Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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sein, die Zenza aber ist ein abgewracktes Schiff, nicht mehr ganz richtig im Kopf. Sie muss heilfroh sein, dass ich sie noch nicht davongejagt hab’. Aber was reden wir über sie? Lass dir’s gut schmecken, Franz. Danach haben wir Bier und Schnaps genug, dass du gut schlafen kannst. Nach dem Essen geh in die Küche und lass dir von der Zenza zeigen, in welches Fremdenzimmer du kommst. Wir nennen’s halt Fremdenzimmer, aber auf einer Schutzhütte kannst nur eine Kammer erwarten.«

      »Mehr brauch’ ich auch nicht.« Korbinian beeilte sich mit dem Essen, es drängte ihn zu der alten Zenza, damit sie ihm vielleicht das Haus zeigte und er sich etwas ungenierter umsehen konnte.

      Der Wurzinger beachtete ihn jetzt nicht mehr. Er schien ein wüster Trinker zu sein, der seine Gäste immer wieder dazu animierte und prahlerische Reden führte.

      Korbinian ging in die Küche. Dort sah ihm Zenza freudig entgegen. Für sie war es jedes Mal ein großes Ereignis, wenn ein Fremder ihr Reich betrat und sie die Hoffnung haben konnte, ein bisschen mit ihm plaudern zu können. So wirr sie manchmal war, zwischendurch konnte sie sich auch auf ein Gespräch konzentrieren. Am ehesten, wenn sie aus der Welt draußen etwas hörte, die ihr schon ganz fremd geworden war.

      So wie es hier üblich war, sprach sie auch Korbinian gleich mit du an. »Hast schon einen weiten Weg hinter dir?«, fragte sie.

      »Ja, aber ich will noch weiter, Zenza. Morgen in der Früh’«, schwindelte Korbinian. »Du kannst Franz zu mir sagen. Zeigst du mir die Kammer, in der ich schlafen kann?«

      »Ja, komm mit. Wir sind jetzt nicht belegt. Das kommt erst im Sommer wieder.« Die Alte ging schon die wackelige Treppe hinauf, und Korbinian folgte ihr. Er lauschte gespannt, aber er hörte nichts mehr.

      Zenza zeigte auf eine Tür. »Das ist meine Kammer. Jetzt nicht nur mehr meine, ich musste den Enkel vom Wurzinger aufnehmen. Ein armer Bub, sag’ ich dir, Franz. Er kann sich bei uns nicht eingewöhnen. Eigentlich müsst’ ich ihm auch noch etwas zu essen bringen, aber …« Jetzt machte sie ein grimmiges Gesicht. »Das hat der Wurzinger für diesen Abend wieder verboten. Der Bub wird uns eingehen. Aber was red’ ich davon? Die Kammer hier kannst du haben.« Sie öffnete die Tür, und Korbinian trat ein. Zenza folgte ihm gleich und zog die Tür hinter sich zu. »Erzähl mir etwas von dort, wo du herkommst.« Ihre Augen glitzerten. »Es kann doch nicht überall so zugehen wie bei uns. Ich mein’, alle anderen Leute auf der Welt hätten es besser als ich. Ich sag’ dir, der Wurzinger ist ein Satan.«

      Plötzlich fiel Korbinian ein, dass er das Gespräch auf seinen Bruder Uli bringen könnte.

      »Da wird doch einer seit Langem vermisst, der bei euch vorbeigekommen oder sogar eingekehrt sein kann.«

      »Ach ja, der Stettner-Uli. Das ist eine Geschicht’, die auch der Wurzinger auf dem Gewissen hat.« Jetzt war Zenza anzusehen, dass sie gern etwas dazu sagte. »War ein Himmelhund, der Uli. Ich mein’, der konnte alles auf den Kopf stellen. Wie oft hat er hier mit den Zöllnern gezecht. Für mich hatt’ er immer ein freundliches Wort. Ich war ihm gut. Aber nicht der Wurzinger.« Jetzt kam die Alte ganz nahe an Korbinians Ohr. »Der Uli hat nämlich unserer Nani ein Kind angehängt und wollt’ sie aber nicht heiraten. Das hat den Alten so fuchsteufelswild gemacht, dass er …« Jetzt legte sie erschrocken die Hand auf den Mund. »Was tu’ ich denn? Darüber darf ich doch nicht reden, sonst geht’s mir wie dem Uli.«

      Korbinian packte sie an den Handgelenken. »Wie ist’s dem Uli ergangen? So red, Zenza, es wird dein Schaden nicht sein.«

      Da brach es aus der Alten heraus. Sie verfluchte den alten Wurzinger. Ihr ganzer seit Jahren angesammelter Zorn gegen ihn machte sich Luft. »Dieser Teufel, dieser Mörder. Er hat den Uli erschlagen, als sie wieder wegen Nani und dem Buben in Streit gerieten. Ja, ja …«

      Korbinian blieb fast die Luft weg. Um Stepherl hatte er sich kümmern wollen, und jetzt wurde anscheinend das Rätsel um Ulis Verschwinden geklärt. »Lügst du auch nicht?«, fragte er mit rauer Stimme.

      »Wo werd’ ich denn«, entrüstete sich Zenza. »Fürs Lügen kommt man ins Fegefeuer, dort will ich aber nicht hin. Ja, der Wurzinger hat den Uli erschlagen. Mausetot war er, der lustige Uli. Der liegt jetzt unter dem Geröll neben der hohen Fichte. Ein Wunder, dass sich der Wurzinger die Müh’ gemacht hat, ihn zu vergraben, statt den Abhang hinunterzuwerfen. Der arme Uli, das ganze Leben hatte er noch vor sich. Er musste daran glauben, aber der Wurzinger lebt, um mich zu schinden und den Buben eingehen zu lassen.«

      »Dauert das denn so lang?«, erklang von unten die Stimme des Wurzinger-Rupert. »Vertratschtes Weibsstück, hast du wieder jemanden gefunden, den du nur aufhältst?«

      »Ich komm’ ja schon.« Zenza zuckte zusammen. »Verrat mich nicht, Franz. Es musste mal aus mir heraus.« Sie öffnete die Tür, und Korbinian folgte ihr die Treppe hinunter. Er war vollkommen benommen. Was er gehört hatte, war kaum zu glauben, aber es musste die Wahrheit sein.

      Der Wurzinger war schon wieder in der Wirtsstube verschwunden. Nur notgedrungen setzte sich Korbinian zu der Runde, versuchte aber, so wenig wie möglich zu trinken. Er konnte seine Gedanken ohnehin kaum ordnen. Was er erfahren hatte, bohrte in ihm. Er wusste nun, dass Stepherl schlecht behandelt wurde und was aus seinem Bruder geworden war. Das Jugendamt musste eingeschaltet werden, und er musste sich davon überzeugen, dass Uli wirklich hier oben verscharrt worden war.

      Er nahm sich vor, in aller Herrgottsfrühe aufzustehen und das Grab zu suchen. Nahe dem Abgrund, das hatte er sich eingeprägt, unter Geröll bei einer hohen Fichte. Sie konnte nicht schwer zu finden sein, denn hier oben an der Baumgrenze gab es sonst nur Latschen und Gestrüpp.

      So bald wie möglich wollte er in seine Kammer, um am Morgen früh mit der Suche zu beginnen.

      *

      Stepherl wälzte sich schon lange Zeit im Bett hin und her; er konnte nicht einschlafen. Nicht etwa, weil es von unten so laut heraufschallte, ihn quälte der Hunger. Das geschah nicht zum ersten Mal, er wurde mit dem Essen immer kurzgehalten, wenn ihm nicht Zenza heimlich einen Bissen zusteckte. Auch an diesem Abend hoffte er auf sie, aber sie kam und kam nicht in ihre Kammer. Sicher musste sie in der Küche noch arbeiten. Ob er zu ihr schleichen sollte?

      Der Junge überlegte nicht mehr lange. Er konnte das Hungergefühl, das ständige Knurren seines Magens nicht mehr ertragen. In einer kurzen Unterhose, mit bloßem Oberkörper und barfuß schlich er an die Kammertür und öffnete sie vorsichtig einen Spalt. Um ein Haar hätte er sie vor Schreck wieder zugestoßen, aber es war ein freudiger Schreck, sodass er zunächst glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. Über den Flur kam ein Mann, den er nicht zu fürchten brauchte!

      Nun war der Stepherl mit einem Satz draußen, warf sich dem Mann an die Brust und stammelte: »Onkel Korbi, holst du mich?«

      Korbinian sah sich aufgeregt um und lauschte ins Erdgeschoss hinunter, ob ihm jemand gefolgt war. Er sah den Mann nicht, dem es aufgefallen war, dass er so früh die Runde verlassen hatte, und der nun unten an der Treppe stand.

      Onkel Korbi?Der alte Wurzinger war plötzlich hellwach. Da ging doch etwas nicht mit rechten Dingen zu! Korbi, das konnte nur Korbinian heißen, und der war Ulis Bruder – und der Mann, den diese Franzi heiraten wollte. Er musste auf der Hut sein. Etwas, das dem Wurzinger noch nie schwergefallen war.

      Obwohl Korbinian nicht gemerkt hatte, dass er verfolgt worden war, schob er Stepherl schnell in Zenzas Kammer und bat: »Sei ganz still, ich muss mich jetzt auf dich verlassen können. Du darfst niemandem ein Wort verraten, dass du mich erkannt hast.«

      »Nimmst du mich nicht mit?«, fragte Stepherl sehr enttäuscht.

      »Das

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