die allerlei Getrümmer mit sich wälzten.

      »Nun, Anna!« sagte Gabriel.

      »Sollst dich vorbereiten, Gabriel –«

      »Wie meinst du das?« –

      »Hier rauscht das Wasser so,« sagte Anna, »laß uns bis zum Wegkreuz gehen.«

      Sie gingen bis zum Wegkreuz. Dort blieben sie stehen.

      »Gabriel,« sagte Anna, »jene Kleider, die ich vor zwei Jahren unterwegs in die Einödwälder getragen habe –«

      »Was, mein Herz?«

      »Sie sind in der Lade des Betpultes ...«

      Sie stockte und atmete schwer. Gabriel blickte ihr ins Angesicht. Auf diesem Angesichte lag jetzt ein erschreckend wundersamer Ausdruck.

      »Und dann –«, fuhr sie fort, und wieder schwieg sie.

      – »Nein, Gabriel, ich will dir's ein andermal sagen.«

      – Sie gingen schweigend dahin.

      Als sie wieder gegen das Haus hinabschritten und Anna in der wohligen Abendluft aufatmete, sagte der Gatte: »Ich dächte, mein Weib, wir sollten nun, solange die Großmutter bei dem Kleinen bleibt, die Zeit recht benützen. Machen wir Ausflüge!« Damit war sie wohl einverstanden, denn der Mutter vertraute sie das Kind. Gabriel war darüber innig froh; und die freie, frische Waldluft würde sie gewiß erquicken, stärken und erheitern.

      Es wurde gleich für den nächsten schönen Tag eine Partie bestimmt, und zwar zum Waldsee, der Stern genannt, um die Erinnerung an so manche liebliche Stunde daselbst wieder aufzufrischen.

      Dies ist der Tag von Gott gemacht!

       Inhaltsverzeichnis

      Und am anderen Morgen zur frühen Zeit stand Anna am offenen Fenster und rief hell die Worte aus: »Dies ist der Tag von Gott gemacht!«

      Und wahrhaftig, das war ein Morgen voll Frische und Licht und Reine, voll Leben und Lust, ein Tag zum Erwachen aus der Weltheit, zum Aufschwingen in das Reich des Hehren und des Schönen, ein Tag zum Freudigsein – ein Tag von Gott gemacht!

      Auf dem Fenstertisch lag die Zither. Anna begrüßte den Tag durch das Lied »Waldesruh«. Es war ein unsagbar zartes, seelisches Spiel, es war, als habe sich das Herz der jungen Frau in Töne und Klänge aufgelöst, um hinauszuzittern in Gottes wunderbare Welt.

      Das Spiel lockte sogar einen Gast herbei. Ein Vogel mit silberschimmerndem Gefieder hüpfte im Laubwerk vor Annens Fenster, horchte zuerst ein wenig der »Waldesruh«, sang und jauchzte dann und flüsterte ins Gemach: »Ich wüßt' was, ich wüßt' was! Soll ich's nennen?« – Dann flatterte das Tier plötzlich ins Zimmer, aber sogleich wieder hinaus und hin über die Wipfel des Baumgartens und hin gegen den Wald.

      Gabriel und Anna rüsteten sich, und der alte Ferdinand kam wichtigtuend mit seinem Birkenstock heran: »Hausfrau, diesen Stab müßt Ihr heute tragen, es ist Segen daran!«

      »Meine Mutter!« sagte Anna und nahm Frau Mildau an der Hand. »Du hütest ja mein Kind!«

      Dann kniete sie nieder vor der Wiege: »Du schläfst, Herz, und deine Mutter geht davon. – Nein, das ist nicht recht.« Sie blickte zum Gatten auf: »Gelt, Gabriel, du meinst es auch, die Mutter soll beim Kinde bleiben?«

      »Na, so macht nur einmal fort, ihr gefühlsseligen Leut'!« rief Frau Mildau, »hoffentlich wandert ihr nicht ins Amerika, und unsereins versteht doch auch noch einiges von der Windelwirtschaft. Gott hüt' euch und kommt beizeiten wieder zurück!«

      Gabriel verstand die Unruhe der jungen Mutter wohl; es war

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