Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger

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Rom kämpft um den Rhein - Walter Krüger Rom kämpft um den Rhein

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Hügel in das flandrische Tiefland über, wo sich weite Sumpflandschaften herausgebildet hatte - eine natürliche Grenzregion zu den Nerviern und Eburonen. Im Westen lebten die Nervier. Südlich der Sambre könnte das Tal der Solre die Grenze zu ihnen gebildet haben; nördlich davon ist die Abgrenzung schwierig. Angenommen wird die Zenne als Grenzfluss und der Kohlenwald als Ödlandzone.

       Die Größe und Struktur des Stammeslandes

      Verkehrswege und Siedlungen hatten sich schon lange vor der Entstehung des neuen Stammesgebiets der Atuatuker herausgebildet. Die Nachkommen der Teutonen, hin und her geworfen von den Auseinandersetzungen um einen festen und dauerhaften Wohnsitz, richteten sich in den vorgefundenen Siedlungen ein und bauten sicher auch neue hinzu.

      Ob die Atuatuker einen Hauptort hatten, ist eine interessante, viel diskutierte und bis heute offen gebliebene Frage. Von französischer Seite werden verschiedene Orte genannt, so eine Festung Dunon in der Region um Namur, auch Huy mit seinen Bergspornen, das Plateau Hastedon oberhalb von Saint-Servais und das Plateau von Champeau, um nur einige zu nennen. Caesar hat keine nachprüfbaren Angaben zu einem Hauptort der Atuatuker gemacht. Es ist nicht einmal klar, ob er mit dem Ort, den er eroberte, den Hauptort meinte. Er sagte: „…, verließen alle Städte und festen Plätze und schafften ihren ganzen Besitz in eine durch ihre Lage hervorragend geschützte Stadt. “(liber II, 29, 3)

      Im Laufe der weiteren Darstellung des Krieges erfahren wir, dass im Land der Eburonen ein Winterlager der Römer, kommandiert von den Legaten Quintus Titurius Sabinus und Lucius Aurunculeius Cotta angelegt wurde (liber V, 24, 5-6). Dieses Winterlager nennt Caesar später Atuatuca (liber VI, 32, 4). Verwirrend für alle Leser ist der nachfolgende Satz, dass dieses Lager in der Mitte des Eburonenlandes läge. Nun kann man sich nicht vorstellen, dass Caesar eine Bezeichnung Atuatuka, die wie der Stammesname lautet, wählt, und Eburonen meint. Dieses römische Lager muss tatsächlich dort gelegen haben, wo er die Stadt der Atuatuker angesiedelt hat. Eine weitere Angabe könnte sehr hilfreich sein. Als Caesar die Anordnung dieser Winterlager vornahm, nennt er den weitesten Abstand von Samarobriva (Amiens), wo er sich befand, mit 100 Meilen. Das sind rund 150km. Damit ist auch die äußere Grenze für die Lage des Ortes Atuatukas gezogen. Von Amiens aus lägen dort in Richtung der Atuatuker die heutigen Orte Binche und Thuin. Alle weiter entfernt liegenden kämen demnach für eine Stadt der Atuatuker nicht in Frage. Thuin ist ein Ort, der auch von einigen Historikern favorisiert wird. Ich habe mich für Binche entschieden, das in der Nähe liegt. In den nachfolgenden Abschnitten wird das noch begründet. Die Abb.4 zeigt den Versuch, ein Stammesgebiet für die Atuatuker darzustellen. Über Annahmen kann ich nicht hinausgehen.

      Markante strukturelle Linien im Gebiet der Atuatuker sind drei Verkehrsachsen: einmal die Sambre als Wasserstraße und der sie nördlich begleitende Fernweg von Boulogne-sur-Mer über Bavay nach Tongeren und Neuss am Rhein. Zum anderen ein Fernweg, der ihr Stammesgebiet im Süden schneidet, von Avesnes-sur-Helpe durch die Ardennen nach Osten, genauer nach Dinant führt, und zum dritten ein Weg, der im Norden, von Tongeren kommend, über Asse nach Kortrijk führt. Er tangiert das Stammesgebiet unterhalb der Sümpfe um Mechelen. Darüber hinaus gab es sicher einige Querverbindungen von Süden nach Norden, die nur untergeordnete lokale Bedeutung hatten, wie der von Thuin über Binche zur Demer.

      Die Sambre begleitet auf dem nördlichen Ufer ein Höhenzug, dessen Kamm zwischen 50 und 120m über dem Wasserspiegel verläuft. Auf dieser Wasserscheide zwischen Maas und Schelde hatte sich der Fernweg von Boulogne über Bavay nach Neuss entwickelt. Wald und Heide bildeten eine Art Ödland, das besonders geeignet war für den Durchzug Fremder. Auf der rechten Uferseite zieht sich das Hochland der Ardennen von der Sambrequelle bis an die Maas hin in einer gleichbleibenden Höhenlinie zwischen 200 und 250m, eingeschnitten durch die Täler der großen Nebenflüsse Helpe, Solre und Thure, die überwiegend von Nordwest nach Südost verlaufen. Der Raum nördlich der Wasserscheide bildet eine Zone mit lehmigen Böden, die überwiegend mit Laubwäldern bedeckt war. Da sich die eiserne Pflugschar schon durchgesetzt hatte, konnten die Siedler auch Land in diesen Wäldern roden und bebauen. Zwischen den Nebenflüssen Zenne und Dijle lagen die Siedlungen, Weiler und Höfe der atuatukischen Bauern.

      Der oben erwähnte Fernweg von West nach Ost zieht sich wie ein Rückgrat durch das Stammesgebiet. Die atuatukische Streitmacht, die zu den Nerviern ziehen wollte, müsste diesen Weg benutzt haben, denn er war für sie am geeignetsten. Es war der Weg von Tongeren nach Bavay. Er verlief zur Römerzeit etwa 20km nördlich der Sambre fast parallel zum Fluss. In der Zeit vor den Römern waren die Verhältnisse andere als nach der Eroberung. Es fehlte der übergreifende politisch und staatsrechtlich geschützte Großraum. Die viel kleineren Stämme waren die bestimmenden Elemente. Ein Fernweg sollte deshalb überwiegend über dünn besiedelte Wasserscheiden führen. So konnte er auch im Falle von Konflikten durch Händler und Kaufleute genutzt werden. Die Führung des Fernhandelsweges auf der Wasserscheide nördlich der Sambre blieb auch zur Zeit der Atuatuker sinnvoll. Dieser Höhenzug konnte bewaldet bleiben. Folgt man diesen Überlegungen, dann wäre der vorrömische Weg von Bavay nach Osten über den gleichbleibenden Höhenzug von 150m nahe an Maubeuge herangekommen und hätte sich dann über Grand-Rend, Peissant, Mont-Sainte-Genevieve bis Fontaine-l‘Eveque fortgesetzt. Schmale Laubwaldstreifen markieren noch heute diesen Kamm des Höhenzuges. Von dort verlief der Weg über Le Bons Villeurs, um sich dann bei Gembloux wieder der späteren römischen Trasse anzunähern. Zwischen den Orten Liverchies und Le Bons Villeurs wird der römisch als Geminiacum bezeichnete Ort vermutet. Der Ort Morlanwelz soll später ebenfalls an der römischen Chaussee, „Brunehault genannt“, gelegen haben, so wie der Vorort von Binche, Waudrez (röm.:Vodgoriacum).

      Gibt es eine solche markante Wegstrecke auch weiter südlich? Im „Digitalatlas of the Roman Empire“ ist ein Weg von Bavay nach Ciney in den Ardennen angezeigt. Man kann ihn nur anhand des heutigen Straßennetzes über Maubeuge/Hautmont, Beaumont, Dinant/Anseremme bis Ciney nachverfolgen. Wenn es einen solchen Weg bereits in vorrömischer Zeit gegeben hat, dann durchschnitt er das atuatukische Stammesgebiet im Süden und grenzte die Wohngebiete zu den Remern ab. Die östliche Grenze könnte dann die Wasserscheide zur Maas gewesen sein.

      Um die Fläche des Stammesgebiets zu ermitteln, kann der Ausgangspunkt nur das Einzugsgebiet der Sambre sein. Von der Quelle bis zur Mündung in die Maas beträgt die Länge des Flusses 193km. Er überwindet ein Gefälle von 199m. Das Bassin misst 2.740 km2. Durch die Teilung mit den Nerviern können von dieser Fläche etwa 2/3 für die Atuatuker angerechnet werden, d.h. etwa 1800km2. Das Gebiet im Norden, Teil des Scheldebassins, kann nur geschätzt werden. Die Dijle, in der Mitte des Gebiets, ist 86km lang. Etwa bis zur Hälfte floss sie durch atuatukisches Gebiet. Für die Breite des Lebensraums nehme ich 45km an. Das ergibt grob eine Fläche von 4.500km2; insgesamt könnte das Stammesgebiet eine Fläche von etwa 6.300km2 umfasst haben.

      Die Einwohnerdichte muss in Beziehung gesetzt werden zur Geografie. Im Einzugsgebiet der Sambre bestimmten Hügel und tiefe Täler das Profil. Im Norden davon dehnten sich riesige Wälder auf lehmigen Böden aus. Ohne dies eindeutig begründen zu können, sondern als Querschnittswert aus vielen Texten zur Bevölkerungsdichte der vorrömischen Eisenzeit in Mitteleuropa gehe ich von einer Wirtschaftseinheit in den Abmessungen 3x3km aus, in der sich durchschnittlich 7 Gehöfte befanden. Mit einer Personenzahl von 7 bis 9 ergäben das 49 bis 63 Menschen auf 9km2 oder etwa 4,5 bis 7 Personen pro km2. Der Stamm könnte deshalb eine Größe von 28.000 bis 44.000 Mitgliedern erreicht haben. Nach den gültigen Erfahrungswerten hieße das: etwa 5.600 bis 9.000 Krieger stünden zur Verfügung. Die von den Remern angeblich an Caesar übermittelte Zahl, die 19.000 Krieger für das belgische Bündnis umfasst haben soll, setzte eine Bevölkerung von mindestens 95.000 Menschen voraus, wahrscheinlich noch mehr, denn das Hilfskontingent eines Stammes dürfte wohl nicht alle Waffenfähigen umfasst haben, sondern nur einen kleineren Teil. Diese Bevölkerungszahl von 95.000 übersteigt die Möglichkeiten, die der Lebensraum bietet. Sicher sind die Zahlen anfechtbar, doch findet eine Aussage sehr wahrscheinlich Zustimmung: Die Atuatuker waren nicht in der Lage, den Römern ein Heer entgegenzustellen, dass auch nur geringste Chancen auf

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