Arnulf. Kampf um Bayern. Robert Focken

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Arnulf. Kampf um Bayern - Robert Focken страница 6

Arnulf. Kampf um Bayern - Robert Focken

Скачать книгу

wie in Bier aufgeweichte Ziege. Schon machten die Reiter auf der Brücke kehrt – da war kein Durchkommen. Eilig ritten sie durch sumpfige Wiesen ein Stück flussaufwärts zum Fährplatz. Das Frühjahrshochwasser lag noch nicht lange zurück. Schwärme von Mücken stiegen auf. Einige Krieger brachen in lautes Fluchen aus, andere schlugen nach den Quälgeistern, die meisten aber zogen einfach die Halstücher über das Gesicht und gaben den Pferden die Sporen. Zwei Fähren setzten Arnulf und Sigfrid mit den ersten fünf Dutzend Mann über, während Gallo mit weiteren Leuten am Westufer wartete.

      »Die Thüringer können noch nicht weit sein«, sagte Sigfrid und drehte den Donarhammer am Handgelenk.

      »Sie haben Verwundete dabei«, nickte Arnulf. »Wenn sie die mitschleppen, haben wir den Haufen bald eingeholt.«

      Sigfrid grinste kriegerisch, als freute er sich auf jenen Moment. Er ritt seit nunmehr bald vier Sommern an Arnulfs Seite. Auf der Flucht vor einer blutigen Fehde in seiner sächsischen Heimat hatte er Arnulfs Schutz angenommen. Im Gegenzug hatte er ihm giniscaft geschworen, Kriegertreue.

      »Wir warten nicht auf Gallos Trupp«, stellte Arnulf grimmig fest. Schon kam das östliche Ufer auf sie zu. Er musste an seinen Sohn denken und sah dabei so besorgt aus, dass Sigfrid seine Gedanken erriet. »Das war nur eine Fleischwunde, meine ich«, murmelte der Sachse unvermittelt. »Sein Schädelknochen war intakt … In ein paar Tagen prahlt er wieder mit seinem Schwert.«

      Arnulf brummte etwas und biss sich auf die Unterlippe. Die Schwertspitze des Thüringers hatte Arthur über der Stirn getroffen, vom Haaransatz bis zur Braue. Er war nicht bei Bewusstsein, als der Vater die Wunde untersuchte, aber Arnulf wollte glauben, was Sigfrid sagte. Wäre dies auch passiert, wenn ich ihm nicht schon das Schwert gegeben hätte? Hat sein Bruder ihn gleich zum Arzt schaffen lassen?

      »Der Junge ist reif für den Kampf«, sagte Sigfrid halblaut. »Ich hab’ schon Achtzehnjährige gesehen, die weniger reif waren.« Arnulf knurrte etwas wie Zustimmung. Die Worte des Gefährten taten ihm gut, auch wenn er es nicht zugegeben hätte. Sigfrid mochte etwa dreißig sein, ein paar Jahre jünger als Arnulf selbst. Eine Narbe, schräg über den Lippen, bildete eine schmale Schneise im blonden Vollbart.

      »Woher habt Ihr eigentlich diese Scharte?«

      Graublaue Augen starrten den Offizier an, nicht mehr freundlich. »Habe ich das noch nie erzählt?«, murmelte der Sachse.

      Arnulf schüttelte den Kopf. »Das waren Panzerreiter, hm? Habt Euch mit Scarakriegern rumgeschlagen, vor meiner Zeit!«

      »Nein.« Es war stillschweigende Übereinkunft zwischen Sachsen und Franken, nicht über die Kämpfe zu sprechen, die man einst gegeneinander ausgefochten hatte. Sie sahen wieder nach vorn: eine halbe Bogenschussweite bis zum Ufer. Menschen mit löchriger Kleidung und ein paar Ziegen am Strick blickten ihnen misstrauisch entgegen.

      »Meine Mutter«, sagte Sigfrid endlich. »Ich war ein paar Jahre jünger als Euer Sohn … Meine Mutter erwischte mich, wie ich von der Blutwurst fraß, die für den Wodanspriester bestimmt war. Sie schlug sofort zu. Mit einem Topf, glaube ich.«

      »Im Ernst?« Arnulf erlaubte sich ein Grinsen. »Gut, dass wir nie gegen Eure Frauen kämpfen mussten!«

      * * *

      Vorwärts!

      Arnulfs Ahnung trog nicht: Ein halbes Dutzend Meilen östlich des Rheins stießen sie im Kloster Lorsch auf die ersten der Fliehenden. Einen rotgesichtigen Krieger, der noch ein ledernes Jagdwams trug, sahen sie unter den Torbogen des großen Eingangs stehen. Sie gaben den Pferden die Sporen, der Mann verschwand im Hof.

      Keiner hatte Augen für das prächtige Torhaus mit der Front aus weinroten und weißen Steinen, und niemand nahm Anstoß daran, dass sie durch den mittleren der drei Torbogen galoppierten, der eigentlich König und Bischöfen vorbehalten war. Hinter einer Pferdetränke sah Arnulf Mönche in langer, mit Stricken zusammengehaltener Kutte, die dort in Deckung gegangen waren. Sie gestikulierten und zeigten auf einen mageren Kerl mit strubbligem Haar, der vor der Kirchentür Aufstellung genommen hatte.

      Die Franken sprangen von den Pferden. Der Magere wedelte mit den Armen und schrie laut »Asyl des Herrn!« und »Kreuz-Asyl!«, als müsste er den Verfolgern etwas erklären. Sie sahen Blut aus einem Hosenbein rinnen, der Stoff war aufgeschlitzt.

      »Wo sind die anderen?«, herrschte Arnulf ihn an. Er antwortete mit neuen, noch lauteren Asylrufen. Arnulf mähte ihn mit einem Faustschlag nieder. »Asyl ist in der Kirche, nicht vor der Kirche!« Als er die Tür des Gotteshauses aufstieß, flatterten Schwalben auf. Fensteröffnungen in zehn Fuß Höhe ließen genügend Licht ein, um ein paar Gestalten am Altar zu erkennen. Eine war wimmernd zusammengesunken. Eine andere hatte die Hände vorgestreckt wie zur Abwehr. Der dritte Mann hielt ein Schwert in der Hand. »Gott ist mein Schild«, krächzte er, als Arnulf auf ihn zumarschierte. »Am Altar müsst Ihr uns verschonen!«

      »Auf Gott beruft Ihr Euch?«, herrschte Arnulf ihn an. »Warum nicht gleich auf den König?« Er zog die Axt aus der Schlaufe, rechts am Gürtel, wo die meisten das Kurzschwert hatten. Schon klirrte das Schwert auf den Boden.

      »Erbarmen!« Der Thüringer ging in die Knie. Arnulfs wuchtiger Tritt mit dem Reiterstiefel unterbrach sein Wimmern, keuchend krümmte der Kerl sich zusammen. Sigfrid packte ihn an den Haaren und zog seinen Dolch.

      »Der Herzog ist längst weitergezogen, er hat uns hier zurückgelassen, verschont uns!« Sigfrid grunzte etwas und legte ihm das Messer an den Hals.

      »Lasst ab«, sagte Arnulf eindringlich. »Nicht am Altar!«

      »Weil Euer Heiland dann böse ist?«, fragte Sigfrid mit gerunzelter Stirn, die Klinge über dem Hals des Japsenden.

      »Erraten.«

      Sigfrid wedelte mit der Dolchhand, sein silberner Donarhammer baumelte am Handgelenk hin und her. »Sagt dem Heiland, dass ich ein Heide bin, dann drückt er ein Auge zu.«

      »Schenkt Ihnen das Leben!« Eine schmächtige Gestalt eilte herbei, tauchte aus dem Halbdunkel auf wie eine Erscheinung.

      »Einhard!?«, entfuhr es Arnulf. »Was treibt Ihr hier, gilerito?«

      Der Gelehrte trug eine schmucklose Tunika mit einem hellen Überwurf, der vorne im Gürtel steckte; unter seinem linken Arm steckten einige Papierrollen. »Ich war in der Bibliothek, als diese … diese Burschen hier reinstürmten«, sagte der Gelehrte mit etwas angestrengtem Lächeln und fuhr sich durch das dünne, weit oberhalb der Stirn beginnende Haar. »Nun, wir sind erstmal in Deckung geblieben, was?« Die beiden schmalen, etwa zwanzig Jahre alten Burschen hinter Einhard wedelten mit weiteren Papierrollen. »Die hätten uns was antun können, Herr«, murmelten sie.

      »Sie wollten dem König etwas antun, Leute«, sagte Arnulf kalt. »Es sind Meuchelmörder!«

      Einhard zuckte zusammen und berührte Arnulfs röhrenartigen Unterarmschutz. »Der König lebt?«

      Arnulf schilderte mit drei Sätzen, was passiert war. Einhard strich über sein Bärtchen, viele Linien durchzogen jetzt die hohe Stirn. »Sie werden es den Bayern anhängen«, sagte er, den Blick nach innen gerichtet.

      Arnulf verzog das Gesicht. »Tassilo? Der Herzog war nicht in Worms.« Dazu nickte Einhard nur, als würde es seinen Gedanken bestärken. Dann fragte er noch beiläufig, ob der Hofkapellan wohlauf sei.

      Arnulf kratzte sich an den Kinnstoppeln. »Bischof Fulrad war nicht bei der Hatz dabei, dem kann nichts passiert

Скачать книгу