Arnulf. Kampf um Bayern. Robert Focken

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Arnulf. Kampf um Bayern - Robert Focken

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herbei. Der Mann im Kettenpanzer klatschte sich Wasser ins Gesicht und wusch sich gründlich Hände und Unterarme.

      »Was zum Teufel …?!«, stieß er beim Abtrocknen aus, als er den hölzernen Lindwurm bemerkte: Ein Ast so dick wie zwei Menschenleiber durchbrach die linke Wand in etwa zwölf Fuß Höhe, Querverästelungen und grünbraune Zweige füllten die Hälfte des Saalhimmels aus.

      »Wir nennen diesen Ast Agilos Arm«, sagte Uto ohne Einleitung. Geräuschlos hatte er den Saal betreten, eine Hand lässig hinter den Gürtel gehakt. Der Fremde musterte ihn eher beiläufig. »Agilo, des Herzogs Urahn?«

      Uto nickte, mit breitbeiniger Pose, eine Hand zwirbelte die Enden des langen Schnurrbarts. »Der Urgroßvater Tassilos, der Großvater seines Vaters Odilo. Solange dieser Baum wächst, gedeiht das Herzogtum, heißt es … Hat man Euch noch nie hier reingelassen?«

      Die Dreistigkeit der Frage verunsicherte den Besucher. Schnell sah er sich in der Halle um. »Ihr habt einen forschen Ton, Mann«, knurrte er. »Nennt mir Euren Namen!«

      »Uto«, sagte der andere mit derselben Herablassung wie zuvor. »Der Herzog ist mein Vater.«

      In diesem Augenblick knarrten die Türflügel und der Bayernherzog Tassilo betrat den Thronsaal. Der Kopf auf dem kurzen Hals war ein wenig nach vorne geneigt, als würde der Herzog auf etwas vor seinen Füßen blicken. Tatsächlich trottete neben ihm ein dunkelbrauner Hund mit massiver Schulterpartie und kräftigem Gebiss, dessen Kopf mit kleineren und größeren Narben übersät war.

      Tassilo rief den Dienern etwas zu und ließ sich ein paar Schritt neben dem Besucher auf einen Lehnstuhl vor einer Feuerstelle fallen. Er hob den Kopf und warf dem Gast einen kühlen Blick zu. Mit einer tiefen, befehlsgewohnten Stimme sagte er: »Es ist kühn von Euch, Adalung, hier unter den Augen aller reinzuplatzen.«

      Der Angesprochene straffte sich. »Herzog …«, hob er an, doch Tassilo war noch nicht fertig: »Man könnte auch sagen: Es ist dumm!«

      Adalung warf das Handtuch zu Boden und baute sich vor dem Herzog auf, mit Wangen, die rot anliefen. »Heil Eurem Herzogtum!«, stieß er aus. »Damals habt Ihr freundlicher zu uns gesprochen, als Ihr Waffenbrüder suchtet.«

      Tassilo machte ein kehliges Geräusch, das den Hund ruckartig aufblicken ließ. Die ringbesetzte Rechte des Herzogs begann, den Hund an seiner Seite zu streicheln, ohne auch nur anzudeuten, dass Adalung sich setzen durfte. Dessen Hand ging plötzlich zum Schwertgriff. Fast geräuschlos kam die Klinge aus der Scheide. Ein scharfer Ruf hallte durch den Saal, dann war Uto schon neben dem Angreifer.

      »Weg damit!«, zischte er, seine Klinge gegen Adalungs Hals gerichtet.

      Doch trotz Utos Drohung senkte der Thüringer die Klinge nicht; braune Verfärbungen waren auf dem Stahl zu sehen. »Das ist das Blut König Karls, Herzog! Wäre Satan nicht auf seiner Seite … Wir haben es gewagt, beim Hoftag. Er entkam um Haaresbreite!«

      »Beim Hoftag? Ihr Thüringer seid doch von Sinnen!«, schnaubte der Herzog, dann wurden seine Augen eng. »Werdet Ihr verfolgt?«

      Nun erschien ein seltsam hochmütiger Ausdruck in Adalungs schmalem Gesicht. »Keine Angst, ich hab’ die Panzerreiter abgeschüttelt! Aber ich brauch’ neue Pferde und ein paar Kriegsknechte von Euch, die fechten können. – Himmel, habt Ihr nichts mehr zu trinken?«

      Es war kein gutes Omen für Adalung, dass Uto nun das Wort an ihn richtete, in einer Art Murmelton. »Ihr Thüringer Helden … Mein Herr hat Euch Pferde gegeben und Silber, reichlich Silber, und jetzt kommt Ihr an und bettelt um mehr?«

      * * *

      Leutberga hatte die Ankunft Adalungs aus den Augenwinkeln verfolgt. Sie ahnte, was geschehen war. Sie war eine Frau mit Verständnis für den Lauf der Dinge. Gewiss, Politik galt als eine Sache der Männer. Aber sie war am Hof eines der mächtigsten Königreiche ihrer Zeit aufgewachsen. Mit männlichem Denken, mit männlichen Gelüsten war sie mehr als vertraut, denn sie hatte den Aufstieg und Untergang mächtiger Sippen von klein auf verfolgen können.

      Dass Tassilo nicht gleich zurückkehrte, bestätigte ihre Befürchtung, dass etwas Ernstes passiert war. Ihr Blick streifte kurz ihren Sohn, Theodoso, der zwei Plätze neben ihr mit leicht vorgeneigtem Kopf und angestrengter Miene ein Gespräch mit einem der Bischöfe bestritt. Der Sechzehnjährige hatte denselben Wulst über den Augen wie der Vater, doch das überflaumte Kinn sah aus wie abgeschnitten. Es lechzte geradezu nach einem kräftigen Bart, der ihm eine männlichere Form geben würde.

      Es war das fliehende Kinn von Leutbergas Mutter, das auf den Jungen gekommen war. Das Kinn, das sie täglich an das Schicksal der Langobardenkönigin erinnerte, die von Karl gut ein Dutzend Jahre zuvor entthront worden war. Die getrennt von ihrem Mann als Gefangene über die Alpen geführt worden und in einem Klostergefängnis verschwunden war, während Karl den Königspalast in Pavia entweiht und dessen Kostbarkeiten an seine Kriegsleute verschenkt hatte! Von billigen Versprechungen des Königs hingehalten, hatte Tassilo damals stillgehalten. Leutberga spürte den Schmerz darüber wie einen schlecht verheilten Knochenbruch: Sie hatte Tassilo seine Untätigkeit niemals wirklich verziehen. Wie auch?

      Beunruhigt wandte sie den Kopf nach dem Eingang des Palas. Der Herzog blieb verschwunden. »Semper adhaeret suorum consuetudinem …« Der Bischof von Salzburg sprach Latein mit Theodoso, was dessen krampfigen Gesichtsausdruck erklärte. Leutbergas Hand berührte ein seidenes Beutelchen am Gürtel, in dem ein juwelenbesetzter Goldring steckte. Drei Jahre zuvor hatte eine Äbtissin und aus Bayern stammende Karlsdienerin dieses Lebenszeichen der Mutter aus dem Gefängnis herausgeschmuggelt. Wenn es denn ein Lebenszeichen war!

      »Erzählt ihm von der Größe des Reiches meiner Eltern, Virgil«, warf sie dem Bischof hin. »Ich lasse Euch allein.« Der Kirchenfürst nickte, nicht ohne eine Braue hochzuziehen, denn dieser gewisse Unterton Leutbergas schien vor allem für ihn reserviert. Doch dann nahm sein hartes Gesicht mit der Adlernase wieder einen milderen Ausdruck an und er zitierte, einem Schulmeister gleich, den dritten Artikel der Gesetze der Bayern, damit der Junge ihn ins Volkssprachliche übersetzen konnte.

      Leutberga stand auf und lief ohne weitere Worte auf die großen Torflügel des Palas zu. Prompt bemerkte Bischof Virgil, wie die anderen Gäste die Köpfe drehten. Tuscheln setzte ein.

      Theodoso sah den Bischof erstaunt an. »Darf ich Euch etwas fragen, Euer Gnaden?«, sagte der Bursche dann mit einer Stimme, die etwas gequetscht klang. Virgil lächelte. »Gewiss doch, Herr Theodoso.«

      »Stimmt es, dass Ihr Euren Bischofssitz nur der Fürsprache König Karls verdankt? Die Zofen meiner Mutter sagen das …« Virgils Miene veränderte sich nicht, aber seine Augen nahmen einen kalten Glanz an. »Und wäre das denn schlimm, junger Herr? Diene ich nicht der Ehre Gottes, des Allerhöchsten?«

      Theodoso kniff kurz die Augen zusammen, als müsste er die Antwort abwägen. »Meine Mutter sagt, Euer Gnaden, dass man nicht beiden dienen kann: dem Allmächtigen und dem Frankenkönig. Weil er ein Bruder Satans ist … Verzeiht, hätte ich das nicht sagen sollen?«

      * * *

      In der Thronhalle sah sie Adalung, bewacht von mehreren Bewaffneten, unter dem Astdurchbruch mit einem Krug und einem Laib Brot. Rechts, am anderen Ende der Halle, saß Tassilo in einer Wandnische im Zwiegespräch mit Uto. Gleichzeitig warf der Herzog dem Hund Happen hin, die dieser mit schnellen Kopfbewegungen aufschnappte. Als Leutberga näherkam, sprang der Hund auf.

      »Ist es geschehen, Herr?«, fragte sie ohne Umschweife. »Hat Hardrad gegen Karl rebelliert?«

      Der Herzog sah auf.

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