Warme arktische Nächte. Yuriy Tarnawsky
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Es gab viele Fotos von Mutter, bevor sie Vater heiratete – im Winter in Skikleidung und auf Skiern mit einer Schar von Freunden auf einem schneebedeckten Berghang, Fechten, Turnen in einer fremdartigen Kleidung, Schwimmen, dazu oft Duplikate in verschiedenen Tönen – blau, grün, rosa, braun, schwarz.
Und Dein Vater?
Man könnte sagen, er war Soldat, auch wenn er Zivilkleidung trug. Sein Rücken war immer gerade, als würde er auf einem Pferd sitzen, egal was er tat. Er lief sogar so, außer wenn er nachts um den Tisch herumging und seinen Gedanken nachhing. Dann sah er aus wie alle anderen. Ihn umgab ein ständiger Schein von silbergrauem Licht – seine stahlgrauen Augen, silberne Schläfen, glatt rasierte senkrechte Wangen, fest wie ein Stahlschloss zusammengepresste Lippen und gut geschnittene graue Anzüge. Aber seine Lippen und sein Atem waren, wenn er mir den Gutenachtkuss gab, warm. Und so war auch seine starke Hand, die meine hielt, wenn wir nach draußen gingen.
Am besten sah er jedoch aus in seiner senffarbenen, eng anliegenden Offiziersuniform, die hohe, vierkantige Mütze auf dem Kopf, die ein schwarzglänzendes Visier mit einer Metallkrempe am Rand hatte, mit silbernen Insignien an seinem Kragen wie ein eingefangener leuchtender Blitz und gezwungen, für immer dort zu bleiben, einen breiten braunen Gürtel mit Messingschnalle um die Taille, einen passenden Pistolenhalfter mit der Pistole an der Seite und hohen, glänzenden schwarzen Stiefeln. Am faszinierendsten war die Pistole, die schwarz war, aber wie aus Silber glänzte, mit einem geheimnisvollen roten Punkt an einer Stelle, die ich manchmal sehen und berühren, aber niemals in meine Hände nehmen durfte.
Jeden Sommer ging er für ein paar Wochen zum militärischen Training, und obwohl ich ihn dann vermisste, dachte ich auch gern darüber nach, was er tat, den Truppen dies und das zu tun befehlend, während er hoch auf seinem Pferd saß. Wenn er zurückkam, bat ich ihn, zu beschreiben, was er getan hatte und es war, als wäre ich selbst dort gewesen.
Es gab eine Bank neben dem Gebäude?
An der Seite des Gebäudes befand sich neben der Auffahrt zum Herrenhaus eine Parkbank. Sie bestand aus dünnen, weiß lackierten Holzlatten, die nach vorne hin elegant gekrümmt waren, so dass deine Beine sich wohl fühlten, und ebenso ganz oben hinten im Rücken, wo du dich anlehntest.
Und ein Foto von Dir auf der Bank?
Es gab ein Foto von mir, wie meine Mutter mich hält, sie sitzt auf der Bank, mit Nora zu ihrer Linken und Vater aufrecht hinter ihnen stehend. Es muss entweder im frühen Frühling oder im späten Herbst aufgenommen worden sein, weil wir alle warm angezogen sind, wenn auch nicht so, wie im Winter. Und es liegt kein Schnee auf dem Boden. Eigentlich muss es Anfang Frühling des Jahres nach meiner Geburt gewesen sein, denn ich sehe mehr als nur ein paar Wochen alt aus. Dies wäre der Fall gewesen, wenn es im Herbst des vorangegangenen Jahres gewesen wäre, aber ich bin definitiv nicht älter als ein Jahr. Ich habe eine weiße, unter meinem Kinn zusammengebundene Strickmütze auf meinem Kopf und einen passenden warmen Babyanzug mit Füßen. Nora hat auch eine Strickmütze auf dem Kopf, aber sie ist grau und umschließt ihren Kopf fest und hat zwei Klappen, die über die Ohren gehen. Sie trägt einen hellen Übermantel und dunkle dicke Strümpfe, die wir Rajtuzy nannten, also Strumpfhosen. Die Mutter trägt einen dunklen Übermantel und einen grauen Cloche-Hut. Der Vater hat einen grauen Übermantel mit breiten Revers und einen grauen Fedora-Filzhut auf dem Kopf.
Nur ein Foto?
Es gab einige von ihnen, nicht in verschiedenen Farbtönen wie die von Mutter, sondern alle in den gleichen Schwarz-Weiß-Farben, bei einem Teil von ihnen war aber etwas mit einer Schere abgeschnitten. Ich erinnere mich jetzt, da saß tatsächlich eine andere Frau auf der Bank, etwas abseits der Mutter, zu ihrer Rechten, und auf dem oben beschriebenen Bild ist sie abgeschnitten. Sie sieht jung aus, jünger als Mutter und trägt auch einen grauen Übermantel und einen kleinen runden schwarzen Hut auf dem Kopf. Und Vater steht nicht hinter Mutter und Nora, sondern in der Lücke zwischen Mutter und der Frau.
Und dann gab es noch ein weiteres Bild mit der Frau und dem abgeschnittenen Vater sowie eine zweite nicht abgeschnittene Version.
Wer war die Frau?
Ich glaube, es war wahrscheinlich Panna — Fräulein — Adela. Sie sah auf dem Bild anders aus, als ich mich erinnere, wie sie aussah, aber das liegt möglicherweise daran, dass sie damals einige Jahre jünger war.
Wer war Adela?
Ich bin mir nicht sicher. Sie war jemand, mit der Vater manchmal zusammen arbeitete, aber ich weiß nicht, ob sie eine Verwandte des Hrabia oder eine Angestellte war. Ich glaube, sie blieb manchmal im Herrenhaus, lebte aber meistens anderswo.
Sie mochte mich sehr und streichelte mir ständig den Kopf und gab mir manchmal einen Kuss – oben auf meinen Kopf oder auf meine Augen. Sie sagte, ich habe schöne Augen.
Wer zerschnitt die Bilder?
Ich habe keine Ahnung. Es könnte Nora gewesen sein, die ein Bild von Vater allein haben wollte, also zerschnitt sie versehentlich dieses Blatt in zwei Bilder und schnitt dann das Bild des Vaters bei einem von ihnen ab, um es zu behalten, oder wenn es Nora nicht war, dann wird es höchstwahrscheinlich Mutter gewesen sein, die nur ein Bild von den vieren und dann von uns drei haben wollte.
Aber höchstwahrscheinlich war es Nora, die es aus einem Grund getan hat, den nur sie selbst wusste. Sie war in vielerlei Hinsicht geheimnisvoll.
2
Dein Vater und Panna Adela fuhren im Auto fort?
Es war früh am Morgen und ich spielte zwischen den schwarzen Johannisbeersträuchern entlang der Vorderwand unseres Hauses, betäubt von ihrem schweren, berauschenden Duft, wie immer so tuend, als wäre ich ein Riese in einer winzigen Miniaturwelt, während ich durch das offene Fenster die lauten Stimmen von Vater und Mutter sich über etwas streiten hörte, wozu im Hintergrund Nora in ihrem Zimmer wütend Klavier spielte.
Dann fuhr ein großes cremefarbenes Auto mit heruntergeklapptem Dach und Panna Adela hinter dem Lenkrad die Auffahrt entlang und hielt vor der Tür. Es hatte glänzend verchromte Speichenräder und hellbraune Ledersitze, die einen schönen Kontrast zur Cremefarbe des Wagens bildeten. Seine Türen öffneten sich von vorne nach hinten und nicht wie üblich von hinten nach vorne. Sie hatten glänzende Metallgriffe.
In dem Moment, als der Wagen ankam, hielt der Streit inne und Vater stürmte aus der Tür, rannte zum Wagen, öffnete ihn, stieg ein und setzte sich auf den Beifahrersitz. Er trug einen hellgrauen Anzug und glänzende schwarze Schuhe und sein Kopf war unbedeckt. Panna Adela war in einem geblümten Kleid und ihr Kopf war in ein weißes Seidentuch gehüllt.
Ich sprang aus den Büschen und rannte zum Auto, fragte Vater, wohin er wolle. Sein Gesicht hellte sich auf, als er mich sah, und er sagte, er und Panna Adela müssten aus geschäftlichen Gründen in die Stadt fahren und würden am späten Nachmittag zurückkommen.
Panna Adela lächelte mich an, beide winkten mit den Händen in meine Richtung, das Auto fuhr los, kurvte um die Auffahrt herum und fuhr auf den Ausgang des Guts zu.