Tödlicher Crash. Barbara Wimmer

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Tödlicher Crash - Barbara Wimmer

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tun müssen!«, forschte Brand.

      »Ja, das ist ja das Merkwürdige. Ab 16.55 Uhr reagierte der Flexus Alpha scheinbar nicht mehr so, wie er es eigentlich hätte tun sollen. Um 17.10 Uhr kam es dann zum Crash. Das Mädchen am Rad, das war nur zufällig da auf der Straße vor unserem Wagen«, erklärte Slavic. Er erzählte damit eigentlich bereits mehr, als er offiziell sollte. Es galt in der Causa noch eine strikte Geheimhaltungspflicht, auferlegt von der Konzernzentrale in Kalifornien. Nichts durfte nach außen dringen. Und die Aufgabe eines Kommunikationschefs war es schließlich, zu kommunizieren. Slavic bereute daher sogleich auch wieder, was er ausgeplaudert hatte.

      »Weiß die Polizei das schon?«, fragte Brand.

      »Nein, weiß sie nicht. Wir haben ihr bisher nur den Zeitpunkt des Crashs übermittelt. Und das soll auch momentan so bleiben. Also erzähle auf keinen Fall etwas weiter!«

      »Lass uns morgen wieder telefonieren, da haben wir hoffentlich schon mehr Informationen.«

      Brand seufzte tief. Für ihn war dieser Wissensstand, also sowohl der offizielle als auch der inoffizielle, äußerst unbefriedigend. Er merkte aber, dass es aussichtslos war, weiter nachzufragen. Wenn da nicht diese Medien wären, die immer alles so drehten, wie es ihnen gerade passte. Von wegen das Auto war dem Mädchen ausgewichen und opferte das Leben des Insassen! Das war eine bodenlose Frechheit, so etwas ungeprüft zu behaupten. Absolute »Fake News« und pure Spekulation.

      Zum Verkaufsstart des Flexus Alpha in Österreich war noch ein Jubelbericht nach dem anderen zu lesen gewesen über die große, goldene Zukunft des autonomen Fahrens. Jahrelang waren die Roboter-Autos als glorreicher Ausweg aus der Mobilitätskrise abgefeiert worden. Die Roboter-Autos, die die Welt retten.

      Wenn die Sensoren der Fahrzeuge miteinander kommunizierten und man damit den Verkehrsfluss so optimieren könnte, dass es nie wieder zu Staus käme: Das wäre der Traum aller Autofahrer! Und wenn es keine Unfälle mehr gäbe, die von rücksichtslosen Fahrern verursacht wurden. Oder wenn die Roboter-Autos einen bequem auf Bestellung von Ort A nach Ort B brächten, ohne dass sie einem selbst gehörten. So viele Menschen hatten gejubelt, als Noofle – sowie auch die Konkurrenz – ihnen erzählt hatten, dass das in Österreich bald alles Realität werden würde.

      Auch über die tolle Funktion, die vorsah, dass die Kameras der selbstfahrenden Autos als Überwachungskameras fungieren konnten, hatten sich viele bereits im Vorfeld gefreut. Nie wieder blieb Vandalismus an Fahrzeugen unbemerkt! Oder Fahrerflucht! Auch wenn das Wort künftig freilich eine andere Bedeutung erlangen müsste. Würde es schon mehr selbstfahrende Autos auf den Straßen geben, wäre dieser Vorfall auch aufgezeichnet worden und das Video dazu sofort von der nächsten Polizeistation abrufbar gewesen, dachte sich Brand. Die österreichische Datenschutzkommission hatte diese Funktion der Überwachungskameras hierzulande bereits vor dem Start der autonomen Autos genehmigt. Das war ganz einfach gewesen. Der Autokonzern hatte sich hier in seiner Argumentation an der Position der Wiener Verkehrsbetriebe orientiert, die ihre Videoüberwachungsanlage nach einem befristeten Probebetrieb ebenfalls genehmigt bekamen, weil sie einen »positiven Einfluss auf die Schadensverhütung im Bereich der U-Bahn-Garnituren« besitzen würde. Dadurch wurde eine unbegrenzte Registrierung der Kameras in der U-Bahn für »sachlich gerechtfertigt« angesehen. Genauso hatte auch Noofle argumentiert, als sie ihre Pläne zur Aufzeichnung von Kameras eingereicht hatten – und sie waren damit problemlos durchgekommen. War man bei sogenannten »Dashcams«, die Fahrer selbst im Auto montiert hatten, noch kritisch gewesen und hatte sie kategorisch abgelehnt, war das bei den Kameras der selbstfahrenden Autos von Noofle gar kein Problem mehr. Das hatte selbst Brand überrascht. Doch das brachte natürlich auch für den Konzern enorme Vorteile mit sich: Auch Noofle würde die Bilder aus den Kameras für seine Zwecke nutzen. Das konnte ihnen so schnell keiner nachweisen und die Gesetze waren diesbezüglich vor Jahren, als es den großen Big-Data-Hype gegeben hatte, erheblich aufgeweicht worden. Sie würden die Daten einerseits dazu nutzen, um damit die Algorithmen zu füttern, die sich ständig automatisch weiterbildeten und mit denen das Verkehrsflusssystem verbessert werden konnte, andererseits konnte man diese Daten sicher auch eines Tages an Versicherungen verkaufen. Selbst wenn die klassischen Versicherungen, die, seit es immer mehr vernetzte Cars auf den Straßen gab, fahrstilabhängig funktionierten und mit selbstfahrenden Autos praktisch obsolet wurden, sagte sich Brand, würden sich die Konzerne schon wieder etwas Neues einfallen lassen, das ihnen von Nutzen war. Oder aber man konnte die Daten direkt den Behörden für ihre »vorausschauenden Kriminalitätsanalysen« zur Verfügung stellen, die gerade immer beliebter wurden. Auch die würden sicherlich Geld dafür zahlen, schließlich ging es hier um »nationale Sicherheit«. Ja, die Behörden, die hätten diese Daten sicherlich gerne.

      Doch nicht nur Brand dachte so. Bei der Bevölkerung selbst kam Videoüberwachung sowieso seit Jahren gut an. Das subjektive Gefühl von Sicherheit, das war den Menschen wichtig. Nur wenige Stimmen hatten sich kritisch dazu geäußert und durchschaut, dass Videokameras in der Praxis nichts weiter bewirkten, als sich sicherer zu fühlen. Verbrechen wurden damit freilich keine verhindert. Stefanie Laudon etwa, diese Journalistin von »24 Stunden«, wetterte seit Jahren gegen den Ausbau von Videoüberwachungssystemen. Brand hatte schon viel von dieser Journalistin gelesen – und ihren Social-Media-Account auf die »Watchlist« setzen lassen. Das bedeutete, dass es bei Noofle eine Datenbank gab, in der vermerkt war, wann, wie oft und mit wem Stefanie Laudon via Social Media kommunizierte. Der US-Geheimdienst NSA bezeichnete diese Daten als »Open Source«, schließlich waren sie jedem öffentlich zugänglich. Und Social Media Monitoring wurde seit Jahren von vielen Unternehmen eingesetzt. Noofle hatte ein derartiges System weltweit im Einsatz. Stefanie Laudon war allerdings die einzige Journalistin aus Österreich, die es bisher auf diese Liste geschafft hatte. Sonst war Brand noch niemand aufgefallen, der seinem Konzern wirklich gefährlich werden könnte.

      Jetzt war diese Laudon auch noch die Erste gewesen, die Zweifel am Unfalltod des Politikers geäußert hatte und stattdessen das Auto verantwortlich machen wollte. Dieses Miststück, dachte Brand. Die hatte keine Ahnung, wovon sie schrieb. Fake News, absolute Fake News. Vielleicht war es jetzt an der Zeit, mal die gesammelten Social-Media-Daten auszuwerten und einzusetzen, dachte sich Brand.

      Diese Stefanie Laudon schrieb auch Dinge wie: »Das autonome Fahrzeug lässt dem Fahrer nicht die Freiheit, das Richtige zu tun, auch wenn es das Falsche ist.« Diesen Text hatte sich Brand sogar aufgehoben, weil er sich so sehr darüber geärgert hatte. Dass nun auch ausgerechnet der Finanzminister des Landes in diesen Vorfall involviert war, machte die Sache für Noofle auch nicht gerade einfacher. Der ganze Erfolg des Konzerns in Europa, auf den sie monatelang hingearbeitet hatten, stand mit diesem einen Vorfall auf der Kippe. Der Konzern durfte sich das jetzt keinesfalls bieten lassen, dachte Brand und nahm einen Schluck aus seinem geheimen Whiskey-Vorrat. Die gute Flasche, die er ausschließlich trank, wenn er alleine war, war im Regal links unten versteckt. Einen Schluck von dem guten Zeug. Das brauchte er jetzt, um wieder ein wenig runterzukommen. Als sich der Geschmack des Single Malts gleichmäßig in seinem Gaumen verteilte, wurde prompt sein Herzschlag wieder um einen Ticken ruhiger als zuvor. Brand atmete tief durch und seufzte.

      Kapitel 6

      Einen Tag später

      Kriminalkommissar Michael Leyrhofer war Routinier. Der Tod des Finanzministers war nicht der erste prominente Fall, den er übernommen hatte – oder besser gesagt, zu dem er aufgrund seiner Expertise und seines Know-hows zwangsverpflichtet worden war. Sicher hätte er den Fall auch ablehnen können. Noch war sowieso nicht klar, ob es überhaupt ein Fall war oder doch nur ein Unfall. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sah für ihn alles nach einem Unfalltod aus. Das Auto war dem Rad ausgewichen und in die Baumallee geknallt. Aus. Ende. Das wäre zwar ein Fall für die Versicherung des Autoherstellers, aber sonst nichts. Nur die Tatsache, dass das Fahrzeug dabei beschleunigt hatte, war irritierend. Das gehörte selbstverständlich untersucht. Mit oder ohne Finanzminister als Insassen.

      Aber weil es der erste Tote in einem

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