Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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er sie an.

      »Aber ihr Bruder kann mich nicht leiden«, gab sie zu bedenken.

      »So etwas gibt es doch nicht.«

      »So etwas gibt es wohl. Er hielt mich für eine verzogene Göre, der man was hintendrauf geben müsste.«

      »Nein!« Björn schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Also, das ist wieder typisch Matthias. Aber Sie können ihm doch aus dem Weg gehen, Julia. Den ganzen Tag über ist er sowieso im Wald. Abends zieht er sich am liebsten mit einem Glas Rotwein und einem sogenannten guten Buch zurück. Ja, mein Bruder ist ein Einzelgänger. Sie würden ihm sein Essen auf den Tisch stellen, aber ansonsten wären Sie nur für die Kinder da.«

      Julia kaute nachdenklich an ihrer Unterlippe.

      »Ich muss mir das Ganze in Ruhe überlegen.«

      »Ja, denken Sie gründlich darüber nach. Wie schön, dass Sie nicht gleich entsetzt abgewinkt haben. Sie sind ein fantastisches Mädchen, Julia.«

      Langsam neigte er sich zu ihr. In seinen Augen war ein Glanz, der Julia irritierte und zugleich bezauberte. In dieser kurzen Zeit hatten sich zwischen ihr und dem fremden Mann Schicksalsfäden gesponnen. Björn Hartmann hatte gezeigt, dass er ein Draufgänger war, aber diesmal versuchte er nicht, sie zu überrumpeln. Diesmal stellten seine Augen stumm eine Frage, und erst als sie ebenso wortlos ihre Zustimmung gab, küsste er sie.

      Ein Kuss wie ein Abenteuer!

      Julia schloss die Augen. In diesem Kuss schmeckte sie den Zauber unendlicher Weiten und geheimnisvoller Ruinenstädte, das Leuchten des Nordlichts war in diesem Kuss ebenso wie das Brausen des Meeres. Hatte ein Pirat sie in die Arme genommen, ein Freibeuter der Ozeane, der sie bezwang und willenlos machte? Julia war wie verzaubert.

      Heißer wurden die Lippen des Mannes, so heiß wie ein Brandeisen, das sie zeichnete und zu seinem Eigentum machte …

      Ich bin verrückt!, schoss es ihr durch den Sinn. Mit einer sanften, aber nachdrücklichen Bewegung machte sie sich aus seinen Armen frei.

      Er, der vor Kurzem noch so selbstherrlich gewirkt hatte, musterte sie unsicher.

      »Hoppla«, sagte sie.

      »Was heißt das?« Er lächelte verzerrt.

      »Hoppla, jetzt komme ich! Ich, Björn Hartmann, der Unbesiegte, der Unbesiegbare.«

      Er lachte. »Ich bin gar nicht so von mir eingenommen, wie du vielleicht glaubst.«

      »Aber zu den Schüchternen im Lande zählst du auch nicht«, konterte sie.

      Er legte seine gebräunte Hand auf die ihre. »Schön, dass du mir nicht böse bist, Julia.« Er sah auf seine Uhr. »So leid es mir tut, aber für mich wird es jetzt Zeit. Wenn ich ein so leichtsinniger Hund wäre, wie mein Bruder immer behauptet, würde ich meine geschäftlichen Verabredungen jetzt sausen lassen, um bei dir zu bleiben.«

      »Auf keinen Fall! Ich brauche jetzt Zeit – Zeit zum Nachdenken. Und das kann ich am besten, wenn ich allein bin.«

      »Gut. Du hast eine Woche Zeit. Bis dahin kannst du auch Heidi und Carsten noch näher kennen lernen. Du ziehst also wenigstens in Erwägung, die Stellung im Forsthaus möglicherweise anzunehmen, ja? Lass mir die Hoffnung, bitte.«

      Julia lächelte vage.

      »Wir werden sehen.«

      »Danke.« Björn hauchte einen Kuss auf ihre Lippen und sprang auf. »Das wird eine lange Woche – für mich.«

      »Mach’s gut, Björn. Viel Glück.«

      Sie verabschiedete sich von diesem Mann, als kenne sie ihn bereits seit Jahren, als sei er ein Gefährte schon aus Kindertagen. Alles Fremde zwischen ihnen war wie fortgewischt.

      Björn Hartmann fiel es offensichtlich schwer, sich von ihr zu trennen. Immer wieder blieb er stehen, als sie ihn noch ein Stück über die Lichtung begleitete. Immer wieder nahm er sie in seine starken Arme, um sie zu streicheln und zu liebkosen. Schließlich verabschiedete Julia ihn mit einem gewollt leichten, burschikosen Schlag auf die Schulter und machte kehrt. Er stand noch eine ganze Weile am Waldrand und sah zu ihr hinüber. Sie machte sich mit betont gleichmütigen Bewegungen daran, vor dem Zelt Ordnung zu schaffen und vermied es zu ihm hinüberzusehen.

      Endlich winkte Björn Hartmann ihr noch einmal zu und verschwand im Schatten des Waldes.

      Julia ging zum Bach, setzte sich auf einen großen glatten Stein und ließ die rechte Hand gedankenverloren ins kristallklare Wasser hängen. Was war geschehen? Hatte sie sich Hals über Kopf verliebt?

      Verliebt in einen unverschämten, aber umwerfend sympathischen Abenteurer?

      Gut, dass sie eine Woche Zeit hatte, um mit sich und ihren Gefühlen ins Reine zu kommen!

      *

      Die Nacht ließ ihre Schleier über den Wald wehen. Schlaftrunken zwitscherten die letzten Vögel in den Büschen. Lautlos huschte eine kleine Waldohreule über die Lichtung. Julia hatte die Rufe des scheuen Nachtvogels schon mehrere Male vernommen.

      Plötzlich entdeckte Julia ein Glühwürmchen im Gras, kurz darauf ein zweites und drittes. Diese winzigen Sterne, die nicht am Himmel, sondern auf der schweren Erde leuchteten, rührten ganz seltsam an ihr Herz, entzündeten eine Sehnsucht, der das einsame Mädchen keinen Namen zu geben vermochte. War es Sehnsucht nach einem Mann wie Björn?

      Julia seufzte schwer.

      Diese Nacht war wunderschön, wie verzaubert, traumhafter noch als die vorigen. Julia ließ ihre Gedanken schweifen, versuchte sich auszumalen, wie es sein würde, wenn sie sich tatsächlich um die Stellung im Försterhaus bewarb. Die Kinder waren ihr ans Herz gewachsen. Schon jetzt spürte sie, wie sehr ihr Heidi und Carsten fehlten.

      Ferne Schritte in der tiefen Stille des Waldes schreckten Julia auf. Bevor sie seine Gestalt wahrnehmen konnte, wusste sie, dass der Förster kam.

      Schwer schritt er über die Lichtung, ein dunkler Schatten, unheimlich in seiner unbeirrbaren Zielstrebigkeit.

      »Das habe ich mir beinahe gedacht«, knurrte er und blieb hoch aufgerichtet vor ihr stehen. »Bockig wie ein verzogenes Kind.«

      »Fallen Ihnen denn nicht endlich einmal andere Vergleiche ein? Können Sie immer nur an ungezogene Kinder denken?«, zischte Julia ärgerlich. Rasch entzündete sie die Petroleumlampe, die an der Zeltstange hing.

      »Auch das noch«, lies sich Matthias Hartmann unwillig vernehmen. »Sie wollen wohl einen Waldbrand verursachen, wie?«

      »Ich sehe mich schon vor, keine Bange«, gab Julia unwirsch zurück.

      »Keine Bange? Mir ist aber bange, nämlich um meinen herrlichen Wald! Im Geist sehe ich ihn schon vor mir, verkohlt, mit schwarzen Baumstümpfen, die tot und kahl und anklagend in den Himmel ragen.«

      Der matte Schein der Stalllaterne fiel auf sein Gesicht, dieses männliche, fast harte Gesicht, in dem das Leben bereits Spuren hinterlassen hatte – nicht die Spuren wilder Abenteuer, sondern Zeichen tiefen Leids und Mitleids, einer schwerfühligen Lebensanschauung. Melancholisch schimmerten die dunklen Augen, feine Linien hatten sich

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