Tausendfache Vergeltung. Frank Ebert
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Читать онлайн книгу Tausendfache Vergeltung - Frank Ebert страница 13
„Ich bin dran!“, versicherte er knapp.
Unbeirrt fuhr David fort: „Es nützt auch nichts, wenn Sie das Zeug zusammenschreiben, das Yonhap fabriziert. Die Haltung der südkoreanischen Regierung ist zwar wichtig, aber nicht maßgeblich.“
Was wollte er damit sagen? Was mochte entscheidend sein?
Al runzelte die Stirn. Er zog es vor, nichts zu entgegnen.
„Ich will Informationen, die nur wir bringen können, keine andere Zeitung!“
Al hörte, wie der Alte in seinem Büro auf die Tischplatte schlug. Dennoch rang Al sich durch, ihn zu fragen.
„Wie stellen Sie sich das vor?“
David lachte rau.
„Bauen Sie Informationsstränge auf. Machen Sie ein Informationsnetz aus ihnen. Klären Sie Informationen, die Sie aus einer Hand bekommen, mit Informationen aus anderen Quellen ab. Arbeiten Sie wie … ja, wie ein Geheimdienst. Geld spielt dabei die geringste Rolle!“
Das konnte nicht sein Ernst sein! Al war bei ihm in die Schule des Journalismus gegangen, hatte unter seiner Anleitung gelernt, mit dem Metier umzugehen. Auch ungewöhnliche Methoden hatte ihm David beigebracht. Und jetzt so ein Ansinnen? Wenn Al alles lag, aber das Zeug zum Agenten traute er sich nicht zu. Er konnte doch unmöglich seriöse Berichterstattung in Geheimdienstmanier betreiben!
Dem Alten war Al’s Seufzer nicht entgangen. Er drang weiter in Al:
„Bringen Sie Neuigkeiten. Am besten sind handfeste Skandale. Wen interessiert es, wenn Kim Young-sam einen Schnupfen hat? Aber wenn der Sohn des Präsidenten im Verdacht der Korruption steht, erwarte ich, dass Sie die Hintergründe aufklären, wie es sich für einen Investigativjournalisten gehört. Verstanden?“
Al’s Gedanken jagten sich. Geld spielt keine Rolle, hatte er gesagt.
„Korea ist ein Land der Korruption. Bedienen Sie sich der dort üblichen Methoden und Sie werden Erfolg haben“, riet David in etwas verbindlicherem Ton.
Al konnte nicht widersprechen. Mit Schmiergeldern ließ sich in der Tat in Asien einiges bewegen.
„Wissen Sie, was Sie da von mir erwarten?“, konterte Al.
„Es interessiert mich nicht, wie Sie darüber denken. Sie sind an exponierter Stellung im Ausland eingesetzt. Sie wissen so gut wie ich, dass sich die Amerikaner für das Ausland nur nebenbei interessieren. Das ändert sich in dem Augenblick, in dem es etwas wirklich Spektakuläres gibt – Meldungen, die den Amerikanern unter die Haut gehen.“
Aha, er machte schon wieder Politik. Al schätzte an David das Geschick zu scharfen Analysen und seine Begabung zu treffsicheren Prognosen, deren Kombination sich oftmals als exakt kalkulierte Prophezeiung entpuppte. Als politischen Taktiker hatte er ihn allerdings bisher nicht kennengelernt.
„Ich soll dafür sorgen, dass es etwas Spektakuläres gibt?“, fragte Al unsicher zurück.
„Es passiert genug. Sorgen Sie dafür, dass das Spektakuläre ans Licht kommt!“
Al kam sich überrumpelt vor. David, der mit ihm wie mit einem naiven, dilettantischen Anfänger umsprang, wollte genau das geliefert bekommen, was er brauchte. Um den Weltruhm zu erhalten, den seine Tageszeitung genoss, war er auf globale Betrachtungsweisen angewiesen. Andernfalls war der Medienkonzern nicht mehr wert als ein Auto mit Plattfuß.
„Nun, Al, ich denke, Sie wissen, was ich von Ihnen erwarte, spätestens jetzt.“
„Ja“, seufzte Al.
„Sie werden gewiss nicht lange warten müssen, bis etwas Aufsehenerregendes passiert. Halten Sie die Augen offen. Und schließlich bin ich ja auch noch da, um Ihnen beim Fährtensuchen zu helfen.“
7 Seoul, Residenz des Botschafters der Vereinigten Staaten von Amerika
Am Eingang der stattlichen Residenz, in der der Botschafter seine Empfänge abzuhalten pflegte, hatte sich eine lange Schlange festlich gekleideter Menschen gebildet. Der Botschafter ließ es sich nicht nehmen, jeden einzelnen Gast persönlich zu begrüßen. Mit einigen plauderte er auch ein paar Worte. Seine charmante Ehefrau und sein Stellvertreter eskortierten ihn.
Al stellte sich vor, als die Reihe an ihm war. „Al Ventura, Los Angeles News.“
„Guten Abend, Herr Botschafter – und vielen Dank für die Einladung. Darf ich Ihnen Frau Professor Kang vorstellen?“ Al hatte sich in seinen besten Anzug geworfen. Jung Sook trug ein reizendes kurzes, schwarzes Kleid, in dem ihre zierliche Figur mit bewundernswerter Ausstrahlung zur Geltung kam.
„Sehr erfreut, Frau Professor. Sehr erfreut, Herr Ventura“, dankte der Botschafter höflich.
Seine Frau und sein Stellvertreter nickten freundlich lächelnd.
„Viel Vergnügen heute Abend. Und lassen Sie ein gutes Haar an unserer Botschaft, wenn Sie über den Empfang berichten“, mahnte der Diplomat Al mit einem breiten Lächeln unter den dunklen, buschigen Augenbrauen.
„Ah, da sind Sie ja, Al.“
Bob Woods schien nur darauf gewartet zu haben, dass Al eintraf. Wie ein Pinguin watschelte er auf das Paar zu. Al übernahm die Vorstellung:
„Bob Woods, Presseattaché der Botschaft – Frau Professor Kang.“
„Ja. Freut mich sehr“, bluffte Bob. „Leider muss ich mich noch um andere Gäste kümmern. Wir sehen uns.“
Angesichts der weiter hereindrängenden Menschen mochte Al ihm die knappe Entschuldigung nicht als Ausrede auslegen. Jung Sook verglich indessen Bobs Charme mit dem einer ungetünchten Betonmauer. Al widersprach ihrer Feststellung nicht.
Die Empfangshalle der Residenz war mit adrett in blütenweiße Jacketts gekleideten jungen Frauen und Männern bestückt. Von ihren Tabletts reichten sie unaufdringlich Erfrischungsgetränke und pikant belegte Kanapees. Die Botschaft hatte sich wirklich allerhand einfallen lassen. Die meisten Gäste machten von dem Angebot regen Gebrauch. Wie in allen öffentlichen Gebäuden seiner Heimat durfte Al auch hier nicht rauchen, obwohl er gerade jetzt nach einer Zigarette gierte.
Die Geräuschkulisse des Small Talk war inzwischen auf eine beträchtliche Stärke angewachsen.
Es war, wie Bill prophezeit hatte: viele bunt Uniformierte, Diplomaten aus aller Welt, einige in farbenprächtigen Nationaltrachten, Wirtschaftskapitäne, Manager, Prominente, Langweilige und Interessante, Lässige und Distinguierte, Elegante und Sportliche. Eine vielfältige Mischung von drei- oder vierhundert Leuten aus allen Kontinenten hatte sich zusammengefunden. Jung Sook war beeindruckt. Sie konnte nicht anders als sich über einige der Gäste zu amüsieren.
Der kleine, füllige Botschaftsrat aus dem schwarzafrikanischen Land, der allein erschienen war, wirkte auf sie schon bei seiner Ankunft angetrunken. Er schüttete gläserweise gekühlten Weißwein in sich hinein. Er versuchte, mit Jung Sook ins Gespräch zu kommen. Jede ihrer höflichen, jedoch völlig belanglosen Bemerkungen kommentierte er stereotyp mit einem heiseren „Okay, okay“, wobei er jedes Mal fürchterlich seine Augen verdrehte.