Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marianne Schwarz
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Gitta nahm das Kind in die Arme, drückte es an sich, ihr Blick ging jedoch zu Henrik, der ihr wie das personifizierte schlechte Gewissen vorkam. Kein Wunder, er hatte ›die‹ ja gaanz lange so wie im Fernsehen geküsst. Und wer ›die‹ war, konnte sie sich denken, hatte ohnehin geahnt, dass er die Hände nicht von ihr lassen würde.
Sie versuchte, sich ihre Enttäuschung und Verzweiflung nicht anmerken zu lassen, was ihr auch recht gut gelang. Henrik hatte mit sich zu tun, die Röte der Beschämung war ihm deutlich anzusehen,
Reni hingegen nahm strahlend das Päckchen in Empfang, das Gitta ihr in die Hand drückte.
»Was ist da drin?«
»Mach es auf, dann weißt du es.«
»Du musst mir helfen.«
Gitta nickte nur und half der Kleinen dann beim Auspacken. Zum Vorschein kamen eine Tüte mit Schokoladenkäfern und ein rot-weiß gestreiftes Etwas mit großen Kulleraugen, Katzenohren und Reißverschluss.
»Das ist ein Sorgenfresserchen«, erklärte sie dem Kind. »Dem kannst du einen Namen geben und ihm alles anvertrauen, was dich ärgert.«
»Und wie soll ich das machen?«
»Solange du noch nicht schreiben und lesen kannst, malst du ganz einfach ein Bild, faltest dieses zusammen und steckst es hier hinein.« Sie hatte inzwischen den Reißverschluss geöffnet, nahm ein Blatt Papier vom Tisch und zeigte der Kleinen, wie das Spielzeug zu gebrauchen war.
»Und wenn es da drin ist, wird alles wieder gut?«
»Ja, Reni, dann wird alles wieder gut«, bestätigte sie, obwohl sie daran nicht glauben konnte. Henrik hatte sich offenbar mit seiner ehemaligen Frau versöhnt, was sie auch erwartet hatte. Das war das Ende ihrer Beziehung. Sie wusste nur nicht, wie sie das dem Kind beibringen sollte.
»Dann male ich jetzt was.« Die Kleine setzte sich auf einen der beiden Stühle, die an einem niedrigen Holztisch standen, nahm sich ein Blatt Zeichenpapier und begann, in ihrer Stifteschachtel zu kramen.
»Das ist eine gute Idee«, meinte Gitta lobend und verließ dann den Raum. Henrik folgte ihr mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. Gleich würde sie ihn fragen, wie Reni und er die letzten Tage verbracht hatten.
Das tat sie jedoch nicht. Sie kümmerte sich nur wie immer um das Abendessen, lachte und scherzte mit dem Kind, brachte es zu gewohnter Zeit zu Bett und erzählte ihm eine Gute-Nacht-Geschichte, blieb aber alles in allem ziemlich einsilbig und in sich gekehrt. Und sie packte auch ihre Reisetasche nicht aus. Die stand auch um zwanzig Uhr immer noch im Flur.
Henrik nahm ihr Verhalten mit Sorge zur Kenntnis.
*
Zu späterer Stunde ertrug er dieses Schweigen nicht mehr und erkundigte sich wie nebenbei: »Na, wie war es mit Elsie im Spreewald?«
»Ziemlich anstrengend.« Gitta lächelte gezwungen. »Ich werde daher früh schlafen gehen. Reni braucht mich ja vorläufig nicht.«
»Nein, aber ich brauche dich.«
»Lass deine frommen Lügen!«, fuhr sie ihn heftig an. »Im Bad steht Parfüm, das nicht meines ist, du hast die Betten neu bezogen und das Bettzeug gleich gewaschen. Wahrscheinlich soll ich nicht mitkriegen, dass deine Ex-Frau hier übernachtet hat. Und nach Renis Aussage habt ihr euch wieder vertragen. Ich weiß nun, woran ich bin, und werde fortan wieder bei mir wohnen. Ich habe dort ja immer noch ein Zimmer und werde mich mit meiner Untermieterin schon einigen.«
»Um Gottes willen, mach doch so etwas nicht! Das will ich nicht! Bleib doch hier! Es ist nicht so, wie du glaubst.«
»Für die Kleine werde ich natürlich auch weiterhin ihre Freundin sein«, sprach sie weiter, ohne auf seine bittenden Worte einzugehen. »Sie kann ja nichts dafür, dass du mich – betrogen – hast. Oder etwa nicht?«
»Doch, aber wir haben uns nicht versöhnt.«
»Aha«, erwiderte sie mit beißendem Spott. »Und weil ihr nach wie vor verkracht seid, habt ihr miteinander geschlafen. Für wie dumm hältst du mich eigentlich?«
»Ich kann dir alles erklären. Komm, wir setzen uns jetzt irgendwohin und reden über alles in Ruhe.«
»Es ist alles gesagt, oder fast alles. Wir werden natürlich nicht mehr heiraten.« Sie zog den Ring, den er ihr geschenkt hatte, vom Finger, legte ihn auf den Küchentisch und wandte sich anschließend zur Tür.
»Es tut mir so leid, dass ich mich nicht beherrschen konnte.« Er war mit wenigen Schritten bei ihr, hielt sie eisern fest. »Bitte verzeih mir.«
»Ich bin dir nicht böse und verzeihe dir. Du hast eine Entscheidung getroffen, die ich akzeptiere. Nun akzeptiere du aber auch die meine.«
»Bitte, Gitta, denk doch an die schönen Jahre und an Reni.«
»Ich denke an sie, aber sie ist nicht meine Tochter. Sie hat eine Mutter, und die ist die Frau, die du immer noch liebst.«
»Ich weiß nicht, ob ich sie noch liebe.« Henrik sah sie bittend an, räusperte sich und gestand ihr dann: »Sie gefällt mir aber noch. Und als wir uns nach so langer Zeit wieder gesehen haben, hat mein Verstand wohl ausgesetzt. Das soll jetzt keine Entschuldigung sein. Ich weiß, dass es nicht hätte passieren dürfen.«
»Es ist aber passiert. Und nun lass mich gehen. Es ist am besten so.«
Er gab es auf, sie zurückhalten zu wollen, und fragte nur mit gepresster Stimme: »Was soll ich Reni sagen?«
»Dass ich krank bin und sie nicht anstecken will. Nach ein paar Tagen werden wir beide ruhiger sein und mit dem Kind reden. Dann hole ich meine Sachen und ziehe endgültig aus.«
Als sie merkte, dass sie die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, rannte sie zum Flur, riss Jacke, Tasche und Handtasche an sich und verließ fluchtartig die Wohnung, in der sie ein paar Jahre glücklich gewesen war.
Henrik sah ihr verzweifelt nach. Und er begriff, dass er in den vergangenen Tagen alles getan hatte, um seinem Kind die mütterliche Freundin zu nehmen.
Am anderen Abend rief Evelin an und erzählte ihm, dass sie gut daheim angekommen wäre. Als sie sich jedoch für die schöne Zeit bedankte, legte er einfach auf und war auch in den nächsten Tagen nicht zu sprechen.
Aber schließlich und endlich sagte er ihr doch die Wahrheit und bat sie, ihn und das Kind in Zukunft in Ruhe zu lassen. Sie hätte schon genug Unheil angerichtet.
*
Ich halte es nicht mehr aus, ich halte es einfach nicht mehr aus! Henrik hatte eine schlimme Woche hinter sich. Schon wieder hatte ihn eine Frau verlassen, ihn und das Kind.
Und dieses Kind fragte und fragte nach der Tante Gitta, jammerte und jammerte und weinte und weinte. Dieser Zustand war kaum noch zu ertragen. Die Erzieherinnen in der Kindertagesstätte wollten inzwischen schon wissen, welche Probleme sein Kind hatte, die Nachbarn gingen ihm aus dem Weg, und seine Großmutter, der er sein Herz ausgeschüttet hatte, hatte vorwurfsvoll gefragt: »Junge, wie konntest du nur?«
Mehr sagte sie nicht, aber das reichte ihm auch schon.