Der Fluch des Bierzauberers. Günther Thömmes

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Der Fluch des Bierzauberers - Günther Thömmes

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übernommen. Das war die politische Situation in der Region.

      Das größte Ärgernis dort waren jedoch holländische Freibeuter, die, ohne mit dem Krieg wirklich etwas zu tun zu haben, seit dem Abfall der nördlichen Provinzen der Niederlande vom spanischen Habsburg raubend und plündernd durch das Luxemburger Land zogen, und dies bereits seit über vierzig Jahren taten, lange bevor der große Krieg begonnen hatte. Die Bitburger nannten diese Freibeuter die Staatischen. Man versuchte, mit allen Seiten so gut wie möglich auszukommen und ließ sogar Protestanten in die Stadt, wenn keine Gefahr von ihnen ausging. Auch wenn Bitburg keine Insel der Seligen inmitten dieses Krieges darstellte, so hatte die Stadt doch allein dadurch, dass sie bislang nicht geplündert oder erobert worden war, ihren bescheidenen Wohlstand halbwegs aufrechterhalten können. Bei schlechten Ernten mussten alle den Gürtel enger schnallen, aber verhungert war hier – bislang – immerhin noch niemand.

      All dies konnte Knoll nicht wissen, als er und Magdalena gemeinsam zum Stadtrichter Erasmus Oetz vorgeladen wurden, der auch Bürgermeister war und, gemeinsam mit den adeligen Schöffen, die Stadt regierte. Nachdem die Neuankömmlinge mithilfe von Spenden der Bürger neu eingekleidet worden waren – Hosen und Hemden aus grobem Leinen sowie ein einfaches Kleid für Magdalena, sogar für hölzerne Pantinen hatte es gereicht –, gingen sie hinüber zu Oetz’ Haus am Kirchplatz. Es glich mit den vielen Anbauten – Tenne, Hof und Stall, einer offenen Feuerstelle nebst Herd sowie einem kräftig vor sich hin dampfenden Misthaufen – eher einem Bauernhof als einem Bürgerhaus, geschweige denn dem Haus des Bürgermeisters. Den Wohlstand, sogar inmitten des Krieges, erkannte man jedoch an den Nahrungsmitteln: Knoblauch, Lauch, Erbsen und Bohnen standen in Schüsseln auf dem großen Tisch in der guten Stube. Ein Stück Käse nebst einem großen Kanten Speck ließ Knoll das Wasser im Mund zusammenlaufen. Es roch nach Wurst und Rindfleischsuppe. Unvergleichlich gut …

      Den Stadtrichter trafen sie an, als er gerade mit dem Schöffen, Johann von Esch, vor einem großen gusseisernen Ofen beisammen saß und über die Kriegslage debattierte.

      Oetz war klein, untersetzt und trug eine prachtvolle Knollennase im Gesicht. Mit seinem schütteren, weißen Haar sah er so aus, wie sich die Leute den alten griechischen Philosophen Sokrates vorgestellt hätten. Nur mit dem einen Unterschied, dass Sokrates kein prächtiges, gold-grünes Wams mit roter Schärpe und gleich drei goldenen Ketten über dem Bauch getragen hätte. Hinter der gemütlichen Erscheinung mit dem Kugelbauch und dem verschmitzten Lächeln steckte jedoch ein hellwacher Verstand voller Esprit, an dem Knoll in den kommenden Jahren, in denen der Stadtrichter ein guter Freund werden sollte, noch viel Freude haben würde. Oetz war verheiratet mit der ältesten Tochter des Schöffen Laudolfe aus einer der ältesten Adelsfamilien der Stadt. Diese Verbindung hatte ihm den Weg nach ganz oben in der Bitburger Politik geebnet. Er saß auf einem thronähnlichen Stuhl, etwa einen Fuß höher als der kräftig gebaute, hagere Schöffe von Esch, der seine Vollglatze zur Schau stellte und gegenüber dem Stadtrichter in seiner einfachen Alltagskleidung geradezu unscheinbar wirkte. Fast so auffällig wie Eschs fehlende Haarpracht waren seine langen, gelben Zähne, die an die eines Wolfs erinnerten.

      »So, Ihr wollt ein Brauherr sein, der halb verhungert bei uns angeklopft hat?« Knoll, der immer noch, wie während ihrer Irrfahrt durch das Kriegsgebiet, vollbärtig und zottelhaarig dastand und Magdalena, die mehr Wert auf ihr Äußeres legte und sich deswegen ein Band ins Haar geflochten hatte, nickten unterwürfig. »Sagt an, welcher Konfession gehört Ihr an?«

      »Katholisch natürlich, Herr Stadtrichter«, antwortete Magdalena schnell, bevor Knoll etwas erwidern konnte.

      »Nicht dass es für uns noch einen Unterschied machte. Die Staatischen sind auch Katholiken und machen uns das Leben schwerer als alle anderen.« Oetz schien in großmütiger Laune zu sein. Knoll mochte ihn auf Anhieb. Und hatte das Gefühl, als würde dies auf Gegenseitigkeit beruhen. »Wo ist denn Euer Geburtsbrief? Ohne den werdet Ihr ja Euer früheres Heim nicht verlassen haben.«

      Knoll wusste nicht, ob sich das Inferno von Magdeburg bis ins Luxemburger Land herumgesprochen hatte, sagte deshalb erst einmal nur: »Ich hatte ein Brauhaus in Magdeburg. Wir sind im Mai 1631 von dort geflohen.« Schrecken und Verständnis in einem zeichnete sich auf den Gesichtern ab.

      »Und Ihr habt überlebt? Da könnt Ihr Euch glücklich schätzen, dass Ihr mit dem nackten Leben davongekommen seid!« Damit war die Frage nach seinem Geburtsbrief erledigt, und das ohne eine erneute Glaubensfrage, war doch Magdeburg bekanntermaßen reformiert gewesen.

      »Was habt Ihr seither getrieben?« Die nächste Frage kam vom Schöffen Esch. Der stand auf, erst jetzt sah Knoll, dass dieser Oetz um fast zwei Köpfe überragte. Cord Heinrich Knoll erzählte seine Geschichte. Als er von der Kakushöhle sprach, schüttelten die beiden Bitburger Ratsherren erstaunt die Köpfe.

      »So wisst Ihr gar nicht, wie der Krieg seither weiterging?«

      »Nein, nur dass er noch nicht vorbei ist, das haben wir am eigenen Leib bitter erfahren müssen.«

      Der gut informierte Stadtrichter und sein Schöffe erzählten Knoll und Magdalena nun so viel sie von den Ereignissen der letzten drei Jahre wussten; immer wieder unterbrochen von überraschten Zwischenfragen der ehemaligen Höhlenbewohner.

      »Dass die Schweden in den Krieg eingetreten sind, habt Ihr noch mitbekommen?«

      »Wenn sie früher eingetreten wären, wäre uns und Magdeburg die Zerstörung erspart geblieben«, knurrte Knoll.

      »Also, das Schlachtenglück schwankte hin und her. Fortuna hatte niemals einen Liebling in diesem Krieg. Erst siegte Tilly«, bei Nennung des verhassten Generals verfinsterte sich Knolls Gesicht, »vor dreieinhalb Jahren bei Bamberg über die Schweden. Die wiederum belagerten und eroberten Donauwörth. Dann schlugen sie bei Rain am Lech das Heer der Katholischen Liga. Dabei wurde Tilly schwer verwundet.«

      »Und, was geschah mit Tilly?«, fragte Knoll.

      »Der starb zwei Wochen nach der Schlacht.«

      Knolls Miene hellte sich auf.

      »Freut Euch nicht zu früh. Noch im gleichen Jahr erlitt der Schwedenkönig bei Nürnberg seine erste Niederlage. Wallensteins Mannen waren zu stark für ihn.«

      »Wallenstein? Den hatte der Kaiser doch längst entlassen.« Knoll verstand die Welt nicht mehr.

      »Nachdem das Schlachtenglück so schlecht geriet, hat er ihn 1632 wieder eingesetzt«, erwiderte von Esch lakonisch.

      »Also, welcher Partei ist denn derzeit die Gunst des Kriegsgottes hold?«

      »Das Jahr war ja noch nicht zu Ende. Im November kam es zur großen Schlacht, die fand bei Lützen statt. Im Sachsen-Anhaltinischen kämpften achtzigtausend Soldaten sieben Stunden lang. Und am Ende war der Schwedenkönig tot.«

      Knolls Kinnlade fiel herab. König Gustav Adolf war tot?

      »Aber auch Pappenheim zog sich eine tödliche Verletzung zu«, ergänzte Oetz. »Er starb am Tag nach der Schlacht.«

      »Und wer hat denn jetzt gewonnen?« Knoll wurde ungeduldiger.

      »Beide – und niemand!« Oetz schüttelte den Kopf. »Seit Lützen geht alles drunter und drüber. Alle wollen die Schlacht gewonnen haben. Die Schweden hatten plötzlich eine sechsjährige Königin, Gustav Adolfs Tochter Christina. Dennoch kämpft Schweden weiter, deren Reichskanzler Oxenstierna will es so.«

      »Und weiter?« Knoll wollte alles wissen.

      »Dann, 1633, haben die Schweden den Heilbronner Bund gegründet,

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