Dzieci północy. Салман Рушди

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Dzieci północy - Салман Рушди Mistrzowie literatury

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gezogen. Ähnlich einem Taucher, der zurück an die Wasseroberfläche schwimmen musste, um Luft zu holen. Diese Zeitspanne war schon deutlich länger als am Anfang und sicherlich würde er mit etwas Übung noch besser darin werden. Schließlich hatte Ador ganze fünfzig Jahre in den Wegen verbracht – wenn auch nicht freiwillig. Eryn verdrängte die unliebsamen Erinnerungen an Ador und schob die Grenze zur realen Welt vor sich her. Die Gesetzmäßigkeiten in den Wegen waren andere als draußen. Man konnte problemlos durch Wände und alle anderen Feststoffe wandern. Nur auftauchen sollte man nicht in solchen Materialien.

      Gerade erreichte Eryn den Unterrichtsraum, der ebenfalls leer war. Doch im Hof wurde er dann fündig. Alle vier Kinder saßen in Eintracht nebeneinander. Danian warf seinem Raben Brotkrumen zu, welche dieser gezielt aufpickte, während Carmina ihre Katze streichelte, die wohlig brummend auf ihrem Schoß lag. Gannok spielte mit seinem Hund Flocke Stöckchen holen und war gerade dabei erneut zu werfen. Nur Asrans Bergkatze Fauchi war nirgends zu sehen. Das Bild war verschwommen und Eryn wagte sich noch ein klein wenig näher an die Grenze heran. Die Kinder redeten irgendetwas, dann schienen sie zu lachen. Aber Eryn konnte nichts hören.

      Ob ich sie verstehen kann, wenn ich noch näher heranschwebe? Man konnte auch Zauber nach draußen schicken, aber die erregten mit Sicherheit Aufmerksamkeit. Und der Grenze noch näher zu kommen, barg das Risiko plötzlich hinausgezogen zu werden.

      Naganor ist nicht der Ort, um dahingehend Experimente zu machen.

      Also gab er sich im Augenblick damit zufrieden, den Kindern einfach nur zuzusehen.

      Wenn ich Gannok zu mir hole, dann soll nicht gleich jeder wissen, dass ich es war. Meister Raiden hat sicherlich ein großes Interesse, dass ich als sein williger Untergebener zurückkehre. Ich würde ihm sogar zutrauen, dass er Ador ins Vertrauen zieht, damit der ihm bei der Mission ‚Eryn einfangen‘ auch noch behilflich ist. Aber Ador hilft nur sich selbst. Irgendwie erstaunlich, dass Meister Raiden das noch nicht selbst aufgefallen ist. Hat er doch sonst einen sehr gesunden Scharfblick für die Geschehnisse um ihn herum.

      Carmina sagte etwas und Asran streckte ihr die Zunge heraus. Woraufhin sie aufstand und mit einem hochnäsigen Gesicht davonstolzierte. Gannok und Asran schienen sich darüber köstlich zu amüsieren, während Danian immer noch mit seinem Raben beschäftigt war.

      Aber dann sagte Asran etwas zu Gannok und die beiden Buben fielen übereinander her und balgten sich.

      Dieser Asran ist der Teufel, urteilte Eryn und war gleichzeitig auch ein wenig um Gannok besorgt. Aber die beiden schenkten sich nichts und dann war der Streit so schnell vorüber, wie er gekommen war und die Jungs kugelten sich vor Lachen.

      Kinder und ihre Spiele, wer kann die verstehen?, wunderte sich Eryn, dann trat er die Rückreise an.

      In den Wegen

      Auch wenn Eryn in den nächsten Tagen noch vieles in seinem neuen Heim zu tun hatte, ging ihm der Gedanke an die Wege nicht mehr aus dem Kopf. Es reizte ihn herauszufinden, wie nahe er an die Barriere zwischen den zwei Welten tatsächlich herankommen konnte. Aber nicht nur die Arbeit hielt ihn davon ab, sondern auch eine gewisse Angst davor, dass Ador ihn eventuell aufspüren könnte.

      Bisher bin ich nur für kurze Zeit auf Reisen gegangen, aber wenn ich experimentiere, dann würde ich mich über längere Zeit dort aufhalten müssen und vielleicht kann Ador meine Spuren finden. Verdammt, ich wüsste zu gerne, wozu er wirklich in der Lage ist. Gibt es überhaupt Spuren in den Wegen? Und wenn dem so wäre, wie schwierig ist es, diesen zu folgen? Es gibt Muster, so viel ist klar, aber bisher konnte ich keine magischen Fußabdrücke anderer Wesen entdecken. Wenn man durch denselben Tunnel treibt, dann kann man andere Personen wahrnehmen. Das weiß ich schon seit Aspentor. Aber Ador kann gar nicht denselben Weg wie ich nehmen, denn dazu müsste er erst einmal wissen, wo ich mich aufhalte. Außerdem laufe ich nicht durch vorgegebene Tore, sondern erschaffe meine eigenen.

      Und je länger Eryn darüber nachdachte, desto überzeugter wurde er, dass derartige Experimente gar nicht so gefährlich waren, wie er zunächst geglaubt hatte. Nach einer Weile stand sein Entschluss fest: Er würde es wagen.

      Doch die Vorsicht darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Ich werde mir einen verlassenen Strand suchen. Dort, wo die Flut über den Sand spült und alle Spuren verwischt.

      Sein Weg führte ihn nach Süden an eine felsige Küste, wo sich weit und breit kein menschliches Wesen aufhielt. Nur ein paar Möwen hatten in den zerklüfteten Felswänden ihre Nester gebaut und flogen auf der Suche nach Beute in Richtung Meer hinaus. Sie kreisten am Himmel und stießen ihre hässlichen Schreie aus. Eryn stand auf felsigem Untergrund und keine drei Schritte von ihm entfernt klatschten die Wellen gegen den Stein. Wenn eine größere Welle heranrollte, kam das Wasser bereits bis zur Hälfte des Plateaus, bevor es sich wieder zurückzog. Durch eine dunklere Färbung grenzte sich die überspülte Fläche deutlich von dem noch trockenen Bereich ab. Eryn ging nach vorne, bis er auf feuchtem Grund stand, dann öffnete er ein Tor.

      Die folgenden Stunden verbrachte er mit unzähligen Versuchen und gewann erste Erkenntnisse.

      Zurück auf seiner Insel machte er Aufzeichnungen und entwickelte Theorien. So vergingen die nächsten Tage und die anfänglichen Erfolge verschafften ihm ein Hochgefühl. Vor allem in jenem Moment, als es ihm gelang, die Haut der Wege so dünn über sich zu ziehen, dass er das Schreien der Möwen von draußen hören konnte. Zwar nur sehr gedämpft, doch es waren eindeutig Laute aus der realen Welt. Auch seine Sicht nach draußen war nun so scharf, als würde er durch eine klare Glasscheibe blicken. Sein Ehrgeiz beflügelte ihn dazu, eine weitere Theorie zu testen. Er versuchte, anstelle der dünnen Haut, die Magie in eine netzartige Struktur umzuwandeln. Doch dieses Netz war so empfindlich, dass es schon bei der leichtesten Bewegung auseinanderriss. Schließlich gab er diese Versuche mit einem Schulterzucken auf.

      Die dünne Haut ist gut genug und ich bin in ihrer Handhabung so sicher, dass einem weiteren Besuch in Naganor nichts mehr im Wege steht.

      Mittlerweile war es später Nachmittag und Eryn hoffte, Gannok draußen beim Spielen mit den anderen Kindern anzutreffen. So war seine erste Anlaufstelle der Hof. Aber weil es in Naganor regnete, befand sich niemand draußen. Darum trieb er weiter, bis er den Flur vor dem Zimmer der Kinder erreicht hatte, und dort fand er sie. Gannok stand mit ausgebreiteten Armen im Gang und versuchte die anderen Kinder am Vorbeikommen zu hindern. Es gelang ihm, Danian zu packen, während Asran und Carmina laut schreiend vorbeirannten. Da Danian gefangen worden war, war er als Nächster an der Reihe, nun die anderen aufzuhalten. Eryn zog sich ganz an das Ende des Flures zurück. Hier konnte er den Kindern bei ihrem Spiel ein wenig zusehen und natürlich wollte er sie auch hören. Mit der nötigen Vorsicht näherte er sich immer weiter der Barriere und dehnte sie dann vorsichtig aus. Dann kam der Moment, da er die spielenden Kinder hören konnte. Das war gar nicht so schwierig, denn sie schrien noch um einiges lauter als die kreischende Möwenschar.

      „Bäh, kriegst mich nicht!“, spottete Asran und Danian forderte ihn heraus:

      „Blödmann, Blödmann! Komm doch!“

      „Ich renn jetzt los!“, zog Gannok die Aufmerksamkeit auf sich und machte dann einen Rückzieher: „Haha, oder doch nicht.“ Während Carmina die Gelegenheit nutzte und ihrerseits losspurtete.

      Keine besonders intellektuelle Unterhaltung, urteilte Eryn nüchtern. Aber was konnte man von Kindern schon anderes erwarten. Allerdings freute er sich, dass alle zusammen so viel Spaß hatten.

      Nun rannten auch Asran und Gannok los, und weil sie beide im letzten Moment an derselben Seite vorbeihuschen wollten,

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