Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer страница 19

Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

Скачать книгу

rel="nofollow" href="#fb3_img_img_d1a45fe8-60f2-59e7-817f-5626913581e0.jpg" alt="Cover"/> Die Kinder des Försters

      Wie im Traum schlenderte Julia Wellner durch den schattigen Wald. Vögel jubilierten, Schmetterlinge gaukelten um Fingerhut und Glockenblume, irgendwo hämmerte ein Specht.

      Plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, stand eine Gestalt vor dem einsamen Mädchen.

      Julia erschrak, ihr Herz pochte wie wild. Doch dann lächelte sie erleichtert. Ein Förster! Die grüne Uniform flößte ihr sofort Vertrauen ein.

      Doch das Gesicht des Mannes – er mochte Anfang dreißig sein – blieb starr. Ihr Lächeln löste darin keinen Widerschein aus. Wie finster er wirkte!

      »Haben Sie die Tafeln nicht gesehen?«, fragte er in gebieterischem Tonfall, der Julia sofort in Opposition brachte.

      »Tafeln? Was denn für Tafeln? Sie meinen doch nicht etwa die Schiefertafeln in der Baumschule?« Sie neigte ihr von blonden welligen Haaren reizvoll umrahmtes Gesicht ein wenig schräg und musterte den Forstmann herausfordernd.

      Doch er schien keinen Sinn für Humor zu haben. »Glauben Sie etwa, die Verbotsschilder hätte ich nur zu meinem eigenen Vergnügen aufgestellt?«

      »Verbotsschilder? Gibt es die hier auch?«, fragte Julia mit erhobener Stimme.

      »Allerdings. Und was meinen Sie, warum ich sie angebracht habe?« Er musterte sie kühl.

      Julia zuckte aufreizend gleichmütig die Achseln. »Vielleicht, um Ihre Existenzberechtigung nachzuweisen? Um zu patrouillieren und festzustellen, ob Ihre Verbote auch untertänigst eingehalten werden?«

      »Lassen Sie den Unsinn. Es handelt sich um ein Wildschutzgebiet. Spaziergängern ist das Betreten untersagt.«

      »Ach! Und ich dachte, die Wälder seien für alle da, als Erholungsgebiete, wie es so schön heißt, für die gestressten Großstädter.«

      »Vor allem sind die Wälder für das Wild da, oder schlagen Sie vor, dass die Rehe und Hirsche zum Ausgleich in die Großstädte übersiedeln?«, fragte er ironisch.

      »Ich habe noch keinen Hirsch und kein Reh vertrieben. Ich habe überhaupt noch kein Wild gesehen, Herr Förster!«

      »Schluss der Debatte. Kehren Sie sofort um, und lassen Sie sich hier nie wieder blicken.«

      Das hätte er nicht sagen sollen. Julia richtete sich zu voller Größe auf. Bevor sie antwortete, musterte sie den Herrn des Waldes eindringlich. Unverschämt gut sah er aus, dunkelhaarig, sonnenverbrannt, groß und breitschultrig. Die grüne Uniform stand ihm prächtig, trotzdem – er war ein Ekel!

      »Und wenn ich mich hier wieder blicken lasse, dann erschießen Sie mich, ja?«, fragte sie gedehnt und lächelte spöttisch.

      »Nein, dann legte ich dich übers Knie, du freches Ding.«

      Damit drehte er sich um und ging gemessenen Schrittes davon, ohne sich noch einmal umzuschauen.

      Julia hatte es buchstäblich die Sprache verschlagen. Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Sie biss sich auf die Unterlippe, bis sie weh tat. Dieser unverschämte Kerl! Was bildete er sich ein? Sie war kein Teenager, sie war immerhin vierundzwanzig Jahre alt! – Dann lege ich dich übers Knie, du freches Ding …

      Was hätte sie darum gegeben, wenn ihr in diesem Moment eine entsprechende Antwort eingefallen wäre. Doch sie war völlig durcheinander und fühlte sich plötzlich ganz hilflos, ihr fiel einfach keine Entgegnung ein, dabei war sie doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Sie einfach zu duzen! Als ob sie eine Göre wäre!

      Julia ahnte nicht, wie unwahrscheinlich jung und unberührt sie an diesem Tage aussah. Als habe der Aufenthalt im Wald sie auf geheimnisvolle Weise verjüngt und in ihre Mädchenjahre zurückversetzt. Das weiße Kleid mit den roten Tupfen, das lose blonde Haar, in dem Sonnengold flirrte, die gelösten Gesichtszüge – das alles hatte die tüchtige Chefsekretärin Julia Wellner in ein Geschöpf der Wälder verwandelt, in ein Kind der Natur.

      Der Förster war längst um die Wegbiegung verschwunden. Noch immer stand Julia reglos auf derselben Stelle, wie durch einen Zauberspruch gebannt.

      Als kleines Mädchen hatte sie für Förster geschwärmt. »Mami, wenn ich groß bin, heirate ich einen Förster.« Wie oft hatte ihre Mutter das zu hören bekommen. Förster waren für sie stets als der Inbegriff romantischer, zuverlässiger und fröhlicher Männer. Dies war der erste, den sie näher kennen lernte. Welch ein Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit.

      Julia seufzte. Langsam drehte sie sich um. Sie wollte nicht riskieren, dass der Forstmann hinter dem nächsten Busch auf sie lauerte, um zu kontrollieren, ob sie sich seinem Befehl widersetzte. Nein, sie wollte diesem Burschen auf keinen Fall noch einmal begegnen.

      Sie war schon eine ganze Weile gewandert, als sie vom Pfad abbog und sich durch dichtes Gebüsch zwängte. Auf einer versteckten, malerisch versponnenen Lichtung lag ihr kleines Zelt.

      Hier verbrachte sie seit zwei Tagen ihren Urlaub, und sie gedachte, noch mindestens eine Woche zu bleiben.

      Wenn – ja – wenn der Förster sie nicht erwischte!

      Sie wusste, dass es nicht erlaubt war wie so vieles im Leben – mitten im Wald allein zu zelten. Aber auch die Vorstellung, eine Zeit lang völlig allein in den Wäldern zu kampieren, wie eine kleine Zigeunerin, gehörte zu ihren Kindheitsträumen. Sie hatte den Brüdern ihrer Freundin davon erzählt, dem siebzehnjährigen Frank und dem sechzehnjährigen Armin, und die beiden Jungen hatten sich sofort bereiterklärt, ihr ein kleines Zelt zu leihen und es an einer geheimen Stelle aufzubauen. Für Frank und Armin war es ein verspätetes Indianerspiel gewesen, für sie aber ging ein Traum in Erfüllung, der in Wirklichkeit noch schöner, noch aufregender war als in der Fantasie.

      Wie sie das Leben in der Einsamkeit genoss! Ob sie sich nicht fürchte, hatten die Jungen sie beim Abschied gefragt. Nein! Julia hatte das Gefühl, dass der Wald sie beschützte, dass jeder einzelne Baum ein Wächter hier war.

      Sie ließ sich neben dem Zelt ins hohe Gras sinken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. An dem kleinen Stückchen Himmel, das sie sah, hingen weiße Sommerwolken – Segelboote, die zu glücklichen Ufern trieben und nur darauf warteten, mit geheimen Wünschen und Sehnsüchten beladen zu werden. Noch nie hatte Julia so intensiv gefühlt, dass sie lebte, wie hier in der Stille, in der völligen Abgeschiedenheit.

      Doch kaum war sie nach zwei Tagen einem Menschen begegnet, gab es sofort wieder Streit und Zank. Fürchterlich!

      Julia beschloss, nicht mehr an den ekligen Förster zu denken, um sich nicht die schönen Urlaubstage zu verderben. Doch die Erinnerungen an diesen düsteren Mann kehrten immer wieder wie lästige Mücken, ließen sich einfach nicht vertreiben. Vielleicht war er ein unglücklicher Mensch. Vielleicht hatte er ein schweres Schicksal zu verkraften. Warum versuche ich, ihn zu entschuldigen?, fragte sich Julia wütend. So ein Blödsinn.

      Sie kramte eines der Taschenbücher hervor, die sie mitgenommen hatte. Doch was sie las, nahm sie gar nicht in sich auf, immer wieder schweiften ihre Gedanken ab.

      Diese dunklen geheimnisvollen Männeraugen.

      Unmerklich senkte sich die Dämmerung über die Waldeinsamkeit.

      Julia entzündete

Скачать книгу