Dzieci północy. Салман Рушди
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Die finanzielle Unabhängigkeit bescherte Eryn ganz legal ein paar weitere Bücher, die allerdings bestenfalls mittleres Magierwissen enthielten. Die Lektüre konnte ihm bei seinen schwierigen Problemen kaum weiterhelfen und er trat mit seinen Forschungen auf der Stelle. Nach mehreren Stunden vergeblichen Brütens sprang Eryn auf und verkündete:
„Mir langt es für heute!“ Sein Weg führte ihn zunächst in die Küche und als er gestärkt zurückkam, griff er nach dem Buch über die Schätze. Das hatte sich als Ansammlung netter kleiner Geschichten herausgestellt, denen Eryn zwar keinen großen Wahrheitsgehalt zubilligte, die sich aber unterhaltsam lesen ließen und somit für etwas Zerstreuung sorgten. Da wurde von einem Füllhorn des fließenden Goldes berichtet, welches in die Hände eines armen, jungen Mannes fiel, der somit unerwartet zu großem Reichtum kam. Natürlich tat er mit dem Gold nur Gutes und die Götter belohnten ihn dafür. Er heiratete eine wunderschöne Prinzessin und wurde König des Landes.
Prinz Raiden musste eine widerliche Zicke heiraten und wollte nie König eines Landes sein. So haben ihn die Götter wohl für seine Missetaten bestraft, weil er den armen Eryn oftmals schlecht behandelt hat. Obwohl Eryn sich vorgenommen hatte, einen Schlussstrich unter sein altes Leben zu ziehen, ließen ihn die Geister der Vergangenheit nicht so schnell los. Vielleicht wäre es deutlich besser gewesen, wenn er sich in der Gesellschaft anderer Menschen befunden hätte. Doch er wagte es nur große, fremde Städte aufzusuchen, wenn er dringend etwas einkaufen musste. Auch suchte er vorsichtshalber dasselbe Geschäft nie zweimal auf.
Eryn las die nächste Geschichte über einen Magier, der durch die Erschaffung des perfekten Golems berühmt geworden war. Sein wahrer Name war in Vergessenheit geraten und er wurde nur mehr ‚der Mechaniker‘ genannt. Das Buch wusste zu berichten, dass der Mechaniker sich in Wahrheit eine Gefährtin erschaffen wollte. Doch im Prozess des Entstehens kamen ihm immer neue Gedanken, was sein Golem alles können sollte. Putzen und Aufräumen standen an erster Stelle, denn schließlich hatte der Mechaniker für solch langweilige Dinge weder Zeit noch Lust. Darüber hinaus sollte der Golem kochen können und ihm stets Speisen und Getränke aufwarten, wenn es ihn danach verlangte. Natürlich sollte das Wesen auch nach seiner Erschaffung in der Lage sein, etwas dazuzulernen ... allerdings keine schlechten Dinge. Dabei sollte es stets heiter und höflich sein und sich anmutig wie eine Tänzerin bewegen. Der Mechaniker arbeitete viele Jahre an diesem Golem und als er ihn endlich fertiggestellt hatte, musste er erkennen, dass er sich von seinem ursprünglichen Ziel ziemlich entfernt hatte. Denn der Golem war nicht die perfekte Frau geworden, sondern der perfekte Helfer. Deswegen war der Mechaniker jedoch keineswegs traurig, denn er hatte dieses kleine Helferlein bereits sehr in sein Herz geschlossen, und er sagte sich:
„Was brauche ich noch eine Gefährtin, wenn ich doch mein perfektes Helferlein habe?“
Ein intelligenter Golem, also das möchte ich sehen. Oder hat diese Geschichte vielleicht einen moralischen Wert? Den verstehe ich allerdings auch nicht wirklich. Warum kann der Mechaniker nicht ein Helferlein und eine Gefährtin haben?
Das nächste Kapitel handelte von einem verzauberten Schwert. Geschichten über verzauberte Waffen gab es in dem Buch viele und darüber hinaus noch eine Auflistung von verzauberten Gegenständen, die es einst gegeben haben soll. Eryn fand darunter sogar Dobrix’ Schwert und erinnerte sich, wie er mit Ravenor zusammen nach diesem Artefakt gesucht hatte. Der Erfolg ihrer Bemühungen förderte aber letztendlich nur eine total verrostete und lediglich schwach magische Klinge zutage.
Trotzdem war es ein aufregendes Abenteuer – weil schließlich alles gut ausgegangen ist. Solch eine Schatzsuche ist schon spannend, vor allem, wenn man etwas findet. Und Eryn spielte schon mit dem Gedanken, sich auf die Suche nach einem dieser wertvollen Artefakte aus dem Buch zu machen. Es war mehr eine Träumerei als eine feste Absicht, da ihm die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens durchaus bewusst war. Aber noch jemand anderes hatte eine Meinung zu diesem Thema und meldete sich jetzt zu Wort:
„Lächerlich, tausende von fähigen Magiern haben sich schon auf die Suche nach verschollenen Artefakten begeben und keines davon wurde jemals wiedergefunden. Wieso glaubst du, Nurin, dass gerade du derjenige sein wirst, dem die Götter des Schicksals Glück bescheren? Nur unwahrscheinliches Glück alleine kann dich zum Erfolg führen, denn wissenschaftliche Überlegungen werden es mit Sicherheit nicht sein. Pha, Eryn, der Schatzsucher.“
Eryn sah auf und der verhasste Ador stand direkt neben dem offenen Kamin.
„Lange nicht gesehen, Illusionsesel. Hältst du mich wieder einmal für einen Idioten, der nichts kann. Diese Meinung teilst du übrigens auch mit Meister Raiden. Dabei frage ich mich, woher dann das brennende Interesse an meiner Person kommt, und was sind das eigentlich für Leute, die sich gerne mit Idioten umgeben.“ Dieser Ador aus Eryns Unterbewusstsein hatte seinen Schrecken schon lange verloren und bot jetzt zumindest die Möglichkeit für ein Gespräch.
„Und auch da liegst du falsch. Ich umgebe mich mit niemanden, da ich mir selbst genug bin. Außerdem, als Hybrid zählst du nicht zu den Personen, sondern bist lediglich ein Objekt. Ein Objekt der Forschung – und hier gilt es immer noch, meine Theorie zu beweisen“, argumentierte der illusorische Ador leicht verärgert.
„So, so, da wirst du dich wohl auch auf die Hilfe der Glücksgötter verlassen müssen, denn wissenschaftlich lässt sich da nichts beweisen. Dieses Unterfangen ist nämlich noch aussichtsloser als eine Schatzsuche.“ Daraufhin verschwand die Imagination Adors.
Scheint so, als ob ich diese Runde gewonnen habe, folgerte Eryn. Er klappte das Buch zu und machte sich auf den Weg nach unten, denn es war wieder einmal an der Zeit, sich um den Garten zu kümmern.
Der Gedanke an eine Schatzsuche ließ ihn jedoch nicht mehr los. In seiner Vorstellung reiste er direkt durch die Wege in eine geheime Kammer voller Schätze, aber sein logischer Verstand tadelte ihn sofort für solch unrealistische Träumereien. In der Tat konnte man sich in den Wegen zu genauer bezeichneten Orten treiben lassen. Doch kostbare Schätze waren durch Verschleierung und weitere Schutzzauber gesichert, weswegen man sie auf diese Art und Weise weder aufspüren noch erreichen konnte. Ganz ähnlich wie die gut geschützten Türme der Turmherren. Um zu ihren Kollegen zu reisen, mussten sich selbst die hohen Magier eine entsprechende Genehmigung einholen.
Daraus schloss Eryn: Wenn es so einfach wäre, dann hätten es schon viele andere vor mir versucht. Außerdem, von den Türmen weiß man wenigstens, wo genau sie sich befinden – was man von verborgenen Schätzen nicht sagen kann.
Dieses Problem beschäftigte ihn eine Weile vergeblich. Dann, am Abend, entschied er, die Grübelei für heute sein zu lassen und briet sich ein Huhn über dem Feuer. Von Zeit zu Zeit drehte er den Spieß, damit das Fleisch nicht verbrannte. Dabei sah er dem Spiel der Flammen zu, wie die orangegelben Drachenzungen nach oben schossen und an dem Fleisch leckten. Ein köstlicher Geruch breitete sich im Raum aus, der Eryn das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Die tänzelnden Flammen waren ähnlich schön wie der Anblick fließender Magie und da hatte Eryn plötzlich eine Eingebung.
„Das ist es!“, rief er laut aus und klatschte in die Hände. Ich darf nicht nach dem Hühnchen suchen, sondern ich muss nach den Flammen suchen. Die Wege sind ein Ort der Muster und auch eine Verschleierung hinterlässt ein magisches Muster. In der realen Welt kann eine gute Verschleierung alles verbergen, sodass auch ein versierter Magier nichts zu finden vermag. Aber wenn ich recht habe, dann verhält sich dies in den Wegen anders. Und sein Gefühl sagte ihm, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. Er war so aufgeregt, dass er sofort Gewissheit haben wollte und darüber sogar das köstliche Hühnchen vergaß.
Er eilte nach draußen und reiste zu seinem Tor-Experimentierfeld. Das waren seine selbst auferlegten Sicherheitsvorkehrungen, denn