Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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stand. Nach einem Schlaganfall, den er schon vor zwei Jahren gehabt hatte, fürchtete der Arzt den nächsten. Der Bauer war nur mehr ein körperliches Wrack, aber schimpfen konnte er noch immer. So warf er Korbinian gleich vor, dass sein Unfall nur durch Ungeschicklichkeit passiert wäre.

      »Und so was will der Hoferbe sein«, lästerte er. »Uli wäre so etwas nicht passiert, aber er ist ja nicht mehr. Gott sei’s geklagt, dass er vor mir gehen musste.«

      »Vater, ich wollte an diesem Tag wegen des Sturmes nicht in den Wald. Du hast mich dazu gezwungen«, verteidigte sich Korbinian.

      Da lachte der Alte bösartig. »Siehst du, und Uli hätte sich nie zu etwas zwingen lassen, was er nicht wollte. Du aber bist ein Schlappschwanz. Das sieht man auch daran, dass du im Rehwinkel geblieben bist und dich von Franzi hast pflegen lassen. Ist das ein Mannsbild, das zuerst den Laufpass kriegt und dann zu allem wieder ja und amen sagt? Wahrscheinlich hast du dich mit Franzi wieder versöhnt. Das würde so zu dir passen.«

      »Ich brauche mich nicht erst mit ihr zu versöhnen, Vater, weil wir uns nie gestritten haben. Uli hat ihr so den Kopf verdreht, dass sie auf ihn hereingefallen ist. Das konnte er ja meisterhaft. Schließlich hat er sogar ein Madl mit einem Kind sitzenlassen, als für ihn das Abenteuer zu Ende war.«

      Der alte Bauer wurde feuerrot im Gesicht. »Red nicht so von unserem Uli, das lass’ ich nicht zu. Ich bin stolz darauf, dass er mir einen Enkel beschert hat. Und dass du es nur weißt, der Stepherl kommt zu uns auf den Hof. Hierher gehört er und nicht zu den Feistauers. Ich werd’ schon dafür sorgen, dass er zu uns kommt.«

      Korbinian sagte dazu nichts. Er wollte keinen Streit heraufbeschwören, weil er sah, dass der Vater schon längst nach Atem rang und ihm das Blut in den Kopf gestiegen war.

      »Ich gehe jetzt an die Arbeit«, sagte er. »Alles werd’ ich noch nicht tun können, aber es wird von Tag zu Tag besser werden.«

      Er verließ die Wohnstube. Warum nur war der Vater so? Und was hatte er jetzt vor? Er würde darauf bestehen, dass Stepherl auf den Hof kam.

      Davon geredet hatte er immer wieder. Jetzt schien er sich das nicht mehr ausreden zu lassen. Uli war nun einmal sein Lieblingssohn gewesen. Dass er sich nicht um Stepherl gekümmert, ja, sogar seine Existenz verschwiegen hatte, scherte den Vater nicht, jetzt wollte er wieder einmal seinen Willen durchsetzen und Ulis Sohn um sich haben.

      Korbinian aber wusste, dass er es nicht fertigbringen würde, Franzi den Jungen wegzunehmen, an dem ihr Herz so hing und der sich unter ihrer liebevollen Fürsorge schon so gut erholt hatte. Aber sich mit dem Vater auf einen Kampf einlassen? Das durfte man nicht riskieren, schließlich sollte der Altbauer jede Aufregung vermeiden.

      Als sich Korbinian das alles überlegte, ahnte er nicht, was der nächste Morgen bringen würde.

      Schon in der Früh kam die alte Barbara in seine Schlafkammer gestürzt. »Es ist passiert«, stieß sie hervor.

      »Was, Barbara?«, fragte Korbinian, der gerade hatte aufstehen wollen.

      »Er ist tot. Dein Vater ist tot. Es muss in der Nacht im Schlaf geschehen sein. Als ich ihm aus dem Bett helfen wollt’, hab’ ich gesehen, dass es vorbei ist.«

      Korbinian, der schon aus dem Bett gesprungen war, eilte in die Schlafstube seines Vaters. Sofort sah er, dass Barbara recht hatte. Der Vater war tot.

      Korbinian drückte ihm die Augen zu. Wieder bedrückte es ihn, dass der Vater nicht hatte mit ihm auskommen können. So war es schon seit Ulis Geburt gewesen. Ihn hatte er immer bevorzugt und ihm seinen Leichtsinn verziehen.

      Als sich Korbinian auf den Weg machte, um alles Nötige für die Beerdigung seines Vaters zu erledigen, überkam ihn eine Erleichterung, dass Stepherl nun bei Franzi bleiben konnte. Er schämte sich dieses Gefühls nicht, auch wenn es um seinen Vater ging. Er hätte Stepherl und Franzi in die größte Unruhe versetzt. Die beiden sollten aber so friedlich weiterleben können wie bisher.

      Korbinian kehrte nur kurz bei Franzi ein, um ihr zu sagen, was passiert war und wann die Beerdigung sein würde.

      *

      Erst als der alte Stettner-Bauer seine letzte Ruhe gefunden hatte, meldete sich der Notar und bat Korbinian zu sich. Das Testament des Vaters lag in der Kanzlei vor. Als es der Notar verlas, gab es keine Überraschungen für Korbinian. Er war der Hoferbe und blieb es. Auch dass die alte Barbara ein kleines Erbteil bekam, war nur gerecht. Dann aber ging es um eine große Summe Bargeld. Der alte Bauer hatte verfügt, dass es für Stepherl mündelsicher angelegt wurde. Er war nun ein reicher Junge.

      Korbinian störte es nicht, dass er auf dieses Geld verzichten musste, im Gegenteil, er freute sich, dass der Vater so gut für seinen Enkel gesorgt hatte. Er sollte ja bei Franzi bleiben, und mit dem Erbteil vermochte sie ihm eines Tages eine gute Ausbildung zu geben.

      Auf dem Heimweg vom Notar ging Korbinian in den Rehwinkel. Franzi musste gleich wissen, dass auch Stepherl seinen Großvater beerbt hatte, obwohl er ihn nie gesehen hatte.

      Franzi wirkte mehr erschrocken als erfreut. »So viel Geld?«, fragte sie und war sehr nachdenklich.

      »Es wird Stepherl einmal zugutekommen, Franzi«, meinte ihr Vater.

      »Ich weiß nicht, ob uns allen dieses Geld etwas Gutes bringt. Mir ist nahezu unheimlich dabei.« Franzi sah Korbinian an. »Hast du nicht auch so ein merkwürdiges Gefühl? Ich hätte immer für Stepherl sorgen können, ich bin jung und gesund und …«

      Korbinian unterbrach sie und legte den Arm um ihre Schultern. »Ja, wir beide hätten es tun können, Franzi. Wenn der Winter vorbei ist, sollst du doch mit dem Jungen auf meinen Hof kommen.«

      Franzi sah Korbinian liebevoll an. »Dann wird es Stepherl erst recht an nichts mehr fehlen. Aber nun ist es, wie es ist. Vielleicht müssen wir deinem Vater wirklich dankbar sein, dass er den Jungen bedacht hat. Anfangs war ich auch nur erschrocken. Aber Wahrscheinlich werd’ ich dieses Gefühl noch lange nicht loswerden. Aber wie fühlst du dich, Korbinian? Du hattest in den letzten Tagen viel zu erledigen. Hoffentlich hast du dich dabei nicht übernommen.«

      Jetzt lachte Korbinian. »Wie könnte ich das, wenn deine gute Pflege noch immer nachwirkt?« Es war ihm anzumerken, dass ein großer Druck von ihm gefallen war, seit er sich Franzis Liebe wieder sicher sein konnte.

      Als er das Haus verließ, fielen schon die ersten Schneeflocken. Der Winter kam früh hier oben, aber daran war man gewohnt. Man hatte sich längst auf diese kalte Jahreszeit eingerichtet. Die Fenster waren abgedichtet und unter dem Vordach die Holzkloben geschichtet, damit es immer einen warmen Ofen gab.

      Franzi und ihr Vater freuten sich auf die Tage, an denen sie mehr Zeit für Stepherl haben würden. Sie waren glücklich, dieses Kind im Haus zu haben. Und sie freuten sich auf Weihnachten, auf strahlende Kinderaugen, die das Fest zu etwas ganz Besonderem machen würden.

      *

      Das Fest wurde so schön, wie es sich Franzi wegen Stepherl erhofft hatte. Sie brauchten auch nicht den ganzen Tag im Haus zu sein, Korbinian war mit seiner Schneefräse gekommen und hatte ihnen damit den Hof und den Steig geräumt. Etwas, das sie sonst mit Schaufeln hätten tun müssen. Unter dem Weihnachtsbaum hatte auch ein kleiner Rodel für Stepherl gestanden, von dem er nun gar nicht mehr herunter wollte. Am liebsten aber fuhr er auf dem großen Rodel mit Franzi den Hang hinunter, fest an sie gelehnt und oft quietschend vor Vergnügen. Wenn es dann hieß, zu Fuß bergauf zu steigen, wurde er nicht müde. Er tat immer, als läge es allein an seiner Kraft,

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