Kurz und schmerzlos. Peter Gerdes

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Kurz und schmerzlos - Peter Gerdes

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ohne Begeisterung. »Meine Kollegen«, stellte er die Umstehenden mit einer flüchtigen Handbewegung vor. »Herrn Professor Groenewold kennen Sie ja, ebenso Heinz Bender, den Hafenmeister. Und wen bringen Sie da mit?«

      »Sina Gersema, Polizeipsychologin«, log Stahnke, ohne mit der Wimper zu zucken. »Frau Gersema, dies ist Kriminalhauptkommissar Krömke.« Sina, völlig perplex, hielt Krömkes kritischem Blick und seinem schmerzhaften Händedruck tapfer stand.

      »So, dann wollen wir mal«, knurrte Krömke. »Freizeitaktivitäten am Wochenende, auf Ihren besonderen Wunsch, Herr Kollege Stahnke.« Er gab dem Kranführer ein Handzeichen. Die Traverse ruckte an, die Drahtseile kamen steif, und der Bootsrumpf begann sich langsam aus dem Seewasser zu heben.

      »Stopp!« Das war Bender. »Das Heck kommt zu schnell. Die vordere Trosse muss zehn Zentimeter nach achtern.« Gehorsam ließ der Kranführer das Boot wieder herab. Auch Krömke und seine Leute fügten sich den Anweisungen.

      »Was soll das werden?«, flüsterte Sina Stahnke zu. »Hast du diese Aktion etwa bestellt? Wozu soll das denn gut sein?«

      Stahnke schwieg verbissen. Ja, er hatte darauf bestanden, Salewskis Yacht wenigstens einmal aus dem Wasser zu holen, um auch das Unterwasserschiff genau zu untersuchen. Beliebt hatte er sich damit nicht gemacht. Zugestimmt hatten die Kollegen letztlich nur, weil er versprochen hatte, danach endlich Ruhe zu geben. »Wer weiß, vielleicht hatte der Typ nur seine Midlifecrisis und ist in die Karibik abgehauen«, hatte Krömke gesagt. »Manche Fälle sind eben nicht zu lösen, das muss man einfach akzeptieren.«

      Stahnke aber dachte überhaupt nicht daran. Schon gar nicht, seit er herausgefunden hatte, seit wann Groenewolds Haus in Leer zum Verkauf stand. Drei Tage nach der gemeinsamen Baldeney-Segeltour der beiden Professoren hatte der Makler es erstmals inseriert. Und das war mehr als eine Woche vor Salewskis geplatzter Antrittsvorlesung gewesen.

      »Reiner Zufall«, hatte Groenewold ganz cool behauptet und dabei an seiner affigen Fliege genestelt. »Ich wollte mich sowieso verändern, na und? Jetzt wird eben ein Umzug nach Essen draus. Wollen Sie mir deswegen etwas anhängen?«

      Jetzt hing die Yacht richtig, und der Kranführer hob zügig an. Als das Boot tropfend über der Betonplatte hing, sah es viel größer aus als zuvor. Das Unterwasserschiff war schnittig geformt. Wie eine riesige Flosse hing ein mächtiger Ballastkiel am tiefsten Punkt, über zwei Meter lang und anderthalb tief. Der Kranführer ließ das Boot in eine vorbereitete eiserne Stellage sinken.

      »Tja, den Film Nur die Sonne war Zeuge haben wir wohl alle gesehen«, höhnte Krömke. »Mord auf hoher See, todsichere Sache, aber als die Yacht aufgeslippt wird, hängt die Leiche noch am Kiel. Schade, dass das Leben kein Kinofilm ist, was, Stahnke?« Seine Kollegen lachten schadenfroh.

      Stahnke aber starrte unverwandt auf das Unterwasserschiff. Natürlich gab es hier keine Tatspuren zu sehen, geschweige denn zu sichern. Dafür sah der Hauptkommissar etwas anderes.

      »Keine Bleibombe?«, fragte er halblaut in Richtung Hafenmeister.

      Der schüttelte den Kopf. »Nee. Hohlkiel von der alten Sorte. Betonfüllung als Ballast. Wieso?«

      Stahnke antwortete nicht. »Kompressor einschalten«, zischte er stattdessen.

      Bender zögerte nur kurz, dann führte er Stahnkes Anweisung aus. Warum wohl, fragte sich Sina, so einer lässt sich doch sonst nichts sagen. Vielleicht aus Neugier? Das könnte ich nachvollziehen.

      Stahnke spannte alle Muskeln seines massigen Körpers an, packte den Presslufthammer, richtete den Meißel auf den Kiel und ließ die Maschine losrattern. Zweimal rutschte sie ab, ehe sich die Spitze zwischen die Fasern der Kunststoffhülle zu bohren und sie aufzureißen begann. Danach ging alle ganz schnell.

      »Was zum Teufel …« brüllte Krömke durch den Lärm. Dann verstummte er, denn die Betonfüllung des Ballastkiels begann zu bröckeln und zu bersten, schneller als vermutet, denn sie war nicht so massiv wie angenommen. Ein Hohlraum in ihrem Inneren barg die Leiche eines kleinen, schmächtigen Mannes. Eines Mannes mit vorstehenden Schneidezähnen und, soweit sich das noch erkennen ließ, fliehendem Kinn.

      Dauerlieger, schoss es Sina durch den Kopf.

      Als Stahnke den Presslufthammer absetzte, rutschte der rechte Arm des Toten aus dem gesprengten Kiel heraus. Die Finger waren zur Faust geballt, und zwischen ihnen steckte etwas Farbiges. Krömke nahm es vorsichtig an sich.

      Es war eine bunte Fliege.

      Krömke gab seinen Kollegen einen Wink. »Gut, dass Sie kommen konnten«, sagte er zu Groenewold, während die Handschellen klickten.

      »Er hat eben den Ruf vernommen«, sagte Sina. Dann küsste sie Stahnke auf die schweißnassen Lippen.

      Süßer Tod in Berlin

      Entschuldigung, ist hier noch frei? Ja, Sie haben recht, das kann ich in der Tat selber sehen. Trotzdem danke. Ist ja doch mächtig voll, der Dampfer. Ich musste schon eine ganze Weile stehen.

      Bitte? Nein, ich bin nicht von hier, das haben Sie völlig richtig erkannt. Sie denn? Ah ja, dann ist es kein Wunder. Ein Berliner merkt natürlich sofort, ob er einen Landsmann vor sich hat oder nicht. Wie bitte? Stallgeruch? Verstehe. Ist aber irgendwie doch kein passender Vergleich, nicht wahr? Kommt von der Größe her nicht hin. Muss mal nachdenken, da gibt es bestimmt etwas Treffenderes.

      Ja, durchaus möglich, dass wir uns schon einmal getroffen haben. Ich habe auch den Eindruck. Heute? Tja, ich war den ganzen Tag in der Stadt unterwegs. Richtig, in »Mitte«, so sagt man wohl. Ach Gott, Brandenburger Tor, Hotel Adlon, Museumsinsel – was man sich halt so anschaut als Tourist.

      Genau, Bus gefahren bin ich auch. Diese Doppelstockfahrzeuge erinnern ja an London, bis auf die Farbe, tolle Sache das. Welche Linie? Genau. Dann haben wir uns also dort gesehen.

      Ach, das haben Sie mitbekommen? Also, ich muss schon sagen, wie der Busfahrer mich angeschnauzt hat … dabei wollte ich doch nur eine Auskunft. Bei uns zu Hause würde sich das keiner erlauben. Dabei gelten wir Ostfriesen ja nicht gerade als besonders umgänglich.

      Landei. Ja genau, Landei, das hat er zu mir gesagt. Das haben Sie behalten, was? Den Ton haben Sie übrigens genau getroffen. Und auch sein Lachen klang ganz ähnlich wie Ihres jetzt.

      Natürlich hätte ich vorher auf den Streckenplan gucken müssen, da haben Sie völlig recht. Hängt schließlich an jeder Haltestelle. Sonst hält man ja den ganzen Verkehr auf. Zeit ist Geld, selbstverständlich.

      Was ist denn da am Ufer los? Blaulichter, genau. Polizei, Krankenwagen – und noch ein Mannschaftsbulli hinterher. Hoffentlich kein schwerer Unfall. Na, die fahren ja in unsere Richtung, vielleicht sehen wir später noch, was es ist.

      Und auf der Museumsinsel waren Sie auch? Pergamon-Museum? Das ist ja erstaunlich. Ich meine, Sie als Einheimischer … Aber nein, auf keinen Fall wollte ich damit sagen, dass die Berliner keine Kultur hätten. Ganz im Gegenteil, welche Stadt besitzt schon dermaßen viele Kulturgüter? Nur eben, dass Sie als Berliner, der das doch sicher alles schon kennt, ausgerechnet heute …

      Soso, ihr Sohn also. Zu Besuch, aha. Klar, da muss man zusammen etwas unternehmen. Und immer nur in den Zoo geht ja auch nicht, das stimmt. Man will dem Kleinen ja etwas bieten, was? Genau. Ist schon ein richtiger Wettbewerb, wenn man getrennt lebt. Auch Liebe gibt es nicht umsonst? Na, wenn Sie das sagen.

      Schön, dass Ihr Filius

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