Arnulf. Kampf um Bayern. Robert Focken

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Arnulf. Kampf um Bayern - Robert Focken

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Geißel namens Schlaflosigkeit. »Adalung sagt, er ist Karls Kriegern entkommen«, stieß Tassilo aus. »Aber wenn sie noch hinter ihm her sind, klopfen sie bald ans Tor.«

      Sie zwang den Hund zur Seite und legte Tassilo eine Hand auf die Schulter. Ihren schnellen Seitenblick auf Uto konnte der Herzog nicht wahrnehmen. »Dann geschieht jetzt, was geschehen soll, Herr. Ihr wart nicht in Worms, als einziger der Großen. Karl wird beides miteinander in Verbindung bringen. Er kann gar nicht anders, dieser Wolf !«

      »Aber wir sind nicht bereit, Weib!« Er sah zu ihr auf und sie merkte, wie er das Diadem auf ihrer Stirn musterte, als verberge es eine Botschaft. Vom unteren Rand des goldenen Reifs fiel ein schmaler Vorhang mit Goldfäden bis zu den Augenbrauen. »Hardrad sollte vor dem ersten Schnee losschlagen, wenn die Franken keine Reiterarmee mehr ins Feld führen können«, sagte Tassilo grimmig. »Jetzt muss sich der Narr verschanzen und wir müssen unsere Vasallen erst zusammenrufen.«

      Leutbergas linke Hand griff nach dem Rosenkranz aus Bernsteinperlen, der hinter ihrem Gürtel klemmte. Sie gab ihrer Stimme die ganze Festigkeit, zu der sie fähig war. »Umso mehr Zeit, Herr, haben wir für die Einberufung einer Synode! Wir führen Karlmanns Sohn den Bischöfen und Edlen vor. Wir lassen sie erkennen, dass ihr Carolus Rex nur ein gewöhnlicher Mörder ist, der seinen Bruder hat umbringen lassen. Wer wird ihm dann noch folgen? Er wird am Ende von seinem Thron stürzen, ohne dass wir mehr als einen kleinen Stoß gegeben haben!«

      Tassilo machte einen Grunzlaut und nickte, als wollte er daran glauben. »Karlmanns Sohn sieht Karl sogar ähnlich … der Neffe dem Onkel, das sollte helfen.« Sie sah die Zuversicht in seine Züge zurückkehren. Er stand auf, geschwinder und agiler, als man es hätte vermuten können. Sein Kuss kam unbeholfen, grob, der Bart kratzte über ihr Kinn – sie waren fast gleichgroß. »Ihr seid Euch sehr sicher, Königstochter«, sagte er langsam, in ihre Augen blickend. »Eure Eltern waren sich auch einmal sicher, als sie sich mit Karl einließen.«

      »Sie ließen ihn angreifen«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Das war ihr Fehler. Wir aber kommen ihm zuvor!«

      * * *

      Als die Herzogin wieder in den Hof zurückkehrte, blieb Tassilo noch einen Augenblick zurück. Uto, der mit respektvollem Abstand auf dem Gang gewartet hatte, fing den Blick seines Herrn auf. »Was soll mit Adalung geschehen, Herr?«

      Der Herzog starrte ihn an. »Mit dem Bart seht Ihr wie ein Aware aus, wisst Ihr das?« Utos Augen wurden schmal, er presste die Lippen zusammen. Tassilo stellte befriedigt fest, dass seine Worte getroffen hatten. Die Barttracht Utos war ihm gleichgültig, doch er mochte es nicht, wenn ein unehelicher Sohn, Ergebnis einer hitzigen Nacht, sich wie ein Thronfolger aufspielte.

      Mühsam räusperte sich der Jüngere, und seine Hände fummelten am Waffengürtel herum. »Herr? Was wollt Ihr mit ihm machen?«

      Tassilo sah auf den Hund hinab. »Adalung kann uns nur noch schaden, nicht wahr, Wolfbiz?« Das Tier hörte etwas in der Stimme seines Herrn und richtete sich knurrend an Tassilo auf. Grinsend stieß ihm Tassilo den linken Unterarm zwischen die Kiefer. Der Arm war an dieser Stelle durch eine dicke Lederschicht geschützt. »Gebt Adalung einen kalten Ausgang!«

      »Ja, Herr«, antwortete Uto ohne zu zögern. Selbstsicherheit war in seine Miene zurückgekehrt. »Darf ich Wolfbiz mitnehmen?«

      Tassilo nickte huldvoll. »Reinigt ihn danach, hört Ihr? Ich will kein blutiges Vieh in meiner Halle herumlaufen sehen!«

      2 Für die historisch Interessierten: In der Lex Baiuvariorum, den im 7. Jahrhundert niedergelegten Gesetzen der Bayern also, sind die sechs ältesten bzw. mächtigsten Familien namentlich aufgeführt.

      3 Byzanz, der Nachfolgestaat Ost-Roms, gehörte zum griechischen Kulturraum.

      Kapitel V

      Worms, Mai 787

      Königliche Herolde verließen die Pfalz, unterwegs nach Süden, Westen und Norden. Der Thüringer Herzog Hardrad war ein Königsmörder und vogelfrei, verkündeten sie in den Dörfern und auf den Märkten. Seine Güter waren dem König verfallen. Ein reines Gewissen durfte nur haben, wer alsbald dem König den Treueeid leistete!

      Während Karl insgeheim seine Berater das Vorgehen gegen den Bayernherzog ausarbeiten ließ, kümmerte er sich um die Männer, die seinen Thron sicherten: die Krieger der Scara Francisca. Einige dieser Hundertschaften bemannten Festungen in den unruhigen Grenzmarken oder warfen irgendwo Aufstände nieder; stets aber umgaben mehrere hundert Panzerreiter das Reisequartier des Königs. Unfortha, die Furchtlosen: so nannten sie sich selbst. Auf Ruhm und Beute waren sie aus und auf Land, das oft das Land der im Krieg Besiegten war.

      Die Kriege fraßen Menschen, aber mehr noch Pferde: Rösser, die in der Schlacht umkamen, die auf dem Weg dorthin zugrunde gingen, Pferde, die an Seuchen starben. Ein trüber Himmel wölbte sich über den Wiesen südlich der Pfalz, als der König ein oder zwei Stunden vor Mittag zur Musterung der Dreijährigen in einer großen Rundkoppel stieß. Sein Marschalk, ein untersetzter, quadratisch wirkender Burgunder mit O-Beinen, begutachtete jedes Tier und ließ sie einmal im Kreis laufen: Rösser von Königshöfen, die im Frühjahr ihrer Abgabenpflicht für Kriegsgerät aller Art nachkamen. Etwa hundert schuppengepanzerte Zuschauer saßen auf den Balken der umliegenden Gatter, scherzten und höhnten und brüllten ihre Meinung zum jeweiligen Pferd über den Platz. Sie wussten: Die Besten würde der Marschalk für das königliche Gefolge abzweigen und die übrigen den Hundertschaftsführern zur weiteren Ausbildung geben. Kleine oder anfällig wirkende Tiere hingegen wurden auf den Märkten verkauft.

      »Das sind Rindviecher, verdammt! Rindviecher mit Mähnen, sage ich Euch! Die Gäule kann man doch nicht fürs Gefecht drillen!« Mit verschränkten Armen musterte der Marschalk die vorbeiziehenden Pferde, die am Ende einen unfreiwilligen Galopp hinlegten. Ein Jüngling mit weißem Kopfverband klatschte ihnen dazu mit dem Riemen auf die Kruppe. Der König schmunzelte. Ein Blick auf ein kleineres Gatter mit zwei Dutzend jungen, rassig aussehenden Pferden zeigte Karl, dass der Marschalk wie üblich übertrieb. Dann kam eine kastanienbraune Stute mit leuchtend weißer Blesse, deren seidige Mähne leicht im Wind wippte. Unter dem glatten Fell zeichnete sich das Muskelspiel ab, ein Rhythmus der Kraft, der Karl berührte wie eine gute Flötenmelodie.

      »Die ist zugeritten, kommt vom Hof meines Schwagers«, sagte der Marschalk wie zur Erklärung und schob sich die schwere, braune Filzmütze in den Nacken, die angeblich sogar Pfeilen standhielt.

      Karl hörte nur halb hin, denn in diesem Moment erkannte er den Burschen mit dem Kopfverband. Und während der Mar­schalk mit zwei Fingern zwischen den Zähnen pfiff und seinen Leuten zurief, wo die Braune einzuordnen war, gab der König einer seltenen Anwandlung nach – Könige scherzen nicht! Aber wenn sie gutgelaunt sind, tun sie es doch … Er trat ein Stück zurück, sodass er dank seiner Körpergröße über den stämmigen Marschalk hinwegblickte. Ein königlicher Arm begann zu winken, wie ein Windmühlenflügel.

      »Was denn? Wer hat was von Herkommen gesagt?«, schnarrte der Marschalk, als der Bursche nun im schnellen Schritt auf den obersten Pferdeprüfer und den König zueilte und dabei das pendelnde Schwertgehänge an die linke Hüfte presste. »Eure Zeichen, Herr, ich sollte …«

      »Zeichen? Lasst die Braune weiterlaufen und putzt Euch die Pupille, Bursche!«

      »Ich spreche nicht mit Euch, Marschalk, sondern mit unserem Herrn!«

      »Mit Gott willst du sprechen? Rabendreck, verfluchter!«

      Eine

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