Baupläne der Schöpfung. Johannes Huber

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Baupläne der Schöpfung - Johannes Huber

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Sie entstand nicht durch das Würfeln, sondern durch den Anstieg der Sauerstoffkonzentration in unserer Atmosphäre. Wenn wir atmen, wenn das Blut Sauerstoff transportiert und unsere Zellen Wasser bilden, das wir dann über die Niere ausscheiden müssen, dann sind das letztendlich alles Adaptionsmechanismen, die sich am Erscheinen des Sauerstoffs orientierten – aber gleichzeitig die Evolution gewaltig anspornten. Die rote Farbe des Blutes, unsere Lungen und Nieren, das Herz und die Blutgefäße spiegeln das Erscheinen des Sauerstoffs wider. So wurde er schließlich zur Droge.

      Auch die Erdrotation prägte unsere Zellen: Der Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusste einst den Lebensrhythmus von Einzellern. Dieses Metronom des Daseins hat sich im Laufe der Evolution bis zum Homo sapiens erhalten und weiterentwickelt. Reptilien bilden ein eigenes Organ, mit dessen Hilfe sie ihre Zellen in den Nacht – oder Tagzustand führen, entsprechend der Sonneneinstrahlung. Dieses sogenannte Pinealorgan befindet sich am Kopf unter einer dünnen, durchsichtigen, knöchernen Membran, die das Licht hindurchlässt. Bei den Säugetieren entwickelte sich daraus die Epiphyse. Man weiß genau, in welchen Hirnarealen der Säuger – und damit auch des Menschen – der Tag-Nacht-Rhythmus sich materialisierte: Vor allem ist es der nucleus suprachiasmaticus, der Neuronen heranwachsen ließ, die die Erdrotation widerspiegeln. Während des Tages geben sie andere Signale ab als während der Nacht, wobei sich das Auge nur untergeordnet dazwischenschiebt. Der Rhythmus selbst ist in biochemische Reaktionen gegossen, durch die Rotation der Erde. Erstaunlich, nicht? Jene Gene, die unsere Zellen zum Tagwerk anregen, lassen gleichzeitig auch Substanzen wachsen, die, wenn sie eine gewisse Schwelle erreichen, eben diese Tagesgene wieder abschalten, die sie letztendlich hervorgebracht haben. Dadurch bleibt der Tagzyklus zirka 12 Stunden erhalten, um dann in eine biochemische Ruhephase überzugehen, in der auch die Hemmstoffe des Tages weniger werden, sodass nach weiteren 12 Stunden die Tagesgene erneut zu arbeiten beginnen. Ein tagtägliches Phänomen und Beispiel, wie sich Umwelt in unseren Genen widerspiegelt.

      Das ist kein Zufall. Das ist Evolution.

      Aber selbst so banale Konstanten wie die Höhe über dem Meeresspiegel und der Sauerstoffpartialdruck prägen uns und unsere Gene. In Tibet leben die Menschen auf rund 4.000 Meter Höhe, was auch die Gene registrierten. Steigen Menschen aus unseren Breiten auf 4.000 Meter hohe Berge, bilden sich zum Ausgleich für den geringeren Sauerstoffgehalt deutlich mehr rote Blutkörperchen. Allerdings mit einer Nebenwirkung: Das Blut wird dicker. Weil mehr Blutkörperchen in die Gefäße abgegeben werden. Dadurch sinkt die Durchblutung der feinen Kapillaren, man wird schwindlig, mitunter ohnmächtig.

      Wie kürzlich zwei klinische Gelehrte entdeckten, haben sich bei den Tibetern immerhin 30 Gene derartig verändert, dass sie nicht mehr überschießend Blutkörperchen bilden, dadurch die Mikrozirkulation nicht verändern, aber trotzdem ausreichend Sauerstoff transportieren. Nach Meinung der Wissenschaftler war diese spiegelbildliche Umstellung und Anpassung in nicht einmal 3.000 Jahren passiert, was nach dem derzeitigen Wissensstand der schnellste bekannte evolutionäre Anpassungsschritt der Menschheit wäre. Ein Wimpernschlag in der Entwicklung. Bisher war nur ein anderer, allerdings länger zurückliegender Spiegelreflex auf die Umwelt bekannt: die Laktosetoleranz, die die Nordeuropäer innerhalb von 7.500 Jahren in die Lage versetzte, auch als Erwachsene Milch trinken zu können.

      Das heißt, der Mensch verändert sich permanent. Er wächst, wird größer und intelligenter. Er steht auf der Schwelle zur nächsthöheren Stufe. Zum Homo novus, dem neuen Menschen. Einer, der versteht, wie man die letzten Puzzleteile des Lebens ins Spiel bringt und zu einem Gesamtbild formt.

      9

      Gehirn. Genom. Geheim

      Nicht nur das Hämoglobin und die Lunge, auch das Gehirn ist ein Abbild der Welt, die uns umgibt: So gehen die Genfer Neurowissenschaftler Pierre Magistretti und Delosan Lossana, aber auch der Kinderpsychiater François Ansermet davon aus, dass das Gehirn kein genetisch streng determiniertes Organ sei, sondern die Reizaufnahme aus der äußeren Wirklichkeit Spuren im Nervensystem hinterlässt. Das Gehirn wird dynamisch, der Epigenese folgend, interpretiert. Außenwelt und Erfahrung wirken sowohl auf neuronaler wie auch auf synaptischer Ebene prägend, was bis ins Unterbewusste reichen kann.

      Synapsen regulieren die Erregungsübertragung zwischen den Nerven; daran sind einfache Moleküle, Neurotransmitter, dazu Elemente und Ionen beteiligt. Im Unterschied zur früheren Auffassung, dass das alles genetisch vorbestimmt wäre, neigt man heute eher zu der Meinung, die Plastizität sei so groß, dass unser Gehirn bei der Ausformung von Synapsen die Außenwelt mitpartizipieren lässt.

      Dadurch wird die Neurogenese von der Umwelt mitgestaltet. Die Zahl der Neuronen ist keineswegs endgültig fixiert, wie das noch vor nicht allzu langer Zeit die Meinung der Schulmedizin war. Durch die Neuroplastizität bekommt das Gehirn eine hohe Anpassungsfähigkeit, die zum Abbild der uns umgebenden Wirklichkeit wird. Das würde auch gut mit Freuds Auffassung zusammengehen, der meinte: Die Erfahrung durch Prozesse der Assoziation, Verschmelzung und Verzerrung wird im Nervensystem mehrmals umgeschrieben, bis sie schließlich die Form unbewusster Fantasievorstellungen annimmt.

      Das heißt, das Hirn passt sich nachweislich dem an, was es sieht und versteht. Es sind hochkomplexe mikrobiologische Vorgänge im Nervensystem, die an der Impulsvermittlung teilhaben. Je mehr neue Eindrücke entstehen, desto stärker können sich Rezeptoren ausbilden, wodurch sich auch die Leistungsfähigkeit der Neuronen verstärkt. Viele Signale sind so fein, dass wir sie nicht gleich zu deuten wissen. Aber es sind alles Informationen. Botschaften.

      Der Empfangende, so könnte man Sloterdijk zitieren, hält mit dem Absender ein Zwiegespräch und ist andererseits von ihm geprägt.

      In stillen Momenten könnte man es wortlose Kommunikation nennen. Manchmal auch Beten.

      Dass an einen Abbildcharakter zu glauben nicht unvernünftig ist, weisen die vielen biologischen Instrumente aus, die nicht nur eine permanente Anpassung und eine gerichtete Evolution denkwürdig machen, sondern auch – für den Gläubigen – a priori eine Prägung durch einen Gott.

      Zur Anpassung und zur Spiegelung der Außenwelt hat die Evolution eine eigene Logik und eine gefinkelte Logistik entwickelt, um über einen uns noch nicht bekannten Algorithmus Innen – und Außenwelt miteinander zu verbinden.

      Einige Beispiele dazu: Unser Genom, dieser wunderbare, elektrostatische Würfel, der ununterbrochen oszilliert, um sich der Umwelt anzupassen, besitzt vielfältige Instrumente, um nicht nur die Verpackung, sondern selbst die Anatomie, also die Hardware des Genoms, so zu verändern, dass er Abbild der ihn umgebenden Umwelt wird, um überleben zu können. Man könnte sagen, es ist ein wundersamer Chamäleoneffekt in der DNA.

      Es sind vor allem – und das alles wusste Feuerbach natürlich nicht – mobile, sprungfähige Erbgutteile, die einen Anteil des Genoms bei höheren Arten ausmachen und eine reaktive Plastizität der Gene ermöglicht. Sie haben nämlich die Fähigkeit, wie der Name schon sagt, zu springen. Hops. Und sich an neuen Stellen des Genoms zu platzieren. Diese Elemente beinhalten die sogenannten DNA-Transposons, autonome Retrotransposons und nichtautonome Retrotransposons. Mit Details möchten ich Sie nicht langweilen, das machen wir schon auf manchen Medizinerkongressen. Wichtig ist die Message: Dass dieses biologische Orchester nur nach den Noten des Zufalls spielt, ist die wissenschaftliche Hypothese der Atheisten. Dass es hingegen dahinter Gesetzmäßigkeiten geben könnte, ist eine andere Denkart, die nicht minder vernünftig erscheint. Wenn der Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger von einer »uns noch unbekannten Information spricht, die hinter der Physik ruht«, so könnte das auch in der Biologie der Fall sein und die ungeheuren Anpassungsmechanismen modulieren.

      Die DNA-Sprünge ereignen sich nicht zufällig. Sie folgen einer unbekannten Kette von Information. Einem Code, den wir noch nicht entschlüsselt haben.

      Die Werkzeuge für diese

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