Schweres Blut. Aho Juhani
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»Weshalb muß es denn der so haben, der Rekel?«
»Er hat gut bezahlt, um keine Kopeke gefeilscht, wie die anderen russischen Leute. Ist spaßig und nett. Hat mir sogar einen Schnaps für meine Mühe gegeben.«
»War er süß?«
»Ob er süß war? Das war er – irgend so was Ausländisches – prickelt mir in den Adern wie im Frühjahr der Saft in der Birke.«
»So als ob die Blätter an dir ausschlagen wollten?«
Juha entfuhr ein behagliches Lächeln und Marja ebenfalls.
»Die Badestube ist fertig, wenn ihr nichts anderes vorhabt.«
»Marja, du mußt selbst kommen und uns das Wasser auf den Ofen gießen.«
»Das versteht wohl Kaisa ebenso gut wie ich.«
»Nicht doch – du, die Wirtin, mußt für den Dampf sorgen. Hör mal! Geh doch nicht – nicht mehr bärbeißig sein ... Was?«
Er getraute sich, Marja mit der flachen Hand in der Seite zu berühren. Und sie fuhr ihn jetzt nicht an, tat, als hätte sie nichts davon bemerkt, wiegte sich nur ganz leise. Aber Juha war es, als habe er nicht die Erde unter den Füßen.
»In die Badestube, Freund!« rief er ins Haus, aus dem Schemeikka sogleich herauskam.
Marja war von den Speichern weg halblaufend nach dem Strande zu gegangen.
»Du hast eine prachtvolle Frau,« sagte Schemeikka, ihr nachsehend. »Hebt die Füße wie ein Füllen vor dem Schlitten.«
»Ja, die hebt die Füße!«
»Ist sie auch sonst nach deinem Sinn?«
»Ja, das ist sie, ist nach meinem Sinn wie sonst nichts. Und deine Frau?«
»Habe mir noch keine zugelegt.«
»So, nicht? Mußt dir eine nehmen. – War verdammt fein, dein Schnaps!« sagte Juha, mit den Fingern knipsend.
»Willst du noch?«
»Jetzt nicht, jetzt nicht ... später, wenn wir gebadet haben. Ich habe dir nichts vorzusetzen als ein bißchen bitteren Fusel. Laß dann die Frau auch etwas von deinem schmecken,« zischelte er, indem er seinen Gast in die Seite stieß. »Wenn du mehr Süßes in deinem Ranzen hast, wollen wir uns das später auch ansehen. Junge Menschen sind sehr hinter Süßem her.«
»Habe süße Sachen, habe schmucke Sachen!«
Juha tappelte und hopste und wußte nicht, wie er sein Behagen ausdrücken sollte ... Der Fremde war doch gerade zur rechten Zeit gekommen. Ohne ihn hätte das Verdrießlichtun noch eine Woche fortgedauert, und wer weiß, ob dann Frieden geworden wäre. Aber sobald ein angenehmer Gast kommt, ist sie gleich obenauf.
»Laß deine Lumpen hier auf dem Hof. Ich lasse sie auch da.«
»Mein Ranzen ist doch wohl in der Stube sicher?«
»Der ist sicher! Und wenn du alle Reichtümer Kareliens darin hättest.«
»Das nicht, das nicht, nur ein bißchen Kram und Plunder ...«
»Zu uns kommen keine Diebe. Bei uns ist noch keiner beraubt worden, so weit wie der Ruf zum Hofe klingt. In Juhas Gehöft kommt kein Bandit. Und wenn einer käme, würde er weggejagt! Sie fragen um Erlaubnis, ehe sie was nehmen. Nun komm! So einer ist der Juha!«
Während sie zur Badestube hinuntergingen, schlug Schemeikka seinen Wirt auf die Schultern.
»So einer ist er! Ein tüchtiger Kerl. Der beste alte Knabe von der Welt!«
Juha lachte aus vollem Halse und ging dem anderen voran in die Badestube.
Marja stand in dem Vorraum, als die Männer kamen, und kehrte ihnen den Rücken zu.
»He, Wirtin!« rief Schemeikka, splitternackt an ihr vorbeigehend. Aber Marja wandte den Kopf nicht um. Erst als sie hörte, daß sie auf den Schwitzbänken saßen, schlüpfte sie durch die Tür hinein, um die Quäste auf dem Ofen zu weichen.
»Bist wahrhaftig ein stattlicher Bursch,« sprach Juha. »Der Rücken wie eine schwanke Föhre, die Unterschenkel fein wie bei einem Elch, die Oberbeine wie die eines Schlittenfüllens – eine Kunst, mit denen über den Zaun zu kommen! Meine hier sind ein bißchen krumm, weil sie mich zu jung im Laufstuhl haben stehen lassen, aber ich komme auch damit vorwärts.«
»Da nimm,« sagte Marja, die Quäste hinstreckend.
»Gib sie nur her und sei nicht so blöde. – Sieh auch mal dem seine Arme an – die haben sich nicht in den Pflugsterzen gewiegt – na, da sind sie hingefallen!«
»Nun ja – da nimm!«
Marja hob die Quäste vom Boden auf und reichte Juha den einen, während sie den anderen an ihm vorbei Schemeikka in die Arme warf.
»Au!« rief Schemeikka.
»Oh, hats weh getan?«
»Ja.«
»Wo denn?« kicherte Juha.
»Irgendwo.«
Juha, dem der Dampf und das Behagen und der starke Trank immer mehr zu Kopfe stiegen, lachte und brachte auch Schemeikka zum Lachen. Aber Marja schrie wie aufgebracht:
»Verfluchte Taugenichtse!«
»Jetzt Dampf!« rief Schemeikka. »Jetzt Dampf, schöne Frau!«
»Noch mehr?«
»Genug, genug!«
Marja goß noch einmal, wie zum Trotz, Wasser auf den Ofen, zog sich dann in den Vorraum zurück und hörte dort alles, was die Männer in der Badestube sagten, wenn im Klatschen der Quäste eine Pause entstand.
»Komm, jetzt werde ich dich abwaschen,« sprach Juha. »Streck dich aus. Sie hat ja gehörig draufgegossen. So recht aus der Fülle. Ja, die zieht mächtigen Dampf aus dem Ofen, wenn sie will. Das ist eine, das ist eine ... hätte nicht geglaubt, daß ich alter, etwas verkrüppelter Knabe eine so Junge und Stattliche bekäme.«
»Ihr seid doch kein Krüppel?«
»Ich hinke ja etwas, weil mich einmal ein Bär ins Bein gebissen hat. Dort sind noch die Narben von den Zähnen, und da ist die Sehne durch. Beim Gehen macht es nichts aus. Und ich merke es auch nur vor einem Wetter.«
»Ein Fremder merkt nichts.«
»Ich hätte sie vielleicht auch sonst nicht bekommen.« – Juha dämpfte die Stimme und glaubte nur noch zu flüstern – »dreh dich etwas auf die Seite ... hätte sie vielleicht auch sonst nicht bekommen, aber da ich sie mir von klein auf, von der Wiege an, selbst gezogen, wie die beste Kindermagd geschaukelt habe –