Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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war dabei gewesen in der Rabenkirche, da sie den Mord geplant, er war dabei gewesen im Hause des Weißbucher, da sie den Mörder verleugnet. Er war der Hauptschuldigen Einer, auch für ihn ist dazumal in der Kirche ein Kopf vom Rumpfe gefallen.

      Als die Leute sich auf der Höhe um das Haus versammelten, ging über dem Trasank der Morgenstern auf. Sie, von ihren Fackeln geblendet, sahen ihn nicht. Sie johlten wie eine Rotte von wilden Buben und trieben sich balgend, lachend und fluchend durcheinander. Die ruhigsten von ihnen waren die Taschendiebe und von den Feueranbetern die Glühendsten waren jene fahlfarbenen Gesellen, welche den Weibern nachhuschten. An den Branntweinbänken wurden Ehen geschlossen und Todtschläge geschworen.

      Der Bart verwies Einigen das tolle Trinken.

      »Das Brennwasser willst uns neiden!« schrie einer der Wildesten, »alter Gotteslästerer, man soll dich würgen! Im Branntwein ist der Herrgott drin, siehst Du?« Er goß den Zuber auf das Brett aus, warf einen brennenden Span drein und die Flüssigkeit lohte in blauer Flamme auf.

      Die Waaren zahlten sie seit Langem schon durch Tausch. Für Branntwein: Wildpret, für Vögel: Fische, für Kümmel: Essig, für Waldnüsse: Käse, für Wurzeln: Beeren, für Wolle: Häute, für Bänder: Nägeln u. s. w. Dabei gab’s Zank und streit in Fülle und Mancher pries die Zeit, da Trawies seinen Pfarrherrn hatte, nur weil es dazumal auch Schinderlinge gegeben. Es gab deren noch, aber Keiner wollte sie nehmen, man durchlöcherte die Münzen und trug sie als Schmuck an den Hälsen, und der Liebende bag als Dank einen Schinderling und die Geliebte schleuderte ihm das Geldstück ins Gesicht und forderte Fleisch und Branntwein.

      Ähnlich trieb sich’s auch heute bei dieser Kirchweih auf dem Johannesberg, zur Stunde, da das Bethaus im blassen Scheine des werdenden Tages stand.

      Da wurde das Treiben plötzlich unterbrochen. Wahnfred, von mehreren alten Männern begleitet, stieg von seinem Hause herab und trug das Heiligthum – das Ahnfeuer.

      Allsogleich schlug in der Menge die Stimmung um. An der Stelle der Ausgelassenheit trat die Bigotterie mit ihren Schwärmereien und fanatischen Ausschreitungen. Man fiel aufs Angesicht nieder und streckte die Arme aus, Weiber geriethen in Verzückung, denn sie hatten getrunken. Sie kreischten dem Feuer Bittgesänge zu, die im Lärm der Hinundherwogenden wie der Schrei des Schiffbrüchigen im Orkan erstickten. – Zwei Männer mit langen Stäben gruben in der Menge eine Gasse, und durch dieselbe zog Wahnfred im Paltrock, an seine Brust gelehnt das in einer Laterne brennende Ämplein. Der matte Schein desselben streifte die verwitterten und verwilderten Gesichter der Knienden und kämpfte mit dem Morgenroth. So zog Wahnfred in den Tempel ein und hinter ihm drängte sich stoßend, schlagend, lachend und fluchend die Menge nach, bis der Letzte drinnen war. Und als der Letzte drinnen war, fiel das Pförtlein krachend ins Schloß. An den inneren Wänden zuckte das Roth des Ahnfeuers, das dem Altar zugetragen wurde. Und als das Ahnfeuer am Altar war, schlug aus demselben ein Flämmchen an die niederhängende Strohkette ....

       Erlefried und Sela waren durch den Wald und immer durch den Wald gegangen. Sie hatten keine Fackel, sie führten sich an der Hand, sie sagten kein Wort. Erst als sie auf einem freien Platz gekommen waren, wo der Morgenstern über ganz anderen Baumwipfeln stand, als er hätte stehen sollen, bekannte Erlefried, er hätte den Weg verfehlt. Das Mädchen vertraute ihm. Sie dachte an jenen Sonnenwendmorgen vor Jahren, da sie mitsammen als Kinder zur Wildwiesen hinangestiegen. Auch damals hatten sie sich verirrt und kamen in die Dornen. Damals wußte der kleine Erlefried so schöne Märchen zu erzählen. Das hat sich geändert. Je größer und schöner, desto schweigsamer ist er geworden. Heute sagt er gar nichts mehr.

      Viel zu weit links waren sie gekommen, und zur rechten Hand hatten sie nur die aufsteigenden Felsen. So dachten sie nicht mehr an den Johannesberg, sondern gingen immer weiter, immer vorwärts. – Eines folgte dem Anderen, Keines wußte wohin.

      Die Bäume standen im Morgenroth, die Vöglein sangen in heller Lust. Der pfad zog wieder thalwärts und verlor sich allmählich im Struppwerk. Der Jüngling und die Jungfrau waren ganz allein, nur die Vöglein waren mit ihnen überall. Sie schritten still zwischen dem Gestämme hin, sie kamen ins Brombeerlaub, sie traten auf das kraut der Einbeere, sie schreckten manche Eidechse auf unter ihren Füßen. Sie wanden sich durch Haselnußgesträuch, immer üppiger rankte, wölbte sich das Gebüsch um die zwei jungen Menschen – endlich vermag unser Blick ihnen nicht mehr zu folgen.

      Von diesem Waldgang sagte der Chronist: »Und sie dergestalt selbander gewest seynd, haben sie nit anders vermeinet, denn sie wären in der Himmlischen Freid.«

      Vergebens horchen wir nach ihren Schritten, warten vergebens auf ihre Umkehr. Und wie wir so horchen, da geht etwas sonderbares durch die Luft. Es ist, als wenn Saiten gespannt wären über die Höhen von Fels zu Wald und plötzlich fahre eine unsichtbare Hand wild in die Saiten. So schrillt es lang getragen und gebrochen seltsam durch die Luft, dann ist alles still. – Ein paar Spechte schießen planlos im Gewipfel um und kreischen.

      Tief in der Schlucht, wo ein bemooster Weg gegen das Haus des Firnerhans hinausführt, kamen die zwei jungen Menschen aus dem Dickicht wieder hervor. Ihre Gesichter waren rosig erblüht, ihre Herzen zitterten leise, zitterten selig nach, als hätten sie ihn gesehen, der von Ewigkeit zu Ewigkeit seinen Kindern die Freude giebt. Sie schwiegen noch immer. Sela schlug ihre Augen nieder auf das graue Moos; Erlefried hob das seine – feucht und glühend wie es war – gegen den Himmel und wunderte sich, daß die Sonne schon so hoch stand und daß sie heute so roth war. Über dem Gipfel des Johannesberges lag eine finstere Wolke, die mit ihren rothbraunen Rändern weit über den Himmel hin und als blazender Schleier an der oberen Trach, wo die Kirche stand, in das Thal niedersank.

      Als sie weiter unten in die Lichtung gekommen waren, sahen sie, daß die Wolke dicht und schwer, sich selbst beschattend, aus der Spitze des Johannesberges aufstieg, als wäre dort ein Vulkan ausgebrochen.

      Erlefried wurde blaß. Er sah auf der Höhe kein Haus.

      Einer von Allen, die hinaufgestiegen waren zum Berge des Johannes, um die Sonnenwende und das Feuerfest zu begehen, ist zurückgekehrt. Im Erzählen dessen, was er geschaut, hat ihn der Wahnsinn erfaßt. Seine Spur ist bald verloren gegangen.

      Erlefried und Sela sind geflohen, so weit sie ihre Füße haben getragen. Auf fernen Auen, wo kein trüber Rauch die Sonne umhüllte, haben sie ein neues Leben angefangen.

      In einer schwülen Sommernacht desselben Jahres kam vom Niedergange her ein mächtiger Sturm. Er wühlte auf dem Berge die Asche empor und streute sie hin über die grünen menschenleeren Wälder von Trawies.

      Jakob der Letzte

      Eine Waldbauerngeschichte

       Inhaltsverzeichnis

       Vorwort

       Erster Teil

       Ein seltsames Pfingstfest

       Das liebe Altenmoos

       Der Mann mit den Tausendern siedelt ab

       Der Kirchgang nach dem Gelde

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