Die Katzenklappe. Titi O. Sunt

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Die Katzenklappe - Titi O. Sunt

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      Ich wusste sofort, was sie meinte.

      Ein Model-Wettbewerb stand auf dem Programm. Nur an einem solchen Tag wurde Fort Knox im Minutentakt geöffnet. Es wurden große und kleine Taschen, bunte und einfarbige Decken, geflochtene und gewebte Körbe – einfach jeglicher Krimskrams – ins Auto getragen.

      Ich wartete stundenlang. Zur Mittagszeit war meine Chance endlich da. Der Herr des Hauses kam schnaufend von einem Autotransport zurück, zog die Tür nicht ins Schloss und hetzte eiligen Schrittes auf das Wohnzimmer zu, um neue Sachen zu holen. Meine Mama und ich saßen gerade auf der Kommode im Vorraum. Ein paar Pfotenlängen vom geöffneten Ausgang entfernt. Als der Hausherr schwitzend an uns vorbeihuschte, senkten wir zeitgleich ganz unschuldig unsere Köpfe. Als er endlich außer Sichtweite war, blickte ich unsicher zu ihr hoch: »Jetzt?« Ihre Antwort kam prompt und eindeutig: »Lauf!«

      Ohne Widerrede startete ich los, stürzte mich kopfüber von der Truhe und hetzte voller Panik auf die Tür zu. Ich machte diese eilig auf, drückte meinen Kopf nach und weg war ich.

      Ich spürte Mamas Blicke im Nacken. Eine angenehm wohlige Wärme lief über meinen Rücken.

      Ich lief, ohne mich umzudrehen.

      Von der Zivilisation und meiner Geburtsstätte kilometerweit entfernt, brach ich erschöpft auf einer saftigen grünen Wiese hinter einem hohen Holzstapel zusammen. Nach einem Moment des Kräftesammelns kletterte ich vorsichtig an diesem Holz hoch.

      So verschaffte ich mir einen Überblick.

      Plötzlich erspähte ich schlanke lange, haarige Beine. Mutig ließ ich meinen Blick nach oben zu den dazugehörigen riesigen Köpfen schweifen, bis ich schließlich in dämliche, mich anglotzende, kugelrunde Kuhaugen schaute.

      Okay, ein Kuhrevier.

      Zwischen den Dicken war es wenigstens in der Nacht warm! Ich versuchte meine gute Laune nicht zu verlieren. Als sich jedoch ein brauner Knallkopf in meine Richtung aufmachte und schweren Schrittes auf mich stampfte, versteinerte sich meine Miene. Die Krallen würden hier nichts nutzen, dessen war ich mir sicher, somit blies ich zum Rückzug.

      Schnell hüpfte ich vom Holz, rollte mich im Schutz der hohen Wiese ein, steckte meinen Kopf unter meine Pfoten und presste zur Sicherheit noch zusätzlich meine Augenlider ganz fest zusammen. Freilich hatte das clevere Rindvieh meine List durchschaut. Es roch an meinem Hinterteil. Erschrocken hüpfte ich hoch, setzte schnell mein freundlichstes Lächeln auf und sprintete los. Ich hörte noch, wie die blöde Kuh mir laut und hysterisch hinterherbrüllte.

      Wahrscheinlich holte der Angsthase jetzt noch den ganzen Stall zu Hilfe. Tatsächlich! Plötzlich grölte die Herde hinter mir her. Auf meiner Flucht legte ich vorsichtshalber lieber den vierten Gang ein. So zischte ich wie eine Granate aus der Gefahrenzone hinaus.

      Nach einem anstrengenden, aber siegreichen Sprint entdeckte ich am Ende der Wiese eine große Scheune. Die Türe stand einladend offen. Es sprach nichts dagegen, einen Blick zu riskieren.

      Super, der Schuppen war vollgefüllt mit kuscheligem Stroh!

      Ich verschaffte mir einen Überblick. Da sich keine Dickhäuter oder andere beängstigende Lebewesen in meinem Sichtfeld befanden, hüpfte ich schwuppdiwupp ins getrocknete Gras und verkroch mich darunter. Extrem erholungsbedürftig von den Aufregungen des Tages begab ich mich zur Nachtruhe. Ich wollte meine Batterien für den nächsten Tag wieder aufladen. Nach einer kurzen hektischen Katzenwäsche verließ ich beim ersten Hahnenschrei voller Tatendrang meine Schlafstätte und zog abenteuerlustig weiter. Überglücklich, den Wind in meinen Nackenhaaren zu spüren, streunte ich ausgelassen über die Weite der Felder und durchkämmte die dunklen Wälder. Ich spürte einen Hauch der Freiheit. Interessiert am andersartigen tierischen Wandervolk traf ich zuerst auf ein Pläuschchen den schlauen Fuchs. Dann den bei meinem Anblick aufgeregt am Boden klopfenden Meister Lampe. Und ich lernte mich vor den scharfen Pranken des Marders zu fürchten.

      Sorgenfrei schritt ich weiter. Nach Wochen meiner durchaus vergnüglichen Wanderschaft schlug mir aber die Realität mit voller Härte ins Gesicht. Es wurde bitterkalt. Der Himmel trübte sich. Es begann zu schneien. Gegen die ersten Schneeflocken, die vom Himmel fielen, hatte ich noch nichts einzuwenden. Amüsiert hüpfte ich der weißen Pracht hinterher. Doch es schneite unaufhörlich und bald wurde jeder meiner Schritte zu einem strapaziösen Kraftakt. Ich versank im weißen Pulver. Keinesfalls wollte ich aufgeben. Ich mobilisierte all meine Kräfte und stapfte bei meiner verzweifelten Suche nach Nahrung einfach aufs Geradewohl immer weiter durch die Schneelandschaft. Aber ich fand nichts. Die schlauen Vögel waren bereits in die Wärme des Südens geflogen und selbst die sonst etwas doofen Mäuse verweigerten mittlerweile einen Blick aus ihrem geheizten Erdreich in die kalte Wirklichkeit. Hoffnungslos musste selbst ich erkennen – und dabei gebe ich nie auf – dass es keine Aussicht auf eine Mahlzeit mehr geben würde. Ich ging zu Plan B über, zu meinem Notfallplan: Raus aus der Eiszeit und rein in die Warmzeit. Bestätigung für meine gefällte Entscheidung fand ich in der ersten Grundregel meiner Mutter: Mache nichts selbst, was nicht auch ein Mensch für dich tun könnte!

      Schnell passte ich diese klare Ansage an mein Bedürfnis nach Futter an.

      Wo Menschen sind, musste auch Nahrung sein.

      Das ist Fakt.

      Warum noch länger vergeblich weitersuchen, wenn ich die Menschen doch einfach höflich bitten konnte, mir etwas von ihrem Kuchen abzugeben?

      Ich änderte meine Route und begab mich auf die Suche nach zweibeiniger Gesellschaft.

      Doch meine bisherige Reise hatte mich so tief in die Wildnis geführt, dass ich einsam meinen endlos scheinenden Überlebenskampf austragen musste. Auch die Kollegen Fuchs und Hase hatten sich bereits in ihr warmes Winterdomizil zurückgezogen.

      Eines Abends mit Einbruch der Dunkelheit, gerade als ich meinen ausgelaugten Körper in einem schneefreien Erdloch zusammenkauern wollte, sah ich plötzlich Licht.

      Zuerst dachte ich noch an eine Sinnestäuschung, dann an das letzte Aufflackern meiner Sicherungen im Kopf.

      Als ich vorsichtig zu dem Schein schlich und es immer heller wurde, strahlte er mir mitten ins Gesicht. Nur eine Straße trennte mich noch von dem hell erleuchteten Areal. Diese galt es nun zu bezwingen. Wie es mir in der dritten Grundregel beigebracht worden war – niemals mein Leben leichtfertig aufs Spiel zu setzen – und weil ich mich auch für eine übereilte Kamikazeaktion noch viel zu jung hielt, bezog ich zuerst einmal Stellung am Straßenrand. Ich musste der Gefahr ins Auge blicken, um sie richtig abschätzen zu können.

      Ich begann das Fahrverhalten der vorbeirasenden und der kurz anhaltenden Autos zu studieren.

      Man musste keine besondere Leuchte sein, um zu erkennen, dass das Erreichen meines Ziels von einem grün- oder rotleuchtenden Licht abhing. Bei Grün blies der Fahrtwind mir von allen Seiten mitten ins Fell. Somit: no chance. Einzig und allein bei Rot lag meine Möglichkeit. Die erste Spur war frei und auf der zweiten kamen die Autos zum Stillstand. In diesem kurzen Moment der Ruhe sah ich, wie die auf der Rückbank sitzenden Kinder ihre Nase an der Seitenscheibe platt drückten und mich mit weit aufgerissenen Augen ängstlich anstarrten. In der Hoffnung, die Familienkutsche würde am Fahrbahnrand stoppen und die Kids würden zu mir herüberkommen, um mich aufzulesen, wollte ich noch schnell ein paar nette Kunststücke zeigen. Zu spät. Da brausten sie schon wieder los. Die an der Heckscheibe klebenden kleinen Gesichter verschwanden in der Dunkelheit.

      Enttäuscht wandte ich mich wieder meinem Ursprungsplan zu. Ich wollte den beleuchteten Ort erreichen. Ich vergaß die

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