Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer
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»Wenn er nur nicht schon zu viel Schaden davongetragen hat«, sagte Franzi in dem besorgten Ton einer Mutter, während sie zärtlich über die Stirn des Jungen strich.
»Haben wir ihn einmal aufgepäppelt, werden wir das auch ein zweites Mal schaffen«, tröstete sie ihr Vater.
Und auch Korbinian war zuversichtlich und pflichtete ihrem Vater bei. »Deine Liebe wird ihm helfen, all das Schreckliche möglichst schnell zu vergessen«, meinte er, und ein zärtlicher Blick umfing Franzi.
Nachdem sie noch einige Zeit im Wohnzimmer beisammengesessen waren, verabschiedete sich Korbinian von Franzi. Der alte Feistauer war inzwischen schon in seine Kammer gegangen.
Korbinian nahm seine geliebte Franzi ganz fest in die Arme. Waren sie sich vorher schon einig gewesen, dass sie sich liebten, die Sorgen um Stepherl hatten sie noch mehr zusammengeschmiedet.
*
Diesseits und jenseits vom Karwendel ging es wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund, was auf der Schutzhütte droben passiert war. Auch Albert Stettner, der Onkel von Uli und Korbinian, kam zu Ulis Beerdigung. Er hatte seinen Hof nun einem entfernten Verwandten übergeben. Uli hatte dieses Angebot nicht zu schätzen gewusst, er war den leichtfertigen Weg gegangen, bis zum bitteren Ende.
Bei der Beerdigung hörte man auch, dass Nani aus der Untersuchungshaft wieder entlassen worden war, sich für ihre Mitwisserschaft aber würde verantworten müssen. Ihr Mann hatte sie aus dem Haus gejagt. Mit einer Frau, die etwas so Schreckliches gedeckt hatte, ohne je Gewissensbisse zu haben, wollte er nichts mehr zu tun haben. Sie hatte sich auf die Schutzhütte zurückgezogen, die Eigentum ihres Vaters gewesen war. Wie es ihr dort erging, interessierte niemanden.
Auch Franzi und Stepherl kümmerten sich nicht darum. Er hatte in der Zeit, die er auf der Schutzhütte gewesen war, viel an Gewicht verloren, und seine Wangen blieben anfangs blass. Franzi fütterte ihn auf, als sei er noch ein Baby. Dabei hatte er auf der Schutzhütte seinen vierten Geburtstag gehabt. Doch davon hatte niemand Notiz genommen. Im Nachhinein richtete Franzi ihm liebevoll eine kleine Geburtstagsfeier aus, backte ihm einen Kuchen und schmückte seinen Geburtstagstisch.
Stepherl sah sie dankbar an, doch so richtig freuen konnte er sich noch immer nicht.
Jetzt, da der Frühling mit Macht ausgebrochen war, ging Franzi viel mit ihm an die frische Luft. Sie führte ihn zu den Stellen, auf die Rehe oft zum Äsen kamen. Das lenkte ihn zwar für einige Zeit ab, doch danach war er wieder so schreckhaft, wie er auf der Schutzhütte geworden war. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass er nun für immer bei Franzi bleiben konnte. Jedes Mal, wenn sich jemand dem Haus näherte, meinte er, abgeholt zu werden. Dann begann er zu zittern und lief in seine Kammer, um sich dort zu verstecken.
Es blieb Franzi nichts anderes übrig, als ihm zu erklären, wo Rupert Wurzinger war und dass er ihm nichts mehr anhaben konnte. Seine Mutter wollte ohnehin nichts von ihm wissen. Von ihr hatte sie keine Gefahr zu erwarten.
Das Ansuchen um seine Pflegschaft ging nun schneller durch die Instanzen als beim ersten Mal. Für Franzi war es ein Freudentag, als sie die Bewilligung in den Händen hielt.
Gleich las sie Stepherl das Schreiben vor und drückte ihn immer wieder an sich. Sie meinte nun endlich einen Schimmer Freude in seinen Augen zu sehen und hoffte, dass es von nun an so stetig besser werden würde.
Korbinian, der am Abend wieder in den Rehwinkel gekommen war, obwohl er durch die Frühjahrsbestellung viel Arbeit hatte, zog sie an sich. »Nun ist das eine erreicht, Franzi«, sagte er, »jetzt wird geheiratet. Wir brauchen uns nicht darum kümmern, dass das Trauerjahr für meinen Vater noch nicht zu Ende ist – und auch nicht darum, dass Uli erst vor Kurzem sein Grab gefunden hat. Wir beide gehören zusammen, und Stepherl kommt mit dir.«
»Aber was wird mit Vater, Korbinian?«, fragte Franzi. »Ich kann ihn doch nicht allein hier zurücklassen. Er würde Stepherl und mich zu sehr vermissen.«
Korbinian lachte. »Dich und Stepherl kann er auf meinem Hof besuchen. Wenn er Lust dazu hat, dann sogar täglich. Und du kannst mit Stepherl zu ihm gehen. Ich werde dich nie davon abhalten. Ich brauche eine Bäuerin auf dem Hof, und es kann keine andere sein als du. Für deinen Vater habe ich schon eine Regelung gefunden. Er sprach neulich von einer Kusine, die seit Kurzem verwitwet ist. Ich war bei ihr, und sie kommt gern herauf in den Rehwinkel, um deinem Vater die Wirtschaft zu führen. Sie ist noch so rüstig, dass sie ihm tüchtig unter die Arme greifen kann.«
»Das hast du für uns getan?«, fragte Franzi aufgeregt. »Du bist nicht mit Gold zu bezahlen, Korbinian. Wie konnte ich nur einmal auf dich verzichten wollen?«
Korbinian legte ihr den Zeigefinger auf den Mund. »Halt, davon wollten wir nie mehr sprechen. Seitdem ist so viel geschehen, dass das auch nicht mehr nötig ist. Und wenn ich mich um eine Wirtschafterin für deinen Vater bemüht hab’, so geschah das aus blankem Egoismus. Ich will dich endlich bei mir haben, Franzi. Die Geduld, die ich früher manchmal hatte, hab’ ich nicht mehr. Wir wollen eine kleine Familie sein mit Stepherl. Sobald wir verheiratet sind, suchen wir um eine Adoption an. Sie wird uns sicher bewilligt. Und danach, Franzi?« Korbinian lachte übermütig. »Danach bekommt Stepherl Geschwister. Der Stettnerhof und wir brauchen Kinder. Kinder von dir und mir. Ich sehe sie schon vor mir. Es werden Kinder sein, die viel von uns beiden haben und unsere Heimat so lieben wie wir. So wie wir nicht mehr aus unseren Bergen fort wollen, wird es auch bei ihnen sein.«
Franzi schmiegte sich ganz fest in Korbinians Arme. Wie geborgen sie sich bei ihm fühlte.
»Ja, gut, dann lass uns das Aufgebot bestellen«, flüsterte sie. »Ich werd’ ja auch erst richtig glücklich sein, wenn ich mit dir Tag und Nacht zusammen sein kann. Stepherl erholt sich jetzt langsam. Ich hoffe, mit einem gesunden Buben zu dir zu kommen.«
*
Trotz allem, was in der Familie passiert war, gab es auf dem Stettnerhof eine zünftige Bergbauernhochzeit, zu der viele Gäste eingeladen waren. Barbara, die auf dem Hof alt geworden war, hatte es sich nicht nehmen lassen, alles feierlich auszurichten.
Stepherl stand mit Josef Feistauer, den allein er als Großvater ansah, in der Kirche hinter dem Brautpaar. Als ihm die Zeremonie zu lang dauerte, zupfte er Josef Feistauer am Rock und wisperte: »Ist jetzt Onkel Korbi schon mein Papa?«
»Ja, Stepherl, und er wird dir ein guter Papa sein«, bekam er leise zur Antwort.
»So lieb wie meine Mama. Großvater, sie ist ja heute so schön.«
»Ja«, sagte Josef Feistauer, »meine Franzi ist die schönste Braut, die ich je gesehen hab’.« Der Stolz sprach aus seiner Stimme.
In Kutschen ging es zum Stettnerhof. Unter den Gästen war auch die Kusine Josef Feistauers, die bereits im Rehwinkel eingezogen war. Sie machte einen vertrauenswürdigen Eindruck und war froh, endlich wieder eine Aufgabe bekommen zu haben.
Vor dem Stettnerhof stand das Gesinde Spalier in Reih und Glied. Jeder hieß die junge Bäuerin willkommen.
Korbinian trug sie über die Schwelle, setzte sie in der Diele ab und sagte mit warmer Stimme: »Das ist jetzt dein und Stepherls Zuhause. Bring mir Glück, junge Bäuerin, und ich werd’s dir immer danken.«
Franzi küsste ihn. In ihren Augen stand das Versprechen, ihm eine gute und treue Frau zu sein.
Korbinian verdiente ihre Liebe wie kein anderer, denn er würde treu zu ihr halten, was auch passierte.