Tausendfache Vergeltung. Frank Ebert

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Tausendfache Vergeltung - Frank Ebert

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Du hast viele Landsleute gesehen. Weiß ich, ob der freundliche Herr aus dem Wirtschaftsministerium, der mich auf meinen Artikel aus der letzten Woche ansprach, für Pjöngjang spioniert?“

      „Oder die Bedienungen … obwohl sie sehr aufmerksam waren“, schränkte sie ein.

      „Ja, vielleicht gerade deshalb … Die bekommen allerlei mit … Jung Sook, wir sind da.“

      Al stieg aus, ging um den Wagen herum und öffnete die Tür. Grazil entstieg Jung Sook dem Fahrzeug und hängte sich am Arm ihres Begleiters ein. Sie betraten das Gebäude des Pressezentrums. Der Lift brachte sie rasch in das oberste Stockwerk. Von einer der Nischen des Restaurants, die sich für vertrauliche Gespräche zu zweit oder zu dritt hervorragend eigneten, blickten sie auf den beleuchteten Springbrunnen vor dem Seoul Plaza Hotel. Tief unter ihnen breitete die unruhige Großstadt ihr nächtliches Gesicht aus.

      „Du hattest recht, Al. Der Ausblick von hier ist zauberhaft. Sieh doch nur, die vielen bunten Lichter“, begeisterte sich Jung Sook.

      Sie deutete auf den Namsan-Berg.

      „Da, das ist der Fernsehturm – der Seoul Tower.“

      „Und dahinter liegt Itaewon“, ergänzte Al.

      „Ja. Und deine Wohnung …“

      Al war nachdenklich geworden.

      „Was ist los mit dir?“, fragte sie.

      Al senkte seinen Kopf. Stumm sah er durch das volle Weinglas vor sich. Der Qualm, der von seiner Zigarette aus dem Aschenbecher aufstieg, kräuselte sich in blauen Wölkchen um seinen Kopf.

      Jung Sook lehnte sich an ihn und fasste ihn am Arm.

      „Du musst nicht traurig sein, Al. Bitte nicht“, flüsterte sie.

      „Ach, ich denke …“, seufzte Al.

      „ …an Shing-hee – ich weiß. Aber, du hast doch auch noch mich“, tröstete sie ihn und strich über sein Haar.

      „Wenn ich doch nur genau wüsste, warum sie sterben musste.

      Alles war so mysteriös …“

      „He, alter Junge!“

      Raymond schlug Al so kräftig auf die Schulter, dass er erschrocken zusammenfuhr.

      „Das ist kein Tag zum Trübsalblasen“, schärfte er ihm ein.

      Jung Sook war ein bisschen enttäuscht, weil Raymond nun einen grauen Anzug trug, wo ihm doch die Uniform so gut gestanden hatte. Jetzt sah er aus wie viele andere.

      „Ach, das ist alles schon hundert Jahre her. Alles Vergangenheit. Sie holt mich immer wieder ein“, klagte Al. „Damals, als wir junge Offiziere waren, den Kopf voller Flausen hatten, da dachten wir, uns gehöre die ganze Welt. Wir wollten Abenteuer erleben, fremde Länder sehen, Erfahrungen machen …

      Die Navy gab uns die Chance. Und wir haben sie genutzt. Aber die Wirklichkeit ist anders. Grausam ist sie, kalt und erbarmungslos. Vielleicht auch gerecht. Es ist unsere Aufgabe, uns ihr zu stellen“, philosophierte Al.

      Raymond fuhr dazwischen:

      „Mann! Unsere Crewkameradschaft zählt heute noch. Sollte sie nur das bisschen wert gewesen sein, was wir zusammen erlebt haben, dann hätten wir sie gleich damals vergessen können. Du bist nicht mehr dabei und ich auch nicht, okay?

      Das war einmal. – Oh, ich glaube, jetzt habe ich etwas gesagt, was ich lieber für mich behalten hätte.“

      Al hatte sich wieder gefasst und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.

      „Nein, nein. Du trägst zwar noch die Uniform. Aber jeder, der bis drei zählen kann, fragt sich doch, was ein Fregattenkapitän in einer Botschaft macht. Ich habe Frau Dr. Kang erzählt, was du machst.“

      Raymond sah ihn fassungslos an.

      „Du hast was?“

      Eigentlich hätte er auf Al wütend sein müssen. Jung Sook war seine Zugehörigkeit zur CIA nun bekannt. Eines seiner bestgehüteten Geheimnisse, das er nicht einmal Leuten preisgab, die er gut kannte, wusste diese wildfremde Frau. Weil sein Freund es ihr erzählt hatte – einfach so.

      „Raymond! Nun beruhige dich. Frau Dr. Kang hat gelegentlich auch mit deinem Dienst zu tun“, erklärte Al und lächelte versöhnlich.

      „Ja, das stimmt“, bestätigte Jung Sook. „Wissen Sie, ich bin häufiger in den Staaten.“

      „Sie? Was machen Sie eigentlich?“, fragte Raymond.

      „Habe ich dir das nicht erzählt?“

      Al sah Raymond erstaunt an.

      „Nein, Al, hast du nicht. Wann auch?“

      „Mister Meyers, ich arbeite an der Universität von Seoul, als Professorin für koreanische Kunst“, antwortete Jung Sook zutreffend.

      „Aha, und der Job führt Sie häufiger in die Staaten?“

      Raymond wollte es genau wissen.

      „Genauer gesagt nach Kalifornien, jedenfalls überwiegend.

      Ich betreue zum Beispiel das Asiatische Kunstmuseum in San Francisco oder private Kunden.“

      „Private Kunden?“

      „Nun, auf der Welt wird allerlei angeboten. Die koreanische Kunst ist recht begehrt. Mein Fachgebiet ist die Malerei. Und echte Bilder aus der Koryo-Zeit mit ihren vielfältigen Malstilen von Fälschungen zu unterscheiden ist nicht immer ganz einfach, selbst für Fachleute. Universitäten, Galerien oder private Händler und Sammler gehen lieber auf Nummer sicher und lassen sich Expertisen anfertigen.“

      „Ach, und das machen Sie?“

      „Unter anderem das. Nicht alle Kunstliebhaber sind auch Experten. Ich katalogisiere, nehme an Auktionen teil und erstelle Gutachten.“

      „Bemerkenswert!“, fand Raymond. „Jetzt wird mir auch klar, was Sie mit meinem Brötchengeber zu tun haben“, lachte er.

      „Die CIA und die Kunst – ein weites Feld … Warum sagen Sie nicht einfach Raymond zu mir? Alle meine Freunde nennen mich so.“

      „Nichts dagegen. Ich bin Jung Sook“, kokettierte sie.

      Raymond blickte auf seine Uhr.

      „Ach, Kinder, es ist spät geworden. Wir sollten austrinken und gehen. Morgen ist ein anstrengender Tag. Der Empfang muss ausgewertet werden.“

      „Und ich muss einen Artikel über den Empfang für meine Zeitung schreiben“, schloss Al an.

      Sie warteten auf den Fahrstuhl.

      „Was hast du?“, erkundigte sich Jung Sook, als Al sich die Wange hielt.

      „Wahnsinnige

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