Matrix-Liebe. Traian Suttles

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Matrix-Liebe - Traian Suttles

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(2006, S.116ff.) sieht in dem kurzen, aber um so spektakuläreren Kampf in Zimmer 303 die typische Herangehensweise der Matrix-Regisseure vorgeführt: es werden – als angeblich postmodernes Standardverfahren – »high art codes« und »popular codes« miteinander verwoben (womit die unbekannten und bekannten Zeichen des Matrix-Codes symbolisch für die Filmkunst der Wachowskis stünden!). Die religiöse Konnotation des Hackernamens Trinity sowie die hierauf zu beziehende Zimmernummer 303 repräsentieren ersteres,8 während die Kampfszene den Anschluss an populäres Actionkino und Computerspiele herstellt (ebd. S.117):

      »Trinitys virtual model is obviously Lara Croft. The film’s cultural references to contemporary computer games and to contemporary action movies resorting to kung fu aesthetics have contributed to the vast box-office success of The Matrix (…).«

      Dem wäre hinzuzufügen, dass sich Leser von William Gibsons Vorbildtext Neuromancer an die kampftechnisch versierte, hochgefährliche Molly erinnert haben dürften, nachdem sie Trinity in diesen ersten Szenen des Films erstmals in Aktion erlebten. Gibsons (Trash)Romanfigur wird über Videospiel-Sehgewohnheiten auf die Kinoleinwand projiziert, und insbesondere die bullet time, der Clover (2004, S.25f.) die entscheidende, den Zuschauer „einsaugende“ Wirkung zuschreibt, macht die Mixtur der so verschiedenen Medien komplett:

      »However, if the scene is frozen but the hero can move through it – if all the power and agency is vested in a singular figure with which we have identified – the circumstances resemble those of a videogame as extensively as a movie can, and still be a movie. For the duration, we have the masterful relation to time already enjoyed by every videogamer. Inevitably, then, the featured bullet-time sequences of The Matrix echo the most popular combat formats of videogames: martial arts and the shooter.«

      Im Vorgriff auf das Ende des Filmes ist festzustellen, dass das Zimmer 303 jenes ist, in dem Neos Transformation zum Auserwählten stattfinden wird (genauer gesagt im Flur direkt vor dieser Zimmertür). Dadurch ist bereits angedeutet, dass Trinity die für diesen Transformationsprozess entscheidende Figur darstellt. Vorerst jedoch erlebt sie der irritierte Zuschauer als Kämpferin, die eben noch übermenschlich schnell und tödlich agierte, nur um gleich darauf voller Angst zu fliehen, als ein Agent und weitere Polizisten aus dem Lift aussteigen und auf sie zu laufen. Die anschließende Verfolgungsjagd über Hausdächer – inszeniert als unübersehbare Hommage an Hitchcocks Vertigo (1958) – sorgt für weitere Überraschungen: Trinity zeigt einen gewaltigen Sprung von einem Dach auf das nächste, doch der Agent lässt sich nicht abschütteln, er zieht nach. Die Polizisten hingegen bleiben konsterniert stehen angesichts der „unmöglichen“ Aktionen, die sie gerade mit ansehen mussten. Ihre „Wirklichkeit“ scheint also die der Zuschauer zu sein, während Trinity und der Agent die Regeln der Alltagsrealität brechen können.

      Das Ende der Verfolgungsjagd setzt allen gezeigten Unmöglichkeiten die Krone auf, denn Trinity flüchtet in eine anrufbare Telefonzelle, in der es gerade klingelt. Agent Smith – unübersehbar der Chef jener drei Agenten, die kurz nach der Polizei am Heart o’ the City-Hotel eintrafen – überrollt dieses „nutzlose“ Versteck mit einem Truck, doch Trinity, die zuvor noch den Hörer abnehmen und ans Ohr halten konnte, ist verschwunden. All diese Abläufe wird der ahnungslose Zuschauer erst einordnen können, sobald er im weiteren Handlungsverlauf über die Trennung von Matrixwelt und Realität dazulernt. Im Falle der Telefone bedeutet dies: Die Rebellen bevorzugen solche in lost places, wie z.B. in alten Hotels oder in einem aufgegebenen Laden für Fernsehreparaturen. Ob es wirklich vergessene, nicht abgemeldete Anschlüsse sind, wird nicht gesagt, wahrscheinlicher ist wohl, dass zumindest einige der genutzten Apparate nachträglich an diesen vor Beobachtung gut geschützten Orten installiert wurden. Im Katz und Maus-Spiel mit den Agenten sind solche „besonderen“ Leitungen, die z.B. durch die Sendefelder von Handys nicht ersetzbar sind, der größte Trumpf der Rebellen (zur genaueren Ausdeutung Festnetz versus Handy siehe das Kapitel Zwischenbetrachtung I weiter unten). Allerdings nutzen sie auch weniger verborgene Anschlüsse, wie eben öffentliche Telefonzellen – so wie Trinity am Ende der ersten Verfolgungssequenz des Filmes. Warum Trinity aufgespürt wurde und fliehen musste, wird erst später klar: Es war ihr eigener Mitkämpfer Cypher, der sie an die Agenten verriet, um sich bei diesen für weitere Aufgaben zu empfehlen.

      5 Die eigentlich namensgebenden bullet time-Szenen, also solche, in denen sich in abgefeuerter Munition das verlangsamte Zeitmoment manifestiert, kommen später. Genial fortgesetzt wird das Motiv, wenn in der letzten von ihnen – nämlich bei Neos Transformation – die Bewegungen der durch den Matrixraum ziehenden Kugeln gänzlich zum Stillstand kommen.

      6 Um genau zu sein, ist nicht die kreisende Kamera neu zu nennen, sondern ihr hohes Tempo – man vergleiche die gemächlich ihre Bahn ziehende Vorgängerin in der Kuss-Szene aus Vertigo (1958). Zu Beginn von The Matrix finden sich mehrere Verweise auf diesen (spät etablierten!) Kritikerliebling; es ist, als ob sich zwei Jahrhundertfilme die Hand reichen würden.

      7 Ein im anderen Sinne vom Verhaltensforscher Adriaan Kortlandt (1918-2009) eingeführter Begriff.

      8 Wobei man der 303 noch andere Bedeutungen hinzufügen kann, etwa die in der Eingangsszene stattfindende Kommunikation von Trinity=3 mit Cypher=0 (Yeffeth 2003, S.243). Wie später klar wird, handelte es sich um ein Gespräch zwischen Gut und Böse, zwischen einem „Engel“ und einem „Teufel“.

       Zimmer 101: Neos Mansarde

      Nach Trinitys gelungener Flucht zoomt die Kamera in einen Telefonhörer hinein und gleich im Anschluss aus einem Monitor heraus: es ist ein Computer in Neos Mansardenwohnung. Der Bildschirm ist eingeschaltet; über ihn scrollen Nachrichtenseiten in verschiedenen Sprachen. Berichtet wird von der Jagd auf einen gewissen Morpheus, der auch auf einem Foto zu sehen ist: ein kahlköpfiger, bullig wirkender Mann mit Sonnenbrille.

      Wieder hat man es mit subtilen Anspielungen zu tun, die erst dann verständlich werden, wenn man den ganzen Film (beziehungsweise die Trilogie) kennt. Das Telefonat zwischen Trinity und Cypher verband Matrix und reale Welt (= das Operatordeck der Nebukadnezar). Später ermöglichte eine solche Festnetzleitung (= die Telefonzelle) Trinitys Flucht aus der Matrix. Die Leitung aus dem Hotel konnte Trinity hierfür nicht mehr benutzen, da diese von den Agenten schon durchtrennt worden war. Nur funktionale Festnetzleitungen bieten also einen Fluchtweg aus dem Matrix-Gefängnis. Da der oben genannte in-zoom in einen zerstörten Telefonhörer ging, kann der out-zoom nicht in die Realität führen. Folglich befinden wir uns beim out-zoom in Neos Zimmer hinein immer noch in der Matrix-Virtualität.

      Wir sind aber bei einem ganz besonderen Matrizianer gelandet. Der out-zoom aus Neos Computerbildschirm erfolgte durch das Wort »search« hindurch, genauer gesagt durch die Schleife des Buchstabens »a«. Man kann dies als das Gegenstück zum zoom durch die Null verstehen, mit dem wir die illusionäre Matrixwelt gleichsam das erste Mal betraten. 0 und a sind wie Omega und Alpha. Von einem „Ende“ aus also wird ein neuer „Anfang“ gesucht. Darauf hatten uns, wie im obigen »Anruf aus der Matrix«-Kapitel beschrieben, auch schon die Zahlen 5 und 6 hingewiesen: Neo wird prüfend beobachtet, er soll der neue »Auserwählte« sein, der die Menschen aus ihrer Gefangenschaft im Matrix-System hinausführen könnte. Dummerweise wird er nicht nur von Personen gesucht, die auf ihn hoffen, sondern mittlerweile auch von den Agenten des Systems. Hier aber gibt es einen folgenreichen Unterschied: für Morpheus und seine Leute ist Neo der potenzielle Erlöser, für die Agenten hingegen ist er momentan nur eine von mehreren »Zielpersonen«. Die Agenten des Systems haben noch nicht verstanden, wie gefährlich Neo ihnen werden könnte, und im weiteren Verlauf der Trilogie lernt man sogar, dass sie von regelmäßig wiederkehrenden Matrix-Erlösern nichts wissen: diese brisante Information ist höchst wenigen Eingeweihten vorbehalten.

      Tatsächlich wirkt Neo nicht gerade

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