Tödlicher Crash. Barbara Wimmer

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Tödlicher Crash - Barbara Wimmer

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von der man eigentlich erwartet hatte, dass sich auch Europa daran orientieren werde.

      Die Einigung sah so aus: Das Lenkrad im Auto, das sollte bleiben. Der Mensch darf sich damit immer über die Maschine stellen und selbstständig eine Entscheidung über das Fahrverhalten seines Fahrzeugs fällen und in die Geschehnisse eingreifen. Die Insassen dürfen zudem nie vom Autopiloten in Lebensgefahr gebracht werden. Falls dies doch passiert, haftet der Autohersteller.

      Für den Fall Steinrigl bedeutete dies Folgendes: Selbst wenn der Flexus Alpha die 13-jährige Radfahrerin praktisch erst in letzter Sekunde entdeckt hatte, hätte das Auto seinen Insassen schützen müssen und nicht die Radfahrerin. Es hätte ihr nicht so ausweichen dürfen, dass damit das Leben des Politikers gefährdet gewesen wäre.

      Diese Bestimmung mag zwar absolut nicht ethisch klingen, aber sie war der einzig gangbare Weg, um die Entwicklung der selbstfahrenden Autos am Ende voranzutreiben. Wer kaufte schon einen Wagen, der einen umbringen könnte? Die Entwicklung wäre komplett im Sand versackt und nicht weiter voran getrieben worden. Gestoppt von Gesetzen.

      Für so manch einen Autobauer war diese Regelung sowieso nicht ideal. Sie hatten schon längst Fahrzeuge in petto gehabt, die gänzlich ohne Lenkrad auskamen. Auch Noofle hatte den Flexus Alpha schon ohne Lenkrad angekündigt gehabt, und es hatte aufgrund der neuen Gesetze Verzögerungen gegeben.

      Auch in Europa war diese Regelung bereits in Gesetzesentwürfe eingeflossen – allerdings wie es in der EU üblich war, je nach Nationalstaat ein bisschen unterschiedlich. Außerdem waren manche Staaten langsamer und schneller unterwegs. Österreich zählte neben Finnland, Deutschland und Norwegen zu den ersten Ländern, die ein entsprechendes Gesetz umgesetzt hatten. Österreich hatte sogar bereits an einem Alleingang gearbeitet, der in Kraft getreten wäre, wenn die EU-Regelung gescheitert wäre. Diese hätte vorgesehen, dass der Fahrer im Fall des Falles immer die Letztverantwortung hat. »Wir müssen Vorreiter sein«, hatte es dazu aus dem Mund von Wolfgang Steinrigl noch vor wenigen Monaten getönt und der Technologieminister hatte die Regelung widerwillig abgenickt. Welch Ironie, dachte sich Stefanie Laudon. Ausgerechnet Wolfgang Steinrigl hatte sich vehement für die flächendeckende Zulassung selbstfahrender Autos in Österreich eingesetzt. Und jetzt starb er in einem.

      Das Argument für eine derart schnelle gesetzliche Regelung lautete, dass man damit die österreichische Wirtschaft weiter ankurbeln könne. »Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut«, war ein Leitspruch der Regierungspartei. Im Falle der selbstfahrenden Autos spielte Österreich aber tatsächlich eine wichtige Rolle am internationalen Markt. Sowohl der österreichische Leiterplatten-Hersteller AT&S, Infineon, als auch das österreichische Technologie-Unternnehmen TTTech mit Sitz in Wien lieferten nämlich wertvolle Bauteile für die selbstfahrenden Autos. Die Akzeptanz der autonomen Autos bei der Bevölkerung war daher von Anfang an sehr gut und die Technologie wurde als positiv und alternativlos wahrgenommen. All dies fasste Stefanie in einem Hintergrund-Beitrag, für den in der Printzeitung stolze zwei Seiten vorgesehen waren, zusammen. Sie musste nur wenige Fakten noch einmal überprüfen, das meiste davon hatte die Journalistin noch im Kopf, weil sie oft genug darüber berichtet hatte. Sie galt als Expertin auf diesem Gebiet.

      Natürlich hatte es auch in Österreich die ethischen Diskussionen rund um die Rolle des Menschen am Steuer gegeben. Stefanie konnte sich noch zu gut an die Frage aller Fragen erinnern: »Ist der Mensch überhaupt in der Lage, sich im Verkehrsgeschehen zurechtzufinden, wenn er davor gerade etwas ganz anderes gemacht hatte wie telefonieren oder Videos ansehen?« Systeme zur Fahrerbeobachtung ergaben, dass die durchschnittliche Reaktionszeit in so einem Fall bei 15 Sekunden lag – zu lang, um Unfälle zu verhindern. Und damit wäre eine derartige Regelung, dass der Fahrer am Ende immer die Verantwortung habe, eigentlich fahrlässig gewesen. Gott sei Dank hat man sich hier dank den Vorgaben der EU noch anders entschieden, dachte die Journalistin. Stefanie hatte das oft genug kritisiert, doch die Wirtschaftslobby mit ihrem »Österreich muss Vorreiter sein« war stärker als eine einzelne Journalistin. Die anderen Medien hatten diesen Aspekt in ihrer Berichterstattung großteils vernachlässigt, weil von Seiten des Wirtschaftsministeriums regelmäßig Gelder aus Inseraten flossen. Und das war in diesen für Medienhäuser seit Jahren wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer wichtiger.

      Zahlreiche internationale Wissenschaftler hatten in der Debatte argumentiert, dass man regelkonforme Verkehrsteilnehmer immer bevorzugen müsse. Andere hatten dafür plädiert, dass jegliche Gewichtung von Menschenleben strengstens verboten gehört – außer es betraf den Insassen. Stefanie dachte an die 13-jährige Radfahrerin und das Auto. War dieses ausgewichen, obwohl die Sensoren eigentlich anzeigen hätten müssen, dass es glatt und die Fahrbahn nass war? Hätte der Flexus Alpha nicht wissen müssen, dass er damit die Sicherheit seines Insassen gefährdete? Oder hatte das Auto lediglich den Radius falsch bemessen und beim Ausweichen einen Fehler gemacht? Das alles würde darauf hindeuten, dass sie selbst am Ende absolut gar nichts mit dem Tod Steinrigls zu tun gehabt hätte. So ein Algorithmus ließe sich sicherlich auch nicht ändern, wenn man in das Steuersystem eingedrungen war. Oder? Stefanie beschäftigte noch immer sehr, dass sie nur wenige Tage vor dem Tod des Ministers dessen Flexus Alpha aus der Ferne hätte steuern können.

      Zehn Minuten vor dem Print-Redaktionsschluss war sie mit ihrer Analyse fertig: »Autonomes Auto: Rad wichtiger als Insasse?« Sie lehnte sich in ihrem Bürosessel zurück, ließ die Arme fallen und atmete tief durch. Dann schrieb sie Paul eine verschlüsselte Nachricht: »Ich glaube, ich weiß, warum Steinrigls Auto verunglückt ist.«

      Paul antwortete zügig: »*Gespannt bin*.«

      Stefanie hatte aber jetzt keine Energie mehr, um ihm noch einmal zu antworten. Sie war fertig für heute. Heim und ab in die Badewanne. Gerade wenn es draußen kalt und nebelig war, half ihr am ehesten ein Entspannungsbad beim Abschalten und Loslassen vom Alltagsstress. Ausgepackt hatte sie ihren Koffer aus Barcelona auch noch nicht. Aber das würde sie auf morgen verschieben. Jetzt hatte sie sich ihren Feierabend verdient!

      Kapitel 5

      »Ich hab’s dir ja gesagt, Miro. Das mit der Zulassung in Österreich, das war ein Fehler. Wir hätten warten müssen. Das Land ist zu klein und die Absätze bei weitem zu niedrig, als dass wir uns jetzt deswegen unser Geschäft ruinieren lassen«, sagte Josef Brand am Telefon zum österreichischen Noofle-Geschäftsführer. Bei dem Autokonzern liefen die Telefone heiß, seit die ersten Medien – allen voran das Blatt »24 Stunden« – mit den Spekulationen begonnen hatten, dass die Sicherheit des Fahrzeuginsassen in dem Fall weniger wichtig gewesen sei als die einer 13-jährigen Radfahrerin. Der Todesfall des österreichischen Finanzministers hatte es auch weit über die Grenzen Österreichs hinaus in die Medien geschafft. Es wurde praktisch weltweit darüber berichtet. Und überall wurde die Marke Noofle genannt. Klar – schlechte Presse war gleichzeitig auch gute Presse –, und in Brasilien zum Beispiel, da konnte der Konzern sogar aufgrund des Vorfalls bereits leicht steigende Absatzzahlen des Flexus Alpha verzeichnen. Dort mochte man nämlich keine Finanzminister. Und in den Köpfen der Menschen dort blieb vor allem der Markenname »Noofle« hängen.

      Aber in Österreich und im restlichen Europa, da versuchten nun viele Kunden, ihre Vorbestellungen zu stornieren. Gott sei Dank hatte man bei Noofle die Verträge allerdings so gestaltet, dass ein Rücktritt nur schwer möglich war. Das allerdings verärgerte die Kunden jetzt erst recht. Die drohten nun wiederum damit, an die Presse zu gehen. Irgendwie musste Brand also den Super-GAU verhindern.

      »Weiß man schon Näheres? Habt ihr den Hergang des Vorfalls schon fertig analysiert?«, fragte Brand von der Unternehmenskommunikation.

      »Noch nicht ganz. Wir warten da noch auf Informationen aus Kalifornien. Die Zeitverschiebung, du weißt. Aber es wird einige Überraschungen geben«, sagte Miro Slavic. »Es sieht so aus, als hätte es gar nichts mit dem Rad zu tun. Aber wir müssen noch abwarten.«

      Abwarten. Hmm. Das war gar nicht

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