Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger

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Rom kämpft um den Rhein - Walter Krüger Rom kämpft um den Rhein

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demnach nicht um einen Stamm aus Mitgliedern gleicher Abstammung, sondern um ein künstliches Stammesgebilde, das sich aus einer militärischen Gemeinschaft von Aristokraten und Kriegern mehrerer germanischer Stämme gebildet hatte. Eine Kriegerkaste, eine aristokratische Gefolgschaft, hatte mit den Angehörigen des teutonischen Winterlagers von 103 v.Chr. eine verschworene Gemeinschaft gebildet.

      Die Krieger blieben ihren Anführern treu ergeben. Auch war es bei vielen germanischen Stämmen Sitte, dass Männer, die länger als fünf Jahre außerhalb des Stammesgebiets lebten, ihr Recht auf Stammeszugehörigkeit verloren. Da ohnehin den Heeren viele Frauen folgten und dauerhaft bei ihren Männern blieben, war es nicht schwierig, über die nachfolgenden zwei Generationen - die Niederlage der Teutonen war erst 44 Jahre alt - einen neuen Stamm aufzubauen. Sicher waren die meisten Krieger der Atuatuker ehemalige Eburonen und Angehörige der Nachbarstämme. Doch das war lediglich nur noch eine Verbindungslinie zu den Wohnorten, die den Atuatukern vorschwebten. Sie blieben in der Nähe ihrer früheren Stämme. Die Erfahrungen aus den Feldzügen gegen die Römer wirkten lange im neuen Stamm nach. Das Waffenhandwerk stand im Mittelpunkt der männlichen Bevölkerung. Oft genug musste es, wie Caesar andeutete, auch gegen Angriffe von Nachbarn ausgeübt werden.

      In der römischen Provinz hatten die Teutonen ganz andere Siedlungen gesehen, als sie aus ihrer Heimat kannten. Städtische Siedlungen waren ihnen eigentlich fremd. In den belgischen und germanischen Gebieten, in denen Caesar Krieg führte, ragt die befestigte Siedlung der Atuatuker deshalb als besonders erwähnenswert heraus. Abgesehen von Bibrax, Bratuspantium und Villeneuve-Saint-Germain (Soissons) erwähnt der römische Feldherr keine weitere Stadt ähnlicher Befestigungsart. Besonders fällt das in den germanischen Gebieten des Niederrheins auf, in denen Weiler und Einzelgehöfte dominierten. Die feste Stadt der Atuatuker wird von Caesar erobert. Leider nennt er ihren Namen nicht, als sie angegriffen wird. Das erschwert die Ortsbestimmung. Erst später, als er das ehemalige Winterlager des Titurius aufsucht, spricht er davon und nennt es Atuatuka.

      Der Stamm der Atuatuker ist eine seit 102 v.Chr., dem Jahr des letzten der Teutonenzüge, bestehende Zweckgemeinschaft. Aus einer aristokratischen Kriegerkaste und ihren Veteranen hatte sich ein Verband entwickelt, der sein Leben in ständiger Bewegung mit einem Leben an einem festen Ort vertauschen wollte. Das ist ihm dank der verwandtschaftlichen Verbindungen mit den Nachbarn und dank seiner Wehrhaftigkeit gelungen. Der dazu erforderliche Grund und Boden und auch ein Teil der früheren Bewohner mussten ihm zugestanden werden. Zu den älteren Bewohnern, wahrscheinlich überwiegend Eburonen und Nervier, gesellten sich die Nachfahren aus dem Teutonenlager und möglicherweise noch einige Rückkehrer.

       Wo lebten die Atuatuker?

      Die Angaben zum Siedlungsgebiet der Atuatuker sind uns durch Caesar nur spärlich und widersprüchlich übermittelt. Deshalb gibt es darauf sehr unterschiedliche Antworten. Vor allem gehen die Meinungen über ihren Hauptort weit auseinander. Ihn Atuatuka zu nennen, ist nicht sicher, weil Caesar nur sein Lager so nannte, nicht einen Ort.

      Was wird Brauchbares übermittelt? Die Atuatuker eilten den Nerviern, die an der Selle den Römern eine Schlacht lieferten, zu Hilfe, wenn auch zu spät. Sie waren deren Nachbarn und kamen aus östlicher Richtung. Als Gebiet kommt nur die Region entlang der Sambre und ein Teil der nach Norden angrenzenden Ebene in Frage. Die Eburonen, Nachbarn der Atuatuker, wohnten laut Caesar zwischen Maas und Rhein. Zitat:

      „ Eine Legion, die er erst vor kurzem jenseits des Padus ausgehoben hatte, und fünf Kohorten entsandte er zu den Eburonen, die größtenteils zwischen Maas und Rhein wohnen und von Ambiorix und Catuvolcus beherrscht wurden. “(liber V, 24)

      Caesar hatte sich vor seinem Zug gegen die Atuatuker über die bis zum Rhein lebenden Stämme umfassend informiert. Das war nicht schwierig, weil er einen Fernweg zu nutzen gedachte, der von der Kanalküste, von Boulogne-sur-Mer über Bavay, einem Ort der Nervier, den er gerade besetzt hatte, bis zum Rhein führte. Er kannte den Weg schon, als er zur Selle marschierte. Am Flussübergang fand die Schlacht statt. Weiter östlich kreuzte dieser Fernweg die nach Norden fließende Maas. Der viel genutzte Weg war neben den ansässigen auch den Fernhändlern und Kaufleuten, darunter auch römischen, bekannt. Caesar konnte viele Leute befragen und erfahren, dass nach den Nerviern entlang dieses Weges die Atuatuker, dann die Eburonen und schließlich die Ubier am Rhein wohnten.

      Zwischen den Eburonen und Nerviern siedelten demnach die Atuatuker. Da dieser Stamm seinen Anspruch auf Grund und Boden schließlich nur im gegenseitigen Einvernehmen mit beiden Nachbarn durchsetzen konnte, wird es sich höchstwahrscheinlich nicht um die ertragreichsten Gebiete gehandelt haben. Als neu entstandener Stamm war er nicht in einen geografischen Raum hineingewachsen wie seine Nachbarn. Obwohl der neue Lebensraum unbedingt über sekundäre Flusseinzugsgebiete verfügt haben wird.

      Sein Wohngebiet müsste ein Landstrich gewesen sein, den andere Stämme mehr oder weniger freiwillig abgetreten haben. Dafür kämen nur die beiden Stämme der Nervier und Eburonen infrage. Eine dauerhafte Regelung darüber könnte beinhaltet haben, dass die drei Stämme stets zur gegenseitigen Waffenhilfe bereit waren. Land gegen Kriegsdienst war eine weit verbreitete und anerkannte Verbindlichkeit. Während der römischen Aggression konnte sich dieses Bündnis bewähren. Alteingesessene Stämme bewohnten wie schon öfters gesagt Flusseinzugsgebiete, in die sie hineingewachsen waren. Die Nervier und ihre Klientelstämme, die Atrebaten und Viromanduer, teilten sich das der Schelde mit den an der Leie lebenden Menapiern im Westen. Ihr Lebensschwerpunkt lag direkt an der mittleren und oberen Schelde und den linken Nebenflüssen. Die Eburonen bewohnten das Flusseinzugsgebiet der Maas, zu dem auch das Sekundärgebiet der Sambre gehörte. Beide alten Stämme suchten den Kompromiss für die Atuatuker in einem Landstrich zwischen ihren Gebieten. Dafür bot sich ein Waldgebiet an, das bereits als Grenzregion fungierte. Überliefert ist die Bezeichnung Kohlenwald. Es handelte sich um einen Waldstreifen, der aus den Ardennen herauswuchs und sich zwischen Zenne und Dijle nach Norden bis an die Sümpfe um Mechelen ausdehnte. Im Einzugsgebiet der Sambre, das sich vorwiegend südlich des Flusses erstreckte, bedeckten die Wälder der Ardennen den größten Teil der Berge. Dieses wenig fruchtbare und dünn besiedelte Gebiet wurde nach meiner Auffassung den Atuatukern zugesprochen. Demnach verlief die Wasserscheide Schelde-Maas mitten durch das neu gebildete Stammesland. Die ertragreicheren Landschaften lagen nördlich davon. Dieses Mittelbelgische Hügelland zwischen Schelde und Maas verfügte über fruchtbare Lehmböden. Inselartig siedelten die Bauern auf den Lichtungen der Laubwälder.

      Die Atuatuker konnten davon einen Teil nutzen, der zwischen den Flüssen Haine, Zenne und Dijle lag, aber nur deren Oberläufe und Quellbereiche umfasste. Die Besiedlung führte zu Rodungen. Für das Vordringen der Atuatuker in ihr Flusseinzugsgebiet erhielten die Nervier zur „Entschädigung“ das Einflussgebiet der oberen Sambre, den nach Westen schwingenden Bogen bis zur Quelle. Es umfasste im Süden die Landschaft Thirache, nahe der Stadt Nouvion. Von dort schlägt die Sambre einen Bogen im Uhrzeigersinn, nähert sich auf 10km Bavay, einer wichtigen Siedlung der Nervier, und verläuft danach ziemlich genau in nordöstlicher Richtung bis Namur, um dort in die Maas zu münden. Das Flusseinzugsgebiet wird durch wenige kleine Nebenflüsse auf der linken und viele größere auf der rechten Seite charakterisiert. Ich nehme an, dass die südwestliche Grenze zwischen den Nerviern und Atuatukern etwa nahe der Solre lag, einem der rechten Nebenflüsse der Sambre. Diese Landschaft war weniger bewaldet und charakterisiert durch eine dichte Besiedlung und intensive landwirtschaftliche Nutzung um den Ort Avesnes-sur-Helpe, der zu einem Oppidum ausgebaut worden war.

      Abb.4

      Das Stammesgebiet der Atuatuker in Mittelbelgien

      Aus dem Gesagten ergibt sich etwa folgende Gebietsbeschreibung: im Süden reichte das atuatukische Land bis an die Wasserscheide der Seine und grenzte somit an das der Suessionen und Remer, markiert durch die Höhenzüge der Ardennen. Östlich davon, an der Maas, könnten die Treverer und Condruser Nachbarn gewesen

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