Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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der Schlummernden. Kein einziges Wort hatten sie ihn noch sprechen gehört seit der Stunde, da er mit Annen hinausging gegen die Wälder. Daher wußten sie nicht, wie sich das Schreckliche begeben. Die Bewohner der Gegend waren herbeigekommen; völlig zu klein wurde das Haus. Viele waren der Ansicht, die Frau sei vom Blitze getötet und der Mann durch denselben gelähmt worden.

      Die Untersuchungen der Ärzte ergaben nichts Bestimmtes; aber der Tod muß einen Namen haben, so gut wie das Leben.

      Das Wort »Herzlähmung« schrieben sie in seinen Passierschein.

      Bald war Herr Mildau aus der Stadt gekommen. Wohl brach auch er zusammen vor der Bahre seines über alles geliebten Kindes; doch mit des Mannes Willenskraft raffte er sich wieder auf, um die Bestattung anzuordnen mit derselben Umsicht, mit welcher er einst das Hochzeitsfest geleitet hatte. – Das erste war, daß er mit rücksichtsvoller Gewalt den Gatten von der Bahre hinwegführte. Er geleitete ihn in das Gemach und legte ihm das Kind in den Arm.

      Der Knabe schmiegte das Händchen um des Vaters Nacken, lachte mit den großen Augen und streichelte seine Wange – geradeso, wie es die Gattin getan, wenn sie ihn in kleinen Dingen zu trösten hatte und beruhigen wollte. – Und jetzt – jetzt brach er aus, der wilde, unbändige Schmerz in einen Tränenstrom. Im ganzen Hause hörte man sein Weinen, und da sagten die Leute: »Er ist gerettet.«

      In den großen Saal ließ man ihn nicht mehr treten. Auf dem mit wildem Weinlaub umrankten Söller saß er und blickte in die Wälder hinaus.

      Wollt ihr mein Bräutchen sehn?

       Trägt ein weiß Kleidchen schön,

       Hochzeitsleut' tanzen

       Ums festliche Haus ...

      Die Gattin des Waldsing wurde im schönen Tal von Karnstein bestattet. – Der Trauerzug war groß und echt bis ins Herz eines jeden, der daran teilnahm. Der Sarg, hinschwebend durch den sonnenfunkelnden, lebensfreudigen Morgen, war ganz bedeckt mit Kränzen aus Wäldern und Bergen, welche die Bewohner der Umgebung herbeigebracht hatten. Die Liebe, die Dankbarkeit will zu solchen Stunden sichtbar werden.

      Das Grab auf dem Kirchhof, nicht weit von jenem der Mutter Gabriels, war holdsam ausgerankt mit grünendem, blühendem Gezweige – ein Rosenbettlein war's, auf das sie den Schrein hinabsenkten.

      Seit einem Tage war der alte Ferdinand vermißt. Nun, als sie darangingen, das Grab zu decken, kam das Männlein atemlos herbeigehastet, einen Kranz tragend, geflochten aus edlem Weiß, das auf hohen Bergen wächst. »Mein Annchen! das Hochgebirge ist deine Freud' gewesen. Der höchste Berg im Land schickt dir den Gruß!«

      Das Edelweiß war das letzte, was diese Welt ihr gab. Und nicht anders zu bezeigen wußte Ferdinand seine Lieb', als daß er ihr zum letzten Gruß sein Leben ausspielte auf hohem Firn.

      In wenigen Tagen nachher ruhte auch der Alte. Er hatte sich die Seele aus dem Leib gelaufen bei diesen Begebenheiten.

      Gabriel war von Freunden bewacht; er hatte der Bestattung nicht beiwohnen können. In den großen Saal wollte er treten, wo rings um die leere Bahre noch die Lichter brannten zwischen den Gewächsen. Der Eingang war ihm verwehrt. Auf dem Söller kauerte er und hörte die Glocken läuten in Karnstein und im Walde, wo das Kirchlein stand. Und als die Glocken schwiegen, murmelte er:

      Jetzt bin ich ganz allein

       In diesem Totenhain;

       Sang und Klang, Sonnenschein

       Ist mir zur Pein.

      Stammer hatte oft in heiterer Laune den Wunsch ausgesprochen: »Etliche Tage möchte ich mich überleben, um mein Leichenbegängnis mit anzusehen und zu hören, wie die Leute den Toten loben.«

      Wie alle seine Wünsche bisher, so wurde ihm auch dieser erfüllt. In seinem Weibe sah er sich begraben. Er fühlte, das Beste seines Wesens ging mit ihrem Sarge zur Erde. Die Seele dahin. Das Ideal gestorben. – Einen wandelnden Leichnam sah man schwanken über die Auen zwischen dem Hause und dem Gottesacker. – Gestorben! – Des Tages unzähligemal sah er sein Weib sterben und starb mit ihr. Der alte Heidepeter sagte zu ihm: »Gabriel, da kannst du nichts machen. Denke an den Stärkeren. Ergib dich in seinen Willen.«

      »O mein Lebenslauf!« rief Gabriel, »o mein Lebenslauf! Wieder Gabriel in der Einöde!«

      Die Liebende nach dem Tode

       Inhaltsverzeichnis

      Seelenlos blätterte Gabriel zuweilen in den Schriften großer Männer. Unbefriedigt legte er sie wieder aus der Hand: frohen Geistes läßt sich's so bequem weise sein, so salbungsvoll von Ergebung sprechen.

      Durch die Wälder irrte er verloren umher.

      »Ach,« seufzte er einmal, »wäre ich nur noch ein bißchen Poet! Es geht der Spruch, daß einen aus verborgenen Blumen der Wildnis die Toten grüßen. – Nein, mein Herz wird für derlei nimmer warm, und verloren habe ich alles, alles ...«

      Nicht weit von ihm rauschten die Wasserfälle des Sees am Stern. Dort war die Annenruh, warum nicht auch die Gabrielsruh? – Ewige Ruhe verleihe den Seelen!

      Gabriel ging hin und starrte in den See. – – Vorher wollte er noch was in sein Notizbuch schreiben und es dann auf einen Stein legen am Ufer. Da findet er im Notizbuch einen Brief. Der ist – von ihrer Hand. – Heidepeters Gabriel hat den Brief gelesen:

      » Mein lieber Gabriel!

      Wenn du dieses Schreiben findest, werde ich nicht mehr bei dir sein. Wenn mich aber meine Ahnung täuscht und diese Zeit, von der ich fürchte, vergeht, ohne mich fortgenommen zu haben, so will ich den Brief vernichten, und du sollst von ihm nichts erfahren. – Ich kann dem Drang, diese Zeilen zu schreiben, nicht widerstehen, denn es ist etwas, das mir sagt, ich müßte bei dir sein, wenn du wieder allein bist. – Ich bin allzu glücklich gewesen bei dir und unserem Kinde. Das kann nicht lange währen. Es wäre mir wohl leichter ums Herz, wenn ich darüber mit dir sprechen könnte, aber ich kann's nicht.

      Schau, Du mußt nicht trostlos traurig sein. Ich bin Dir nur ein wenig vorausgegangen, wir werden immer und immer beisammen verbleiben. – Solange Du aber noch auf Erden lebst, solange genieße das Leben, wie Gott es gibt, und sei wieder freudig, ich bitte Dich darum. Du erzähltest einmal von einem hartgeprüften Mann, der alles, was er liebte, verloren, im stillen Wohltun und in der Vervollkommnung seiner selbst den Frieden gefunden hat. Gabriel, sei wie dieser Mann. Du wirst gewiß wieder glücklich werden, gewiß, gewiß, und ich werde bei Dir sein.

      Und Dein treues Herz, mein Gabriel, das mich so süß und einzig hat liebgehabt, das mußt Du nicht töten. Siehe unser Kind, das mußt Du jetzt lieben, für Dich und für mich. Und gedenke, in ihm bin und bleibe ich bei Dir. – Das mußt Du nimmer vergessen. Wenn ich nur weiß, Du bleibst aufrecht und trägst den Schlag wie ein Mann, dann erwarte ich ergeben die Stunde. Schau, mein lieber Mann, wir sinken alle an unseres Herrgotts Herz, ob heute oder morgen. Und wir sind mitsammen glückselig verbunden. Singe nur frisch, mein Waldsing Du, ich höre Dich gerne. Und sooft Du einem Blümlein begegnest im Walde, denke, es ist ein schöner Gruß von Deiner

      Anna

       * * *

      Ein unendliches Gut hatte

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