Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer
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Björn verschränkte die starken braunen Arme über der Brust und betrachtete sie mit einem kleinen Lächeln.
»Man kann spazieren gehen, Ball spielen, Eis essen, was weiß ich. Wer will denn den ganzen Tag faul in der Sonne dösen?«
»Ich nicht!«, erklärte Heidi nachdrücklich.
Der Forstmeister wandte sich an seine junge Haushälterin. »Ich muss darauf bestehen, dass Sie die Kinder begleiten, Frau Weller, sonst …« Er zuckte die Achseln.
Die Kinder bestürmten Julia gleichzeitig, klammerten sich an ihr fest, zerrten an ihren Armen. »Bitte, bitte, komm doch mit. Wir möchten an die Ostsee fahren. Bitte, bitte!«
Julia konnte nicht widerstehen. »Einverstanden«, sagte sie schließlich lächelnd, und ihre Schützlinge jubelten.
Sie machten sich einen Tag später in Björns Landrover, der den Kindern mächtig imponierte, auf die Reise. Schon unterwegs herrschte eine Bombenstimmung. Der vermeintliche Onkel der Kinder kannte romantische Fahrtenlieder, und bald schmetterten sie alle gemeinsam aus voller Kehle: »Jenseits des Tales, da standen ihre Zelte, zum roten Abendhimmel quoll der Rauch …«
Am Nachmittag waren sie bereits an der Ostsee.
Stundenlang tummelten sie sich im Wasser und am Strand. Julia fühlte sich so unbeschwert wie seit Jahren nicht mehr. Ihr war zumute, als würde sie selbst wieder zum kleinen Mädchen, das noch im goldenen Zeitalter, in einer heilen Welt lebte. Gab es Sorgen? Gab es Probleme? In diesen Stunden nicht!
Nach dem Abendessen sanken Heidi und Carsten müde, aber überglücklich in die Hotelbetten. Beim Gutenachtsagen schlang Heidi spontan die Ärmchen um Julias Hals und flüsterte: »Ich hab’ dich so lieb!«
Ein heißer Strom schoss Julia zum Herzen und in die Wangen. »Ich dich auch, mein Schätzchen«, raunte sie und küsste das kleine Mädchen auf die rosige Wange.
Carsten zeigte seine Zuneigung nicht ganz so offenherzig, aber auch er sehnte sich nach Zärtlichkeit und Liebe. Julia hatte begriffen, wie sehr diese Kinder die Mutter vermissten. Der Gedanke, dass sie die neue Mutter werden musste, war ihr gar nicht mehr fremd.
Während Heidi und ihr Bruder sich zum Einschlafen in die Kissen kuschelten, trat Julia auf den Balkon hinaus. Sie zuckte leicht zusammen, als sie sah, dass Björn Hartmann auf dem Balkon nebenan stand, die Hände auf die Brüstung gelegt, und sie offensichtlich erwartete.
»Trinken wir noch ein Glas Wein auf der Hotelterrasse?«, fragte er schmunzelnd.
Spontan wollte sie zustimmen. Ihr Herz machte einen freudigen Sprung. Doch die Vernunft riet ihr im gleichen Augenblick: Nein! Lass die Finger von diesem Abenteuer. Es geht jetzt nicht um dich, sondern um die Kinder. An eine gemeinsame Zukunft mit Heidi und Carsten musst du denken – nicht an dein persönliches Vergnügen! Sei vernünftig, Julia!
Julia schüttelte den Kopf. »Lieber nicht, ich – ich möchte die Kinder nicht allein lassen.«
Björn runzelte die Stirn. »Aber was soll denn passieren? Wir bleiben ganz in der Nähe, und die Kinder liegen in ihren Betten und schlafen.«
»Sie wissen doch, wie Kinder sind. Sie möchten nicht allein schlafen, schon gar nicht in fremder Umgebung. Außerdem bin ich auch müde und möchte mich gleich hinlegen.«
»Schade.« Der Mann neigte den Kopf ein wenig schief. Seine Augen baten so eindringlich, dass Julia sich rasch abwenden musste, um standhaft zu bleiben. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht und angenehme Träume.«
»Danke.«
Langsam kehrte sie ins Zimmer zurück. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass Heidi und Carsten schon schliefen. Lange stand sie vor den Betten und betrachtete die im Traumland weilenden Kinder. Würden es bald ihre eigenen sein? Möglicherweise dachte der Forstmeister gar nicht ans Heiraten. Und wenn, dann suchte er vielleicht eine reifere Frau … Julias Herz begann wild zu trommeln. Sie musste es versuchen, und zwar schon bald. Ja, sie musste versuchen, Matthias Hartmann für eine Ehe – eine Vernunftehe – zu gewinnen.
An Schlaf war nicht zu denken. Trotz des ereignisreichen Tages war Julia hellwach.
Inzwischen wurde es dunkel. Sie hatte das Licht nicht eingeschaltet. Durch die offenen Fenster blickte sie hinaus auf die See, über der Sterne erblühten wie Blumen auf einer Wiese. Eine unwirkliche Stimmung verzauberte den Strand und das weite, leise rauschende Meer.
Die Zeit strich dahin. Wie still es geworden war. Die unendliche Wasserfläche schimmerte sanft im Licht des Mondes, der am Horizont hing, dunkelrot und schwer, fast unheimlich.
Die Kinder atmeten ruhig und friedlich. Julia konnte nicht widerstehen. Sie schlüpfte in ihren Bikini, warf den Bademantel über und verließ das Zimmer auf Zehenspitzen. Sie würde bald wieder zurück sein. Nur noch einmal eintauchen in das vom Mondenschein überflutete Meer, das silberne Licht auf der nackten Haut spüren und die Sehnsüchte hinaustreiben lassen – zu fernen, wesenlosen Horizonten!
Der Strand war um diese späte Stunde völlig menschenleer. Nur aus einem Strandkorb drang heißes Flüstern. Julia warf ihren Bademantel in den Sand und rannte ins hoch aufspritzende Wasser. Sie musste eine ganze Weile laufen, bevor sie sich endlich ins kühle, erfrischende Nass stürzen und schwimmen konnte. Herrlich! Sie genoss die schmeichelnde Berührung der Fluten. Mit wundergläubigen Augen blickte sie zu den Sternen empor, die heute heller zu leuchten schienen als in allen anderen Nächten.
Wie viel Zeit mochte vergangen sein? Traumverloren war Julia weit hinausgeschwommen. Den Strand mit seinen Lichtern sah sie nur noch als schmalen Streifen. Sie erschrak. Wenn die Kinder wach wurden und sie vermissten?
Sie machte kehrt und schwamm mit heftigen Stößen zurück. Doch schon bald merkte sie, dass sie dieses Tempo unmöglich durchhalten konnte, denn sie hatte noch eine gewaltige Strecke zurückzulegen.
Ruhig und gleichmäßig atmen, das war jetzt das Wichtigste, wenn sie es schaffen wollte.
Zügig schwamm Julia durch die Nacht. Sie wurde müde und hatte das Gefühl, als ob sie der Küste kaum näher gekommen war. Trieb sie etwa eine Strömung ab?
Sie erschrak bis ins Mark. Unwillkürlich begann sie wieder wilder mit den Armen und Beinen zu rudern. Bald pfiffen ihre Lungen. Sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen.
Todesangst sprang sie an. Gab es Menschen, die sie vermissen würden, wenn sie nicht zurückkehrte?
Heidi und Carsten bestimmt. Wer sonst? Sie hatte keine Eltern mehr und auch sonst keine Verwandten.
Heidi und Carsten brauchten sie. Immer verzweifelter kämpfte Julia sich durch die ihr plötzlich erbarmungslos und gefährlich erscheinenden Fluten, und immer mehr erlahmten ihre Kräfte.
Ich schaffe es nie, dachte sie mutlos. Eine tödliche Gleichgültigkeit bemächtigte sich ihrer. Sie bewegte sich so langsam, dass sie kaum noch von der Stelle kam.
»Lieber Gott, hilf mir«, flüsterte sie.
Salziges Wasser drang über ihre Lippen. Sie fand keinen Mut mehr, um ihr Leben zu kämpfen.
Da – eine Gestalt,