Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt Staffel

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die etwas abseits neben Silje stand, hob dieser verstohlen das Glas entgegen und flüsterte ihr zu: »Vor neunzehn Jahren um diese Zeit schriest du dich gerade in die Welt. Mädchen, was bin ich doch froh, daß du es tatest! Prosit, auf dein Glück, das auch immer das meine sein wird!«

      Leise klangen die Gläser zusammen, man tat einen langen Zug.

      »Was macht ihr denn da?« fragte Ilona laut und vernehmlich in die feierliche Stille hinein. »Könnt ihr denn nicht warten…«

      »Prosit Neujahr!« rief der Hausherr mit Stentorstimme dazwischen. Und während man fröhlich anstieß, läuteten die Glocken von den Türmen der Stadt und von den beiden Fabriken gellten die Sirenen. Dann knatterte es, heulte und pfiff von Feuerwerkkörpern aller Art, die man auf dem weiten Gelände übermütig losließ.

      Aus dem Saal traten alle auf den Balkon, ergötzten sich ein Weilchen an dem sprühenden Schauspiel, nahmen dann wieder im Zimmer Platz und ließen sich nun die lukullischen Happen gut schmecken, die wie hingezaubert plötzlich dastanden.

      »Nun Herr Seifling« haben Sie Fräulein Berledes ihr Täschchen wiedergegeben?« fragte Ilona spitz das eifrig kauende Mannerchen, das erst den guten Bissen hinunterschluckte und dann eigensinnig den Kopf schüttelte.

      »Nein, ich tu es erst, wenn das Pfand richtig eingelöst ist. Anders ist es Schiebung, und das lehnt ein fairer Kaufmann ab.«

      »Bravo!« schmunzelte der Hausherr, die giftigen Blicke seiner Schwiegertochter ignorierend. Sie war sowieso schon wütend auf den »Despoten«, weil er ihr herrliches Spiel vorhin so »banausisch« unterbrochen hatte. Und nun sagte dieses lächerliche Mannerchen auch noch treuherzig: »Das geht bestimmt nicht gegen Ihren Gesang, gnädige Frau. Sie wissen ja, daß ich ihn gern höre. Aber sein Pfand muß schon jeder selbst einlösen, einspringen gibt’s da nicht. Man kann ja auch nicht zum Zahnarzt gehen und sich für einen andern einen Zahn ziehen lassen…«

      Weiter kam er nicht, weil stürmische Heiterkeit losbrach, die Ilona natürlich übel vermerkte. Denn ihren Gesang mit Zahnziehen zu vergleichen – das war denn doch wirklich die Höhe!

      »Herr Seifling, ich muß doch sehr bitten!« legte sie empört los, doch der Schwiegervater winkte ab, während er sich die Lachtränen aus den Augen wischte.

      »Ach was, Ilona, sei kein Frosch! Mannerchen hat sich im Eifer unglücklich ausgedrückt. Stimmt’s?«

      »Na, was denn sonst?« fragte er verwundert dagegen. »Und nun singen Sie endlich, gnädiges Fräulein, sonst behalte ich Ihr Pfand ein.«

      »Sind Sie hartnäckig!« seufzte das Mädchen, und Muttchen Seifling strahlte.

      »Das war er schon immer, unser Mannerchen. Nun tun Sie ihm schon den Gefallen, Fräulein Silchen, den zu erfüllen, ist doch wahrlich nicht schwer! Wenn Sie stecken bleiben, kommt Mannerchen Ihnen helfen. Er hat einen so wunderbaren Tenor.«

      »Na schön…«, resignierte Silje. »Was soll ich singen?«

      »Was jetzt so richtig paßt, gnädiges Fräulein«, strahlte Mannerchen. »Seit ich ihn gesehen, glaub ich blind zu sein.«

      Silje ging’s nicht so gut wie dem Hausherrn, Philchen und Eike, die blitzschnell zum Taschentuch griffen und es an Nase und Mund drückten. Sie mußte ohne diese Tarnung antworten. Doch während sie es tat, zuckte es ihr verdächtig um Augen und Lippen.

      »Das Lied kenne ich leider nicht, Herr Seifling.«

      »Schade! Aber etwas von Liebe muß es unbedingt sein.«

      »Darf ich einen Vorschlag machen?« meldete sich die Hausherrin, die bisher kaum etwas gesprochen hatte, wie es so ihre stille Art war. »Ich kenne da so ein altes Liedchen, das ich in meiner Jugend sang – und das mir später mein Sohn Thomas vorsingen mußte…«

      Die letzten Worte klangen schon tränenerstickt. Es trat eine peinliche Stille ein, in die Philchen dann mit gemachter Munterkeit hineinsprach, der Schwägerin dabei herzlich zunickend: »Silje kennt das Liedchen und wird es dir gern vorsingen. Nicht wahr, mein Kleines?«

      »Gewiß…«, zeigte das Mädchen sich bereitwillig, obwohl es ihm nicht leichtfallen würde, in der fremden Gesellschaft gerade dieses Lied zu singen.

      Sie setzte sich an den Flügel, und schon trat erwartungsvolle Stille ein.

      Jetzt wird sie sich endlich blamieren – dachte Ilona schadenfroh. Eine Frechheit überhaupt, sich nach meinem wunderbaren Gesang hören zu lassen! Aber mir schon recht – hinterher singe ich dann wieder.

      Mit hämischem Lächeln schmiegte sie sich in den Sessel, dabei nicht ahnend, daß vier Augen sie beobachteten. Wie Unwillen huschte es über das rassige Antlitz des Mannes, doch seine Tante lachte in sich hinein.

      Und dann klang eine Stimme auf, süß und verhalten, voll jugendlichem Schmelz und zarter Innigkeit:

      »Wenn sich zwei Herzen finden,

      so muß es für immer sein,

      sie soll’n sich einander verbinden,

      eins soll das andre betreu’n.

      Beim ersten Kuß am Morgen,

      beim letzten beim Schlafengeh’n,

      soll ohne Bang und Sorgen

      eines dem andern gestehn:

      Ich liebe dich – und du liebst mich,

      so bleiben die Herzen inniglich,

      bis daß der Tod sie scheide…«

      So innig wie ein Gebet verklangen Spiel und Gesang. Müde sanken die schlanken Mädchenhände von den Tasten, der umflorte Blick der wundersamen Mädchenaugen schien in unermessene Ferne zu tauchen – in die Ferne der Erinnerung.

      Denn dieses kleine alte Lied, von den Menschen der Jetztzeit nachsichtig belächelt, war wie ein Treueschwur gewesen zwischen der geliebten Mutti und dem nicht weniger geliebten Paps. Es wurde ihnen zum Morgen- und Nachtgebet.

      »Sentimentaler Kitsch!« höhnte es da laut und vernehmlich in die andächtige Stille hinein.

      Man zuckte richtig zusammen und sah Ilona unfreundlich an. Am liebsten hätte man sie empört zurechtgewiesen. Doch das konnten die Gäste nicht, und die Angehörigen wollten es in Gegenwart eben dieser Gäste zu keinem peinlichen Auftritt kommen lassen.

      So taten sie denn alle, als hätten sie die taktlose Bemerkung nicht gehört, und spendeten der holden Sängerin ganz besonders herzlichen Beifall.

      Man schien auch nicht zu sehen, daß der Hausherrin die hellen Tränen übers Gesicht liefen, griff rasch zum Glas, prostete der verlegenen Silje zu und lachte belustigt, als Mannerchen in theatralischer Pose der Besitzerin das Täschchen überreichte. Er beugte dabei sogar ein Knie, was bei seiner O-Beinigkeit drollig genug anmutete.

      »Und nun bitte ich um den ersten Tanz, Sie kleine Nachtigall!« tat er forsch. »Stellt das Radio an, das wird bestimmt flotte Musik liefern.«

      O ja, die Musik war flott, sehr sogar. Denn man war auf der Sendestation der Ansicht, daß die ersten Stunden im neuen Jahr der Jugend gehörten.

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