Heimatkinder Staffel 3 – Heimatroman. Kathrin Singer
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»Sehr schön. Dann werden Sie auch einsehen, dass Sie den Platz hier verlassen müssen, dass es sein muss. Packen Sie Ihre Sachen. Ich hole meinen Wagen und bringe Sie zum nächsten Campingplatz oder in ein Hotel, ganz wie Sie wünschen.«
Julia verschränkte die Arme trotzig über der Brust. »Ich bleibe hier.«
Er lächelte schmal. »Da irren Sie sich aber gewaltig. Sie werden packen und verschwinden.«
»Herr Hartmann, lassen Sie doch einmal Gnade vor Recht ergehen. Ich bin so gern hier, ich genieße die Stille. Es ist der schönste Urlaub meines Lebens.«
Matthias Hartmann schien einen Moment lang mit sich zu kämpfen. Doch dann strafften sich seine Schultern, und er schüttelte den Kopf. »Nein, kommt nicht infrage. Die Gefahren sind zu groß.«
»Die Gefahren, die Gefahren«, äffte Julia ihm nach. »Das ist ja lächerlich! Sie sind ein sturer Dickkopf, das ist alles. Ein Bürokrat, eine Beamtenseele. Ein schrecklicher Pedant!«
»Ich habe keine Lust, mit Ihnen zu debattieren. Schnüren Sie jetzt ihr Bündel, und ich …«
»Nein!« Julia warf den Kopf in den Nacken. Ihr ganzes Wesen strahlte Kraft und Widerstand aus.
Da ging Förster Hartmann auf ihr Zelt zu und begann es wortlos abzubauen.
Ein paar Augenblicke lang war Julia sprachlos und wie gelähmt. Dann sprang sie auf den Mann zu. Wie eine wütende Katze krallte sie sich an seinem Arm fest und riss ihn herum.
»Mach keine Zicken, Mädchen«, knurrte Förster Hartmann, ohne von seinem Tun abzulassen.
»Nehmen Sie die Finger von meinem Eigentum!«, keuchte Julia außer sich. »Sonst …, sonst …!«
»Na?« Er musterte sie mit einem Blick, der Julia einen Moment lang an seinen Bruder erinnerte, an Björn, den Abenteurer, der so herausfordernd zu lächeln verstand.
»Sonst klebe ich Ihnen eine!«, stieß sie aufgebracht hervor und presste seinen Arm noch fester.
»Und damit wäre das Problem gelöst?«, fragte er ironisch und versuchte sie abzuschütteln.
»Wollen Sie mich mit brutaler Gewalt verschleppen?«
»Wenn es sein muss. Ich lasse mich von einem kleinen Mädchen nicht zum Narren machen.«
»Sie machen sich ja selbst zum Narren!«, rief Julia aufgebracht und ließ endlich seinen Arm los.
»Das ist Ansichtssache.« Er begann, das Zelt zusammenzufalten. Endlich richtete er sich auf. »So, und jetzt hole ich meinen Wagen.
Julia sah in seine Augen und begriff, dass jeder weitere Widerstand zwecklos war. Da begannen die Worte fast gegen ihren Willen über ihre Lippen zu sprudeln. »Herr Hartmann, ich – ich muss mit Ihnen sprechen. Bitte!«
»Keine Ablenkungsmanöver.«
»Sie suchen eine Haushälterin oder ein Kindermädchen. Ich habe davon gehört und das Schild im Lebensmittelladen gelesen. Also, ich möchte mich um diese Stellung bewerben.«
Förster Hartmann erstarrte mitten in der Bewegung. »Wie bitte? Das soll wohl ein Scherz sein?«
»Wieso ein Scherz? Nein, ich meine es absolut ehrlich. Finden Sie mich als Kindermädchen denn völlig unmöglich?« Julia hielt gespannt den Atem an.
Die Augen des Försters wurden schmal. »Sind Sie überhaupt nur wegen der Stellung hier? Wollten Sie sich die Kinder und das Forsthaus erst einmal unverbindlich anschauen?«
»Und den Förster!«, entgegnete Julia geistesgegenwärtig. »Und da der Förster ein so liebenswürdiger Herr ist, habe ich gedacht: Das kannst du riskieren! Nun, haben Sie Interesse an mir?«
Matthias Hartmann räusperte sich voll Unbehagen. »Sie sind noch recht jung, haben Sie überhaupt Erfahrungen mit Kindern? Haben Sie Zeugnisse, Referenzen? Wo waren Sie bisher beschäftigt?«
»Nein, ich habe keine Erfahrung als Kindermädchen oder Haushälterin, Herr Hartmann, leider nicht. Bisher war ich als Sekretärin tätig.«
»Und wollen sich plötzlich verändern, finanziell womöglich verschlechtern?«, fragte er misstrauisch. »Aus welchem Grund?«
»Weil ich Kinder gernhabe und eine echte Aufgabe suche. Eine Tätigkeit, die mich auch innerlich befriedigt.«
Er starrte sie mit undurchsichtiger Miene an. »Kommen Sie morgen früh ins Forsthaus, dann werde ich Ihnen meine Entscheidung mitteilen. Gute Nacht.«
Er wandte sich ab und schritt davon.
»Heute Nacht werde ich direkt unter dem Sternenhimmel besonders gut träumen«, rief Julia ihm nach.
Der Förster stutzte, wandte den Kopf, kehrte wieder um und kam zurück. Wortlos machte er sich daran, ihr Zelt wieder aufzustellen. Julia ging ihm dabei zur Hand. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, herrschte bei dieser gemeinsamen Arbeit Eintracht zwischen ihnen. Kein Wort des Streits fiel. Einmal, als Matthias Hartmann eine Verspannung befestigte, berührte er zufällig ihre Hand.
»Entschuldigen Sie«, murmelte er.
Und wieder arbeitete er schweigend. Von seiner großen Gestalt ging etwas Vertraueneinflößendes aus.
»Ich glaube nicht, dass es richtig ist, wenn man Kindern sofort jeden Wunsch erfüllt«, meinte er aus tiefen Gedanken heraus und seufzte abgrundtief.
»Darüber kann man sich unterhalten.«
Dann war das Zelt aufgebaut.
Der Förster richtete sich auf. »Also, bis morgen. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Herr Hartmann. Danke für die Hilfe.«
Ohne ein weiteres Wort ging er durch die Nacht davon. Ein einsamer Mann der Wälder.
Julia biss sich auf die Unterlippe. Aus einem Impuls heraus hatte sie sich um die Stellung als Kindermädchen beworben. Doch nun hoffte sie brennend, dass Matthias Hartmann sie nicht abweisen würde. In dieser Nacht schlief sie unruhig. Ihr Herz schlug bang.
*
Am nächsten Morgen stand Julia vor dem Försterhaus, das im goldenen Licht der Sonne wie verzaubert unter den hohen Fichten lag. Über das rote Dach huschte ein Eichhörnchen und verschwand mit einem langen, geschmeidigen Satz in einem der Bäume, deren Äste das Haus beschirmten.
»Tante Julia! Tante Julia!« Jubelnd stürmten Heidi und Carsten aus dem Haus. Aus den Augen der Kinder leuchteten Freude und Begeisterung. Sie flogen dem blonden Mädchen förmlich entgegen. Heidi umklammerte ihre Hüften. »Dass du noch da bist, Tante Julia.«
Julia wollte spontan sagen, dass sie vielleicht für immer bliebe, doch sie verschluckte die Worte. Die Enttäuschung der Kinder, wenn es mit der Einstellung nicht klappte, wäre zu groß. Das wollte sie ihnen nicht antun.
»Schau, was ich dir mitgebracht habe, Heidi.« Sie drückte dem kleinen Mädchen die