Warme arktische Nächte. Yuriy Tarnawsky
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Er hatte verputzte Wände und ein rotes Ziegeldach, an dessen Dachtraufen Blumentöpfe mit roten Blumen aufgehängt waren, die wie Flammen aussahen.
Der peron – der Bahnsteig – war mit in kleine Quadrate unterteilten Fliesen belegt, wodurch er wie eine Schokoladentafel aussah. Wenn man ihn entlang ging, machten die Füße scharfe Klackgeräusche wie eine Schokoladentafel, die bricht. Als wir ankamen, um meine Großmutter zu besuchen, hatte ich immer das Gefühl, als würde ich eine riesige Schokoladentafel entlanggehen, von der das Silberpapier abgezogen war, und freute mich besonders darauf.
Sie erwartete Euch?
Vor dem Bahnhof erwartete uns Großmutter immer in einem Fiaker, das Verdeck hinterrücks heruntergeklappt, sie ganz in Schwarz, den Kopf in ein Tuch gehüllt und ein bodenlanges Kleid tragend, ihre Hände auf dem elfenbeinernen Griff eines Stocks, den sie draußen trug.
Sie küsste mich, wenn ich neben sie in den Fiaker kam und drückte mir eine Schokoladentafel in die Hand, wie ich es mir vorstellte, als ich den Peron hinunterging, die sie irgendwo zwischen den Falten ihres Kleides hervorbrachte und von der sie wusste, dass ich sie erwartet hatte. Unser Gepäck wurde in den Kofferraum im Fond gesteckt, meine Eltern und Nora zwängten sich auf die Vorder- und Rücksitze, die einander gegenüber lagen, der Fahrer stieg auf seinen hohen Sitz, seine Peitsche knallte und der Fiaker rollte los in die Stadt.
Die Straße war mit Pflastersteinen gepflastert und das Geräusch, das die Hufe des Pferdes auf ihm machten, ließ mich wieder an den Laut einer Schokoladentafel denken, wenn man sie bricht, und ich freute mich darauf, den Laut von derjenigen zu hören, die Großmutter mir gab, wenn ich sie brechen würde, sobald wir endlich bei ihr daheim waren und gegessen hatten, was sie für uns zubereitet hatte. Du durftest keine Süßigkeiten vor einer Mahlzeit nehmen und nicht zulassen, dass dein Magen dein Leben lenkt.
Was hast Du gegessen?
Selbstgebackenes Sauerteig-Roggenbrot, glänzend und mit dem Abdruck eines Kohlblattes oben auf dem Laib, mit frisch geschlagener Butter und Quark mit Sauerrahm und Radieschen und Frühlingszwiebeln und Dill, dazu frische Buttermilch und Sauerampfer-Suppe mit Reis und Sauerrahm und in Hälften geschnittene hartgekochte Eier, so wie Mutter es machte, und gedünstetes Kaninchen in Sauerrahmsauce mit Kartoffelpüree und pürierter roter Bete und in Butter sautierten Weißkäsepastetchen, serviert mit Kirsch-Johannisbeer-Konfitüren und Honigbrot und wilden Erdbeeren und Himbeeren und Blaubeeren, serviert mit Zucker und Sahne, Minztee mit Honig und örtlichem Mineralwasser mit Himbeersirup oder ohne zum Abschluss.
Du gingst schlafen?
Das leicht gestärkte und sorgfältig gebügelte Leinen streichelte sanft meine Haut, als ich zwischen die Laken kroch und sofort in den Schlaf glitt, als ginge es kopfüber entlang eines rutschigen, steil geneigten Brettes, begleitet von dem süßen Duft von Äpfeln, die verwendet wurden, um das Bettzeug in der Truhe, in der es aufbewahrt wurde, zu parfümieren.
Eine singende Pforte?
Vor dem Haus gab es einen Blumengarten, der durch einen Eisenzaun von der Straße getrennt war. Diese Pforte darin machte, wenn man sie öffnete oder schloss, ein Geräusch wie ein Vogel, der dezent einige Male zwitscherte und dann verstummte.
Blumen im Garten?
Entlang des Zauns wuchsen rote Kletterrosen. Ein breiter gelber Ziegelsteinweg, der vom Tor zur Eingangstür führte, schnitt den Garten in zwei Hälften und ging um jedes der beiden Rechtecke herum, die den Rest des Gartens einnahmen und mit denselben Ziegelsteinen, die senkrecht auf einer Seite standen, eingefasst waren. In der Mitte von jedem befand sich ein großer Kreis mit weißen Pfingstrosen am Rand in einem von ihnen und rosafarbenen im anderen, und hohen, flammenroten Dahlien in der Mitte. Ein dicker Teppich von Levkojen füllte den Rest jedes Rechtecks. Wenn es dunkel wurde, strahlten sie einen süßen, berauschenden Duft aus, der bis zum Morgengrauen anhielt. Er war so stark, dass er mich manchmal mitten in der Nacht weckte.
Eine singende Wasserpumpe?
Im Gemüsegarten auf der Rückseite des Hauses befand sich eine Wasserpumpe. Sie gab, sobald man sie betätigte, ein Geräusch von sich wie ein Vogel, der sang, immer weiter und weiter, nie bereit, aufzuhören. Ich musste manchmal, wenn wir den Eimer füllten, darum kämpfen, den Griff zu bewegen, weil ich gerne derjenige sein wollte, der sie zum Singen brachte.
Das Wasser?
Das Wasser, das aus dem Kran in den Eimer floss, fühlte sich an wie der muskulöse Arm eines Mannes. Das im Eimer roch wie ein Strauß kalter Blumen.
Der Garten auf der Rückseite?
In einer Ecke des Gartens auf der Rückseite, den das Sonnenlicht kaum durchdrang, wuchs ein riesiger Apfelbaum. Es war immer halb dunkel zwischen seinen Ästen wie in einer Mondnacht. Die Äpfel waren klein und rot und schienen, wenn man sie pflücken wollte, wie Vögel auf den Ästen zu hüpfen. Nachts konnte man sie wie Flöten, die lange traurige Laute machten, in das Gras fallen hören, was mir ebenfalls gefiel.
Es wuchsen darin auch rote und gelbe Johannisbeersträucher, deren Beeren wie winzige Sonnen, rot oder gelb, in engen Fruchtständen gebündelt waren, Stachelbeeren, deren gelbgrünes Innere trübe wie stehende Gewässer war, Erdbeeren in ordentlichen Reihen, die beim Hineinbeißen in deinem Mund voller Aromen explodierten und Deinen Gaumen zu durchstechen drohten, in noch saubereren Reihen wachsende Möhren, süß, als wären sie in Zucker getaucht, wenn Du sie nach dem Abwaschen unter der Pumpe kautest, ebenso Kohl, Kohlrabi und süße Erbsen, die behände an hohen Spalieren entlangkletterten, die Erbsen in den Schoten wie Tropfen grünen Zuckerwassers und die Schoten, wenn du die klare Membran von ihnen abgezogen hattest, ebenfalls süß.
Du gingst schwimmen?
Manchmal bereitete Mutter Essen für den ganzen Tag vor, das sie in einen Korb stellte, den sie im Zug mitgebracht hatte, und wir heuerten einen Fiaker an, der uns einige Kilometer außerhalb der Stadt zu einem großen Fluss brachte und später abholte. Dort waren kaum Leute, aber zwischen hohen Büschen lagen breite, flache Kieselstrände, so legten wir unsere Decke und Handtücher auf denjenigen, den wir mochten, und ließen uns sonnen oder badeten. Der Fluss war flach mit nur gelegentlich tiefen Stellen, Mutter schwamm dort, während Nora und ich nahe am Ufer plantschten. Ihre Bewegungen waren sanft und ruhig, als wäre auf der Wasseroberfläche eine Ölpfütze, die ständig ihre Form veränderte.
Vater blieb normalerweise auf der Decke, las Zeitung oder spielte Schach gegen sich selbst.
Und Picknicks?
Mutter bereitete erneut Essen zu, und wir gingen in die Hügel außerhalb der Stadt und machten Picknick auf einem Hügel in der Mitte eines Feldes oder am Waldrand im hohen Gras, wo es kurz war. Normalerweise waren wir nur zu viert, aber gelegentlich kamen einige Freunde meiner Eltern mit. Sie hatten zwei Mädchen in Noras Alter, und sie spielte mit ihnen, während ich alleine spielte oder meinen Eltern und den beiden anderen Erwachsenen beim Gespräch zuhörte. Vater spielte manchmal Schach mit dem Mann, wenn dieser da war, ansonsten spielte er mit sich alleine, während ich ihn beobachtete, wie er die Züge machte und Fragen stellte.
Pilze- und Beerensammeln?
Die Wälder waren kühl und rochen nach Harz. Der Boden in ihnen war von Kiefernadeln, die ihn wie kurz geschorenes Haar bedeckten, glitschig, so dass Du darauf ausrutschen und hinfallen konntest, wenn Du nicht vorsichtig warst. Die Pilze sprangen aus dem Boden hervor wie schüchterne kleine Tiere, die Angst haben oder nicht durchbrechen können,