Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild. Carl Wilckens

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Dreizehn Band 1-3: Das Tagebuch / Die Anstalt / Das Spiegelbild - Carl Wilckens Dreizehn -13-

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Eine Gänsehaut überkam mich. Wie viel hatte ich ihr erzählt, als ich betrunken gewesen war? „Ich bin Diane. Freut mich, dich kennenzulernen.“

      Diane. So hieß sie also.

      „Ebenso“, sagte Emily. Sie warf mir einen fragenden Blick zu. In dem Schweigen, das nun folgte, lag eine Spannung wie zwischen zwei unterschiedlich geladenen Polen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ein Lichtbogen von Diane zu Emily übergesprungen wäre.

      Emily erhob sich. „Dann bis irgendwann, William“, sagte sie und klang müde.

      „Wir reden später“, sagte ich, doch Emily winkte ab.

      „Ist nicht so wichtig.“ Sie warf Diane einen flüchtigen Blick zu. „Wiedersehen, Diane.“

      „Wiedersehen“, sagte Diane und blickte Emily nach, bis sie das Café verlassen hatte.

      „Was wollte die denn?“, fragte sie und setzte sich auf den Stuhl mir gegenüber.

      „Ich weiß es nicht“, sagte ich. „Es scheint ihr nicht gut zu gehen.“ Ich erwog, ihr zu folgen, fing Dianes Blick auf und wusste, dass ich mich gedulden musste. „Ich werde später nach ihr sehen.“ Diane schwieg, rang vermutlich den Impuls nieder, es zu kommentieren.

      „Wie geht es dir?“, fragte ich, um sie auf andere Gedanken zu bringen.

      Jetzt lächelte sie wieder, fast wie auf Kommando, und ergriff meine Hand, die neben dem Colaglas lag. „Ich habe dich vermisst.“

      Ich rang mir ein Lächeln ab und erwiderte ihren Händedruck. „Dabei kennst du mich kaum“, sagte ich. Sie wurde rot, hielt meinem Blick jedoch stand.

      „Im Gegensatz zu dir erinnere ich mich an unsere erste Begegnung“, sagte sie, zog ihre Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich weiß, wer du bist, William David Walker. Weißt du auch, wer ich bin?“

      „Nein“, räumte ich ein. „Bitte entschuldige, aber meine Erinnerung hat mich im Stich gelassen.“ Leider hatte auch Ed mir nicht weiterhelfen können.

      „Ich bin enttäuscht von dir“, sagte Diane und schob schmollend die Unterlippe vor. „Bin ich so langweilig, dass ich keinen bleibenden Eindruck in deinem Gedächtnis hinterlassen habe?“ Die ehrliche Antwort wäre ein klares Ja, ohne jeden Zweifel! gewesen. Diane ist eine Schönheit, darin besteht kein Zweifel. Ihre Haut ist ebenmäßig, ihr Gesicht wohl proportioniert. Sie hat eine schlanke Figur, wohlgeformte Brüste und eine wahrhaft grazile Art, sich zu bewegen. Ich habe mich in den Tagen nach meiner durchzechten Nacht oft gefragt, wie jemand wie sie sich in mein Bett verirren konnte. Aber so schön sie auch sein mag, es fehlt ihr an Profil, um sich in mein Gedächtnis einzuprägen. Ihr fehlt die spitze Nase, das kleine Lächeln und das Mal über der linken Braue. Zugegeben, ich kenne sie kaum, und dass sie ein Messer bei sich trug, macht sie auf gewisse Weise interessant, wenn auch nicht gerade attraktiv.

      „Nimm es nicht persönlich“, sagte ich. „Es gibt Mächte, denen kein Gedächtnis gewachsen ist.“

      „Du meinst Whisky?“ Ich nickte und erntete ein Lachen. „Also gut. Ich verzeihe dir. Schließlich warst du sehr nett zu mir.“ Sie schenkte mir einen vielsagenden Blick. „Was hieltest du davon, diesen Viertabend ins Fourier zu kommen? Dort kannst du mehr über mich erfahren.“

      „Was ist im Fourier?“

      Sie schlug gekonnt die Augen auf und lächelte geheimnisvoll. „Lass dich überraschen.“ Sie stand auf. „Ich rate dir, dort zu sein.“ Die Drohung war als Scherz gemeint, doch ich runzelte verärgert die Stirn. Diane hatte zuweilen eine unangenehm besitzergreifende Art.

      Sie wandte sich um, nicht ohne ihr Haar im Licht der Abendsonne aufleuchten zu lassen. Ich sah ihr nachdenklich hinterher, bis sie das Café verlassen hatte. Diane ist nicht die Sorte von Frau, für die ich mich interessiere. Aber Emily hat mich gelehrt, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Und was weiß ich schon über Diane, außer vielleicht, dass sie von eifersüchtiger Natur ist? Ihre Schönheit hatte Oliver und Scott regelrecht den Atem geraubt. Ich könnte mich glücklich schätzen.

      Nur was hatte Emily mit richtigstellen gemeint?

      Sie will dir eine zweite Chance geben, tönte eine ziemlich naive Stimme aus meiner Brust. So ein Unsinn! Ich rief mir die Zeilen ihres Briefes ins Gedächtnis, was nicht schwer war, weil ich ihn unzählige Male gelesen habe. Vielleicht wollte sie mich wiedersehen, bloß um unsere Freundschaft zu erhalten … Aber dann war Diane aufgetaucht, und Emilys Anliegen war unausgesprochen geblieben.

      Emily hatte niedergeschlagen gewirkt. Wieso? Konnte Diane der Grund sein? Meine Beziehung zu ihr hätte ihr nur recht sein müssen, jedenfalls wenn sie tatsächlich nicht an mir interessiert war.

      Es sei denn …

      Sie verzehrt sich nach dir, rief mein Herz und hüpfte vor Aufregung. Ich hätte mir das nutzlose Ding am liebsten aus der Brust gerissen und durch den Raum geschleudert, um endlich in Ruhe nachdenken zu können.

      Ich rief mir Emilys Erscheinung in Erinnerung. Blass, kraftlos …

      Etwas stimmt nicht mit ihr … Vielleicht braucht sie Hilfe. Nur warum soll sie sich ausgerechnet an mich wenden? Gewiss gibt es da noch andere.

      Und was, wenn nicht?

      Kann es sein, dass Emily einsam ist? Dass sie sich an mich wandte, weil es sonst niemanden gibt? Sie hat etwaige Freunde oder Verwandte nie erwähnt. Vielleicht braucht sie meine Hilfe, doch hat sie beim Anblick Dianes den Mut verloren. Macht es da Sinn, dass sie etwas richtigstellen wollte? Etwas, das sie mir in ihrem Brief geschrieben hat?

      Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen …

      Ich leerte die Cola und winkte einem Kellner. Was auch immer Emily zu mir geführt hatte, ich wollte es herausfinden.

      Als ich eine halbe Stunde später an ihrer Wohnung läutete, öffnete niemand. Ich verfluchte mich stumm. Warum war ich ihr im Café nicht stehenden Fußes gefolgt?

      Ich werde es morgen wieder versuchen.

      W. D. Walker

       Im Verwunschenen Tal

      Erntezeit. Es herrschte tiefste Nacht. Die Luft war feucht und schmeckte nach Baumharz. Ein weicher Nadelteppich dämpfte die Schritte des Marionettenmannes. Er folgte dem Verlauf einer steilen Felswand, die dem Tannenwald Einhalt gebot wie eine vorgehaltene Hand. Bald gelangte er zu einer dreimannhohen Öffnung, die den Fels wie ein gezackter Blitz spaltete. Ein Windstoß sang klagend in der Finsternis.

      Das Versteck der Bestie.

      Der Marionettenmann betrat die Höhle. Dunkelheit umfing ihn. Ein warmer Luftzug schlug ihm entgegen und brachte einen Geruch mit sich, der an feuchtes Stroh und alte Socken erinnerte. Der Marionettenmann rümpfte die Nase. Das Licht seiner Laterne flackerte und ließ Schatten über die Höhlenwände tanzen. Ein Alb in wilder Vorfreude. Allmählich konnte er Rumoren hören, das aus den Tiefen stieg und mit jedem Schritt, den er tat, deutlicher wurde.

      Jemand schnarchte. Markerschütternd.

      Als er sich in unmittelbarer Nähe der Lärmquelle befand, streckte der Marionettenmann eine Hand aus und streifte im Gehen mit den Fingerspitzen über die

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